Flammen der Rache
mir, du könntest eine Dosis Koffein vertragen,«
Bruno sog ihren Anblick in sich auf, bis ihm die Tränen kamen. Er verbarg das Gesicht in den Händen.
»Danke«, sagte er.
Sie kam mit klappernden Absätzen zu ihm und hielt ihm den Becher hin. Bruno leerte ihn mit wenigen langen Schlucken. Der Kaffee half.
Er fasste nach ihrer Hand. »Geh nicht.«
Lily schaute auf seine Finger, die ihr Handgelenk umfassten. Sie musterte seine Narben. Bruno wusste nicht, zu welchem Zeitpunkt ihres Abenteuers er sie sich zugezogen hatte. Dieser ganze Tag war ein einziger verschwommener Nebel aus Schmerz und Feuer, aus dem ein paar Höhepunkte wie spitze Nägel herausstachen.
Wie zum Beispiel der Teil, als er sich von King hatte überzeugen lassen, dass Lily eine seiner Agentinnen war.
Aber sie entzog ihm ihre Hand nicht.
»Also leben die Kinder jetzt bei dir«, sagte sie. »Hast du sie adoptiert?«
»Ich bin gerade dabei. Sie sind inzwischen seit ein paar Wochen bei mir.«
»Geht es ihnen … gut?«, fragte sie zaghaft.
Bruno zuckte die Achseln. »Es hat ganz den Anschein. Sie sind tolle Kinder. Kleine Satansbraten, besonders Tonio. Tante Rosa behauptet, er sei genau wie ich.«
»Wie hast du ihre Namen herausgefunden?«
»Das habe ich nicht. Wir haben ihnen selbst welche gegeben, Rosa und ich. Sie sind nach Tony und meiner Mutter benannt. Antonio und Magdalena. Sie hatten keine Namen. Offensichtlich hat King den Kindern erst im dritten Lebensjahr Namen zugewiesen, wenn die Programmierung begann.«
Lily erschauderte. »Wie schrecklich.«
»Es ist besser so«, meinte er. »Es erschien uns passend, sie nach Tony und meiner Mutter zu benennen. Tonio spielt gern den Boss. Er schmeißt den Laden, zumindest glaubt er das. Und Lena ist eine Diva, die Tonio gekonnt um den Finger wickelt. Die beiden sind großartig.«
»Und du?« Sie drückte sanft seine Hand. »Wie kommst du zurecht?«
Bruno schüttelte lächelnd den Kopf. »Ganz gut«, sagte er. »Aber es ist schwierig. Und verrückt. Ich schlafe nicht viel, aber das habe ich nie getan. Ich liebe diese Kinder. Und ich bin dankbar für diese verantwortungsvolle und wichtige Aufgabe. Ich kann mich glücklich schätzen, dass ich etwas habe, wofür es sich zu leben lohnt.« Er machte eine Pause. »Unter den gegebenen Umständen.«
Ein Schauer durchlief ihren Körper. »Wie nennen sie dich denn?«, fragte sie mit gezwungener Lockerheit. »Bruno? Onkel Bruno?«
»Nein. Sie nennen mich Daddy.«
Lily blinzelte.
»Sie brauchen keinen Bruder oder Onkel«, fuhr er fort. »Sie brauchen einen Vater. Ich hatte nie einen, aber ich werde verdammt noch mal dafür sorgen, dass sie einen haben.«
Es trat eine unbehagliche Stille ein. »Ich finde das wirklich bewundernswert. Was für ein unendliches Glück, dass du sie gefunden hast, bevor King anfangen konnte, an ihnen herumzupfuschen.«
»Das hätte keine Rolle gespielt. King hat an mir herumgepfuscht, und trotzdem fand meine Mutter, dass ich es wert war, gerettet zu werden.«
»Natürlich warst du das«, sagte sie sanft. »Das habe ich nicht infrage gestellt.«
Ihre Augen waren groß und wachsam. Er machte sie nervös.
Reiß dich zusammen
.
»Was ist aus den anderen Kindern geworden, die wir entdeckt haben?«, erkundigte sie sich zögerlich. »Die Jugendlichen in dem weißen Zimmer? Sind sie okay?«
Bruno schüttelte den Kopf. »Sie kämpfen noch. Je weniger Jahre der Programmierung sie durchmachen mussten, desto besser sind sie dran. Es waren dreißig jüngere darunter, und sie halten sich recht tapfer. Aber wusstest du das alles denn nicht schon? Ich hatte angenommen, dass Liv oder Edie dich auf dem Laufenden halten würden.«
Nachdem du dich ja geweigert hast, meine Anrufe anzunehmen oder auf meine E-Mails zu antworten
.
»Ich brauchte Distanz«, sagte sie, »um zu entscheiden, wie es mit meinem Leben weitergehen soll. Alles ist anders seit Howards Tod. Gott sei Dank muss ich jetzt keine fremden Studienarbeiten mehr schreiben. Nach allem, was passiert ist, könnte ich das nicht mehr ertragen. Was immer ich von nun an tue, es muss real sein. Selbst wenn ich nur noch ein Viertel so viel verdiene.«
»Das verstehe ich gut«, sagte Bruno mit warmer Stimme. »Also wirst du jetzt eigene Studienarbeiten schreiben?«
»Ich denke noch darüber nach. Ich glaube, die akademische Welt würde mir gefallen. Ich könnte vielleicht Englisch- oder Schreibkurse an einer Highschool oder auf einem College geben. Wir werden sehen.«
»Du wärst
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