Flitterwochen
Brief abgeschickt habe.
»Sehr schön.« Svea lächelt zufrieden. »Den nehme ich mit und stecke ihn auf dem Rückweg gleich in den Briefkasten. Und dann werden wir ja sehen, ob der Herr wirklich nicht interessiert ist.«
Ich nicke ergeben. Zu mehr bin ich gerade nicht in der Lage. Direktor Schubert steuert auf mich zu, offensichtlich schon im Gehen begriffen.
»Liebe Frau Samstag, danke noch einmal für die nette Einladung! Ich muss leider morgen früh raus, mein Sohn hat ein Fußballspiel in Norderstedt. Also, Ihnen noch einen schönen Abend.« Er schüttelt mir die Hand. »Ach, das hätte ich jetzt fast vergessen – das war heute noch in der Schulpost für Sie. Sie waren schon weg, aber es sah so ungewöhnlich aus, dass ich es Ihnen mitgebracht habe.«
Er greift in seine Manteltasche, zieht einen kleinen braunen Umschlag heraus und gibt ihn mir. Ich drehe ihn hin und her – es scheint etwas Kleines, Hartes darin zu stecken. Dann fällt mein Blick auf den Absender.
Jan Majewski.
Meine Hand zuckt, als ob ich einen Stromschlag erhalten hätte, und der Brief fällt zu Boden. Schubert, ganz Gentleman, bückt sich und hebt ihn für mich auf.
»Bitte sehr! So, ich werde dann mal. Ihnen noch viel Spaß!« Er winkt in die Runde und geht. Svea steht sofort neben mir.
»Von wem ist der?« Scheinheilige Else – sie hat den Absender doch längst gesehen, solche Stielaugen hat sie gemacht. »Los, mach auf!«
Ich schüttle den Kopf. »Jetzt nicht. Ich will mir das in Ruhe ansehen.«
Svea stöhnt. »Du willst doch nicht etwa warten, bis die Gäste gegangen sind! Das kannst du mir jetzt nicht antun. Ich meine, ich laber hier rum, von wegen Männer verstehen keine Metaebene und so – dabei hat der Typ längst geschrieben! Ich MUSS wissen, was in dem Brief steht!«
Ich lächle. »Keine Sorge, das erfährst du schon rechtzeitig. Aber ich will allein sein, wenn ich das lese. Falls es wirklich ein Brief ist. Da ist etwas Hartes in dem Umschlag.«
Ich halte die nächsten zwei Stunden tatsächlich durch. Als letzten Gast schiebe ich Svea durch die Tür, die nicht den Eindruck macht, als würde sie irgendwann freiwillig gehen.
»Aber du musst mich gleich anrufen, wenn es Neuigkeiten gibt! Sonst schicke ich deinen Brief ab!«
Oha. Eine finstere Drohung.
»Ja. Mach ich.«
Als sie weg ist, setze ich mich zwischen lauter leeren Bier- und Weinflaschen vor mein Sofa auf den Fußboden und öffne den Umschlag. Heraus fallen ein Blatt Papier und ein kleines Vorhängeschloss. Ich nehme den Zettel und beginne, den kurzen Text zu lesen.
Liebe Tine!
Vielen Dank für Deinen Brief! Ich habe mich total gefreut, denn ich fand die Woche mit Dir auch wunderschön! Ich würde Dich unglaublich gern wiedersehen. Deswegen wäre es ganz praktisch gewesen, wenn Du schon Deine neue Adresse aufgeschrieben hättest. Mein erster Brief, den ich noch an Oma geschickt habe, kam zurück. Ich hoffe, dieser kommt an. Oma war sich nicht ganz sicher, an welcher Schule du arbeitest. Als Nächstes muss ich wohl an den Schulminister schreiben …
Ich habe übrigens eine Idee, was Du in Deinen nächsten Ferien machen könntest: Im Kulturhaus in Misdroy gibt es im Sommer einen Polnischkurs für Anfänger. Der ist vielleicht gar nicht schlecht, falls Deine Wahrsagerin doch recht hatte … Denn dann hättest du an Ostern ja Deinen Traummann geheiratet. Der ist zufälligerweise polnischer Muttersprachler. Ein ganz netter Kerl übrigens.
Und in Deiner Pause gehen wir zur Seebrücke. Ich habe dafür schon etwas besorgt.
Alles Liebe
Jan
Ich nehme das kleine Schloss in die Hand. Als ich es genauer betrachte, sehe ich, dass etwas eingraviert ist.
Tine & Jan
Dank an:
Als Erstes Erika Scheunemann, geborene Bonow, für die Geschichte. Wir denken an dich, wenn wir mit dir nach Kolberg fahren.
Alle Kolbergerinnen und Kolberger, die uns auf der Recherchereise geduldig ihre schöne Stadt gezeigt und unsere blöden Fragen zum Thema »Heiraten auf Polnisch« beantwortet haben. Den Belgardern und Misdroyern danken wir natürlich aus den gleichen Gründen.
Unsere Lektorin Dr. Nicole Seifert – es fällt wahrscheinlich unter Selbstausbeutung, aber dass sie das Manuskript mit in einen Urlaub mit dem Liebsten genommen hat, fanden wir dann doch sehr ehrenwert.
Das Team von Droemer Knaur, allen voran Dr.Andrea Müller und Sabine Ley. Hier kann man wirklich von Frauenpower sprechen
Alexandra Fröhlich – die absolute Osteuropa-Expertin. Wobei Polen
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