Ferien mit Mama und andere Katastrophen
Sicherheitsgurt fast die Beine abschnürte.
Unter uns erstreckte sich endlos blau das Meer.
Adios, Kreta, dachte ich. Mein einziges Glück war, dass wir hier nie wieder herkamen. Denn mehr Pannen und Peinlichkeiten konnte wirklich kein Mensch in acht Tagen hinbekommen. Doch dann entdeckte ich in dem glitzernden Blau ein Motorboot. Und dieses kleine Boot änderte alles. Der Fahrer am Steuer winkte mit einem flatternden Tuch. Mir fielen fast die Augen aus dem Kopf. Das Motorboot pflügte ein riesengroßes weißes Herz in die Wellen. Liebs Sophie. Uberraschung nicht verpassen! Hatte ich auch nicht. Ich hatte überhaupt nichts verpasst. Im Gegenteil.
Seufzend sank ich schließlich auf meinen Sitz zurück, als das Flugzeug irgendwann so hoch flog, dass das kleine Boot samt Herz in dem tiefen Blau unter uns verschwand.
Mama ist dann, als wir bereits über Ungarn flogen, auch wieder zum Leben erwacht. Ich wollte ihr ja endlich die Geschichte mit dem Oberteil beichten, doch sie winkte nur ab: »Ist doch nur ein Top, Sophie. Hauptsache, dir ist nichts passiert.« Und dann fragte sie mich so nebenbei, ob ich was dagegen hätte, wenn Wolfgang uns mal besuchen würde.
»Wenn er Nikos mitbringt«, erwiderte ich grinsend.
Ich meine, das war ein Scherz. Natürlich hatte ich nichts gegen Wolfgang. Aber ich glaubte meinen Ohren nicht zu trauen, als ich Mama sagen hörte: »Wenn das seine Eltern erlauben.« Es musste sie ja ziemlich erwischt haben.
Dass wir alle irgendwie nicht mehr dieselben waren wie beim Hinflug, merkte dann auch der letzte Lehrer, als wir schließlich mit unserem Gepäck in der Ankunftshalle standen und sich niemand von unserem Chaostrupp trennen wollte. Altgriechisch machte schließlich den Anfang. Er bedankte sich doch tatsächlich bei Mama und mir für die aufregende und interessante Reise!
»Na, jederzeit gern wieder«, sagte ich.
Und dann gingen endlich alle los. Zum Schluss standen nur noch Mama, Zadek und ich da.
»Fräulein Sophie!«
»Herr Zadek!«
»Ich wünsche Ihnen noch schöne Ferien«, verabschiedete er sich.
Irgendwann waren wir wieder zum Sie übergegangen. Aber das war auch in Ordnung. Ich sah, wie ihm in der Wartehalle eine junge Frau entgegenrannte. Da drehte er sich noch einmal kurz zu mir um und winkte. Na, da hatte unser Orakelfeuer wohl doch geholfen.
Tanning Queen nach den Ferien ist natürlich wieder Charlotte geworden. Aber das war mir egal. Nur dass Mama mir tatsächlich erlaubt hatte, dass Nikos mich besuchen durfte, wollte sie mir nicht glauben. Doch als sie mich dann mit meinem griechischen Prinzen in den Herbstferien im Stadtpark sah, traf sie fast der Schlag. Aber das ist eine ganz andere Geschichte.
© Ronny Hartmann
Petra Kasch wurde 1964 in Königs Wusterhausen geboren und studierte Literatur und Bibliothekswissenschaft. Sie schreibt Erzählungen, Hörspiele und Drehbücher für Erwachsene und seit einigen Jahren auch für Kinder und Jugendliche. Neben den Bilderwelten im Kino gehört ihre Leidenschaft dem Reisen. Dass man dabei vor Überraschungen nie sicher ist, davon erzählt dieses Buch. »Je langsamer man reist, umso interessanter werden die Menschen«, sagt sie. Ihr liebster Platz zum Schreiben ist das Meer, denn dort findet sie ihre besten Ideen.
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