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Fey 05: Der Schattenrpinz

Fey 05: Der Schattenrpinz

Titel: Fey 05: Der Schattenrpinz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristine Kathryn Rusch
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war.
    Titus mußte selbst darüber wachen.
    Und Gott hatte ihm damit eine besonders schwierige Aufgabe gestellt. Titus empfand die Welt weder als gut noch als böse. Er teilte keineswegs die extremen Ansichten seiner Vorgänger. Er mußte mit Nicholas zusammenarbeiten, weil dieser im Moment das Beste war, was die direkte Nachfolge des Roca aufzuweisen hatte. Titus mußte entweder Nicholas davon überzeugen, daß er seine Kinder verstieß, oder Titus mußte sie selbst unterweisen. Sie waren Fey und Inselbewohner zugleich. Bis jetzt hatte Titus sich nur auf die Fey konzentriert.
    Jetzt galt es, seine Aufmerksamkeit auch auf die Inselbewohner zu richten, das Blut des Roca in ihnen wieder sprechen zu lassen, die religiösen Kämpfe in ihnen selbst auszufechten. Wenn es gelang, daß das Gute in einem von Nicholas’ Kindern die Oberhand gewann, würde das schon ausreichen, um die Insel zu retten.
    Und es war Titus’ Aufgabe, dieses Gute emporzuholen.
    Er erhob sich und seufzte. Zu lange schon hatte er seine Jugend als Entschuldigung gelten lassen oder die ungewöhnlichen Umstände seines Amtsantritt als Rocaan vorgeschoben, um schwierigen Entscheidungen aus dem Weg zu gehen. Manchmal war er dem Vorbild des Fünfzigsten Rocaan gefolgt, manchmal dem des Einundfünfzigsten, und dabei hatte er versäumt, seinen eigenen Weg zu beschreiten.
    Bis jetzt war das auch noch nicht nötig gewesen.
    Titus nahm die Lichtputzschere und löschte nach und nach alle Kerzen. Winzige schwarze Rauchwölkchen kräuselten sich in der Luft und erfüllten sie mit dem Geruch nach Wachs und verbranntem Docht. Titus wußte, daß er versuchte, Zeit zu schinden, den Gang zum Palast so lange wie möglich hinauszuzögern. Ein Aud hätte die Kerzen putzen können, damit Titus den Tabernakel auf der Stelle verlassen konnte. Aber er wollte Nicholas’ Herrschaftsgebiet nach seiner Entscheidung noch nicht so schnell betreten. Er brauchte noch ein wenig Zeit; jetzt, da er seine Meinung geändert hatte, wollte er alles noch einmal überdenken.
    Als hätte er nicht schon lange genug darüber nachgedacht.
    Sobald er alle Kerzen gelöscht hatte, hängte er die Schere an ihren Haken in der Sakristei und verließ den Raum. Als er den Flur betrat, kniff er verwundert die Augen zusammen. Es herrschte dämmriges Halbdunkel, als hätte jemand vergessen, die Nachtfackeln anzuzünden. Die Fackeln waren erloschen. Der Morgen graute bereits.
    Irgend etwas hielt das Licht ab.
    Seine beiden Aud-Wächter standen neben der Tür. Sie nickten, als sie ihn sahen. Ohne ihren Gruß zu erwidern, eilte er den Flur entlang.
    Ein halbes Dutzend Daniten hatte sich um ein Fenster geschart. In diesem Trakt des Tabernakels bestanden die Fenster nur aus schmalen Schlitzen, und die Daniten mußten sich aufeinander stützen, um etwas zu sehen. Auch am nächsten und übernächsten Fenster und an allen weiteren standen Daniten.
    »Stimmt etwas nicht?« fragte Titus, und der Danite, der ihm am nächsten stand, zuckte erschrocken zusammen.
    »Seht selbst, Heiliger Herr«, erwiderte er. »Ein Wunder.«
    »Ein Wunder?« gab Titus leise zurück. »Und niemand hat daran gedacht, mich zu holen?«
    Der Danite wurde rot. Die anderen wichen schweigend vom Fenster zurück. Titus trat vor und spähte durch den schmalen Schlitz.
    Im Hof hockten Tiere. Hunderte von Tieren. Sie hatten sich zu ordentlichen Reihen gruppiert. In der ersten Reihe saßen kleine Katzen. Mit übereinandergelegten Pfoten blickten sie unverwandt auf den Tabernakel. Dahinter folgte eine Reihe Hunde. Auch sie hockten in Habtachtstellung mit übereinandergelegten Pfoten und erhobenen Köpfen. Hinter ihnen kam eine Reihe Wölfe, und hinter diesen saßen noch größere Katzen, größere, als Titus je zuvor gesehen hatte. Die Tiere in der letzten Reihe verwirrten ihn jedoch am meisten. In Schwarz, Braun und Grau überragten sie die anderen Reihen, richteten sich auf die Hinterpfoten auf und standen da wie Menschen. Diese Tiere glichen Hunden, mit langen Schnauzen und kleinen Augen, aber es waren keine Hunde. Titus hatte solche Geschöpfe noch nie gesehen. Ohne einen Laut von sich zu geben, blickten sie zum Tabernakel, als warteten sie auf etwas.
    »Wie lange geht das hier schon?« fragte Titus.
    »Seit dem frühen Morgen«, antwortete der Danite.
    »Warum hat niemand daran gedacht, mich zu rufen?«
    »Wir konnten Euch zuerst nirgends finden, Heiliger Herr, und als wir Euch schließlich entdeckten, wart Ihr in tiefe Meditation versunken,

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