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Felidae 4 - Das Duell

Titel: Felidae 4 - Das Duell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Akif Pirinçci
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kreuzte den meinen, als die Nadel in seinem Bauch versank und die giftige farblose Flüssigkeit sich darin entleerte. Dann, unendlich langsam, verschwand der Lebensschimmer aus seinem Blick, er wurde matt und starr, das Zucken der Glieder ließ nach, die Lider schlossen sich, ein langer und lauter Seufzer entrang sich der Kehle – und am Ende war auch der Abessinier aus dieser Welt verschwunden.
    Alle Artgenossen stellten ihr Gewinsel ein und hielten den Atem an. Fabulous war am Fuße des Operationstisches regelrecht zusammengebrochen. In der absoluten Stille, die nun in der Manufaktur herrschte, hörte man allein das Klirren von Maximilians Besteck, wie es gegen den Teller stieß. Einen guten Magen hatte der Mann ja, das mußte man ihm lassen! Die Ärzte lösten ihren Griff, woraufhin Kopf und Hinterbeine des Abessiniers nach unten fielen. Er baumelte in den Händen seiner Mörder wie ein verdrehtes U. Dann warfen sie die Leiche auf den Operationstisch. Bald würde sich darauf ein großer Haufen lebloser Körper türmen. Das alles nahm ich in meinem betäubten Zustand gleich einem Gruselfilm wahr, allein die Trauer, die mich, die uns alle nun erfaßte, war von solcher Echtheit und Tiefe, daß sich die ganze Welt für uns in einen See der Tränen verwandelte. Folgerichtig jaulten auch die Käfiginsassen nicht mehr. Lautlos vergossen sie Tränen.
    Ohne viel Zeit zu verlieren – wer weiß, vielleicht wurden sie für Akkordarbeit bezahlt –, beugte sich einer der Mörder zum nächsten Käfig herunter. Und diesmal traf es Adrian! Der kupferäugige Dandy wehrte sich kein bißchen, als er grob aus dem Käfig herausgezogen wurde. Er akzeptierte auch diese letzte Wendung seines Schicksals mit Haltung, wie man es von ihm gewohnt war. Dabei schaute er mich so an, als stimme er nun meiner Meinung zu, daß man sein Leben besser in vollen Zügen genießen sollte, als ängstlich auf das Ende zu starren. Ich verstand ihn auch ohne Worte, und da ich unfähig war, als letzten Gruß auch nur die Pfote hochzuheben, machte ich die Andeutung eines Nickens. Adrian bemerkte es und lächelte, bevor seine Beine von den gummigeschützten Mörderhänden in alle vier Himmelsrichtungen auseinandergestreckt wurden.
    Eine neue Ampulle wurde aufgebrochen, flüssiges Gift in die Spritze aufgezogen, und man fand sogar noch die Zeit, eine Bemerkung zum Ergebnis eines Basketballspiels zu machen. Dann jedoch sank die Hand mit der Spritze unerbittlich auf das gekräuselte, rotbraune Bauchfell. Die Nadel setzte an, stach zu und ...
    Plötzlich erklang ein seltsames Geräusch. Nein, wenn ich es mir recht überlegte, war es gar kein Geräusch, sondern Gesang. Jemand sang, sehr laut sogar, und die Stimme hallte, als käme sie am einem mächtigen Resonanzkörper. Aber vielleicht war in Wirklichkeit gar nichts zu hören. Es war immerhin möglich, daß mein von dem Betäubungsmittel »high« gewordenes Hirn mir einen akustischen Streich spielte. Wahrscheinlich hatte ich jetzt endgültig den Verstand verloren, blendete die schreckliche Realität aus und sehnte mich nach nichts mehr als nach vollendeter Harmonie. Denn die Stimme klang geradezu irreal schön, zum Verrücktwerden ohrenschmeichelnd, ja wie die eines Engels. Und sie sang auch noch mein Lieblingslied:
     
     
    Somewhere over the rainbow
    Way u p high
    There's a land that I heard of
    Once in a lullaby
     
     
    Somewhere over the rainbow
    Skies are blue
    And the dream that you dare to dream
    Really does come true ...
     
     
    Ich war hin- und hergerissen zwischen der Befürchtung, die Kontrolle über die Realität verloren zu haben, und der Anbetung dieses meine Trauer so vortrefflich reflektierenden Gesangs. War tatsächlich nur ich es, der ihn hörte?
    Mitnichten! Die drei Doktores horchten nun ebenfalls auf, hoben die Köpfe und drehten sie hin und her. Maximilian ließ Messer und Gabel auf den Teller fallen und sprang von seinem Stuhl hoch, als wäre ihm der verdammte Salat im Hals steckengeblieben. Auch die Brüder und Schwestern in den Käfigen hielten inne und versuchten durch den Gitterrost hindurch den Gesangskünstler auszumachen. Was die Bewegung der sich verrenkenden Köpfe betraf, unterschieden sich Mörder und Opfer nicht voneinander, und es dauerte nicht lange, bis sämtliche Blicke an den wie kolossale Rippen die Wände entlanglaufenden Rohren haften blieben. Und zwar genau an dem Rohrloch, dem ich entschlüpft war. Daraus hallte die Stimme. Vor lauter Staunen hatte der Spritzenmann

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