Feuerwogen
nicht sein Vater, der ein anderes Lebewesen als sein Eigentum beanspruchte. Er war nicht seine Mutter, die die Freiheit der See für Sex opferte.
Er war ein Selkie. Und er schlief auf der Couch. Zumindest heute Nacht.
Zufrieden mit seiner Entscheidung nahm er die Decke von der Rückenlehne der Couch – und hörte ein leiderfülltes Wimmern aus Reginas Zimmer.
Verdammt. Er ließ die Decke fallen und riss die Tür zu ihrem Zimmer auf.
Sie lag zusammengerollt auf der Seite, mit dem Rücken zu ihm, wie ein Kind. Ihr Haar floss dunkel und wirr über das Kopfkissen. Er konnte ihr Gesicht und ihre Brüste nicht sehen, nicht einmal viel Haut, nur ihre glatte, schmale Schulter, ihren blassen, zarten Nacken, die feine Wölbung dort, wo die Wirbelsäule begann.
Verlangen durchfuhr ihn.
Sie zuckte zusammen und murmelte etwas. Sie träumte wohl.
»Ist schon gut«, sagte er leise von der Tür her.
»Nicky«, krächzte sie.
»Es geht ihm gut. Er ist hier«, antwortete Dylan und kam sich wie ein hilfloser Trottel dabei vor. »Ich bin hier.«
Sie stöhnte.
Er hatte genug davon, hilflos zu sein. Und er dachte nicht daran, sich noch länger herauszuhalten.
Er kroch ins Bett zu ihr und nahm sie in die Arme, und sie vergrub ihr Gesicht an seinem Hals.
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12
D ylans Körper war warm, so warm, und Regina war kalt, ihre Zehen und Finger froren, und ihr Bauch war ein einziger Eisklumpen. Sie drängte sich an ihn, sie brauchte Hitze, wollte Haut und die Auslöschung der Erinnerung an stockdunkle Höhlen und ihre Träume von steigendem Wasser.
Es fuhr ihr eisig in die Knochen, raubte ihr den Atem …
Sie fröstelte und nestelte unbeholfen in der Dunkelheit an seinen Knöpfen. Er riss sich das Hemd auf, presste sie an sich und drückte ihr dabei fast die Nase an seiner harten, beinahe unbehaarten Brust platt.
Sie erschauerte erleichtert. Aber selbst in seinen Armen krochen die Träume ihr nach und vernebelten ihr Gehirn wie ein schwerer grauer Schleier, klammernd und kalt. Sie hasste diese Träume. Sie griff nach Dylans Gürtelschnalle und spürte, wie die warmen Muskeln seines Bauches zuckten.
Gut.
Er fühlte sich warm an, warm und lebendig, und …
Seine Hand schloss sich über ihren zitternden Händen und hielt sie fest. »Was machst du da?«
Sie war den Tränen nahe. Stattdessen versuchte sie, einen Witz zu machen. »Sieht man das nicht?«
»Ich nicht.« Er klang grimmig.
Scham stieg heiß in ihr auf, aber selbst das war besser als die Kälte.
»Böse Träume«, erklärte sie.
»Das habe ich mir gedacht.« Er ließ ihre Hand nicht los.
»Ich kann nicht aufhören, mich zu erinnern … ich muss immer daran denken …« Sie war wieder in der Höhle, in der Dunkelheit, nur dass in den Schatten nun Dämonen lauerten. »Ich habe Angst.«
»Das solltest du auch. Ich bin nicht der Richtige, um dich zu trösten.«
Weil er kein Mensch war? Oder weil er sowieso gehen würde? Beides spielte in diesem Augenblick für sie keine Rolle.
»Du bist der Einzige.« Der Einzige, der wusste, was sie durchgemacht, wem sie ins Auge geblickt hatte. Der sie der Dunkelheit hatte entreißen können. »Du warst da. Du hast mich gerettet.«
»Was wird das hier? Eine Lobeshymne?«
Zutiefst beschämt zog sie eine Schulter hoch. »Wenn du so willst.«
»Reden wir darüber, was du willst«, entgegnete er so abgeklärt wie der Priester bei der Beichte.
»Ich will aufhören zu denken«, antwortete sie, und dabei zitterte ihre Stimme so sehr wie ihre Hände. »Ich will noch etwas anderes als Angst und Einsamkeit spüren. Ich will dich.«
»Ich will dir nicht wehtun.«
»Mir tut bereits alles weh. Durch Sex wird es mir nicht noch schlechter gehen. Vielleicht sogar eher besser.«
Und ich spüre wieder, dass ich am Leben bin.
»Ein Trostfick. Sehr … romantisch.« Etwas schwang in seiner Stimme mit. Ärger oder Belustigung? Das konnte ihr egal sein. Beides war besser als seine gleichgültige Gemütsruhe.
»Und das aus dem Mund eines Kerls, der mich betrunken gemacht und an einem Felsen von hinten genommen hat?«
Da musste er lachen, und sein Lachen vibrierte in der Dunkelheit. Sie fühlte, wie er sein Gewicht verlagerte –
nicht dicht genug, nicht annähernd dicht genug
– und sich auf einen Ellbogen stützte. Mondlicht aus dem Fenster hinter ihr beschien die harte Linie seiner Wange. Seine Zähne schimmerten. »Ich dachte, das ist romantisch.«
Sie rümpfte die Nase. »Du dachtest, ich sei leicht zu haben.«
»Du?« Er strich ihr
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