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Flammen über Scarborough Street: Ein Inspektor-Pitt-Roman

Flammen über Scarborough Street: Ein Inspektor-Pitt-Roman

Titel: Flammen über Scarborough Street: Ein Inspektor-Pitt-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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Narraway, und der Kutscher befolgte die Anweisung, ohne zu zögern und ohne darauf zu achten, dass er mehrere Karren und Fuhrwerke, die ihm ausweichen mussten, in Bedrängnis brachte.
    Bisher war keine Gelegenheit gewesen, sich zu überlegen, wer die Attentäter sein mochten, doch während die Droschke in die Whitechapel Road einbog und am London Hospital vorüberraste, wandte sich Pitt dieser Frage zu. Allem Anschein nach
waren die Drohungen der Anarchisten unkoordiniert, und bisher hatte niemand bestimmte Forderungen gestellt. London, die Hauptstadt eines Reiches, das sich über fast alle Weltteile und die dazwischen liegenden Inseln erstreckte, war auch der größte Hafen der Erde. Fortwährend strömten Menschen aus aller Herren Länder ins Land – in jüngster Zeit überwiegend Einwanderer aus Lettland, Litauen, Polen und Russland, die sich der Macht des Zaren zu entziehen versuchten. Andere, die aus Spanien, Italien und insbesondere aus Frankreich kamen, versuchten sozialistisches Gedankengut zu verbreiten.
    Narraway beugte sich vor. Er wirkte wie erstarrt. Aufmerksam achtete er darauf, die andere Droschke nicht aus den Augen zu verlieren. Inzwischen lag Whitechapel hinter ihnen; sie hatten die Mile End Road erreicht und fuhren an der Charrington-Brauerei vorüber.
    »Das ergibt überhaupt keinen Sinn«, stieß er zwischen den Zähnen hervor.
    Die Droschke vor ihnen wandte sich nach links in die Peter Street und sogleich wieder nach rechts, über Willow Place in die Long Spoon Lane. Pitts und Narraways Droschke schoss geradeaus weiter, während die der Verfolgten abgebogen war. Bis der Kutscher gewendet hatte und umgekehrt war, waren zwei weitere Droschken mit Polizeibeamten eingetroffen; die Verfolgten aber schienen spurlos verschwunden zu sein.
    Der Ruß und Schmutz von Generationen bedeckte die Reihen zweistöckiger Mietshäuser, die zu beiden Seiten des engen Gässchens Long Spoon Lane aufragten. Es roch nach Fäulnis und Abwässern.
    Pitt ließ den Blick nach links und rechts schweifen. Mehrere Türen waren mit Brettern vernagelt. Eine massige Frau stand in einem Hauseingang, die Hände in die Hüften gestemmt, als wolle sie nachsehen, wer sie da in ihren täglichen Verrichtungen störte. In Richtung Westen wurde eine Tür zugeschlagen, doch als zwei Polizeibeamte mit der Schulter gegen sie anrannten, gab sie nicht nach. Sie versuchten es erneut, wieder ergebnislos.
    »Wahrscheinlich hat man von innen etwas dagegen gestellt«, sagte Narraway finster. »Zurück!«, gebot er den Männern.
    Vermutlich fürchtete er, dass die Anarchisten bewaffnet waren. Das Widersinnige seiner Situation kam Pitt zu Bewusstsein. Vor weniger als zwei Stunden hatte er im Halbschlaf im Bett gelegen, auf dem Kissen neben ihm Charlotte mit der Flut ihrer dunklen Haare. Die frühe Morgensonne hatte einen Lichtspalt zwischen die Vorhänge gezaubert, und Spatzen hatten munter auf den Bäumen vor dem Fenster getschilpt. Ein kalter Schauer überlief ihn, während er den Blick zur schäbigen Mauer des Mietshauses hob, in dem sich zu allem entschlossene Männer verbargen, die mehrere Häuser in die Luft gejagt hatten.
    Inzwischen befand sich ein Dutzend Polizeibeamte auf der Straße. Narraway, der anstelle des Wachtmeisters, dem sie unterstanden, das Kommando übernommen hatte, schickte einige von ihnen in benachbarte Gässchen. Voll Beklemmung sah Pitt, dass die zuletzt Eingetroffenen Gewehre trugen. Er begriff, dass es keine andere Möglichkeit gab. Ein Sprengstoffanschlag war ein verabscheuungswürdiges Gewaltverbrechen, und seine Urheber durften nicht mit Gnade rechnen.
    Inzwischen herrschte auf der Straße eine seltsame Stille. Mit wehenden Rockschößen kehrte Narraway zurück, das Gesicht so verkniffen, dass seine Lippen nur noch als schmaler Strich zu erkennen waren. »Stehen Sie nicht so stocksteif herum, Pitt. Sie sind Sohn eines Wildhüters – also sagen Sie mir nicht, dass Sie nicht mit einer Schusswaffe umgehen können! Hier!« Er hielt ein Gewehr hoch und stieß es Pitt entgegen. Die Knöchel seiner Hand waren weiß.
    Es lag Pitt schon auf der Zunge zu sagen, dass Wildhüter nicht auf Menschen schießen, als ihm aufging, dass das weder zur Sache gehörte noch der Wahrheit entsprach. So mancher Wilderer hatte schon eine Ladung Schrot ins Hinterteil bekommen. Zögernd nahm er erst die Waffe und dann die Patronen entgegen.
    Mit einem spöttischen Lächeln über den dürftigen Schutz,
den sie bot, ging er auf der

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