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Flüchtig!

Flüchtig!

Titel: Flüchtig! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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stand auf und ging im Raum hin und her. Dann zog sie eine Packung Zigaretten und ein Feuerzeug aus der Tasche ihrer Robe. Schaute, während sie sich die Zigarette anzündete, auf eine Wand mit gerahmten Diplomen und Zertifikaten und inhalierte tief den Rauch.
    »Die Leute schaffen es immer wieder, sich das Dasein selbst zu verpatzen, nicht wahr? Nehmen wir nur diese Mrs. Moody. Ein nettes Mädchen vom Land, zieht nach Los Angeles, um das große Leben kennenzulernen, bekommt einen anständigen Job als Kassiererin in einem Supermarkt und verliebt sich in einen Macho mit Spitzenunterwäsche - was ist er von Beruf? Bauarbeiter?«
    »Zimmermann. Bei den Aurora-Studios.«
    »Richtig, jetzt erinnere ich mich. Er baut also Kulissen. Der Kerl ist der geborene Verlierer, aber sie braucht ganze zwölf Jahre, um dahinterzukommen. Jetzt hat sie sich mühsam von ihm losgemacht, und wer ist als nächster dran? Verlierer Nummer zwei, das Ebenbild des ersten.«
    »Conley ist bestimmt in besserer geistiger Verfassung alsMoody.«
    »Mag sein. Aber betrachten wir sie einmal nebeneinander. Sie könnten Zwillinge sein. Diese Frau wird ganz offensichtlich gerade von diesem Typ angezogen. Vielleicht war Moody ganz am Anfang auch ein charmanter Kerl. Geben wir diesem Conley ein paar Jahre, wer weiß, wie er sich entwickelt! Verlierer, der eine wie der andere.«
    Sie wandte sich mir zu. Ihre Nasenlöcher waren weit geöffnet, und die Hand, mit der sie die Zigarette hielt, zitterte kaum merklich: der Alkohol, die Emotion, vielleicht beides.
    »Ich selbst habe mich übrigens auch mit einem Arschloch zusammengetan, und es hat mich einige Zeit und Mühe gekostet, da wieder herauszukommen, Alex, aber ich habe mich nicht umgedreht und denselben Fehler noch einmal gemacht, sobald sich die nächstbeste Chance dazu bot. Trotzdem frage ich mich, ob wir Frauen jemals klug werden.«
    »Daher würde ich auch nicht befürchten, daß Mal Worthy jemals seinen Bentley aufgeben muß«, sagte ich.
    »Stimmt, ich auch nicht. Mal ist übrigens ein kluger Bursche. Er hat mich bei meiner Scheidung vertreten, wußten Sie das?«
    Ich spielte den Ahnungslosen.
    »Es war vielleicht ein leiser Interessenkonflikt, daß ich als Richter diesen Fall verhandelt habe, aber was soll’s - schließlich lag die Sache ja völlig klar. Moody ist verrückt, er ist nicht in der Lage, mit seinen Kinder umzugehen, und mein Urteil eröffnet ihm die Möglichkeit, sich den Kopf vielleicht doch noch zurechtrücken zu lassen. Glauben Sie, er wird die angeordnete Therapie durchhalten?«
    »Das bezweifele ich. Er glaubt nicht, daß mit ihm etwas nicht in Ordnung sein könnte.«
    »Natürlich nicht. Das glaubt keiner, und wenn er noch so verrückt ist. Der Schinken, der Angst vor dem Messer hat. Angenommen, er bringt sie nicht um: Sie ahnen vermutlich schon, wie es weitergeht, oder?«
    »Sie meinen, es kommt zu weiteren Verhandlungen?«
    »Zweifellos. Dieser Idiot von Durkin wird alle zwei Wochen hier auftauchen und versuchen, das Urteil revidieren zu lassen. Inzwischen wird Moody seiner Exgattin weiter zusetzen, und wenn das noch lange so geht, sind auch die Kinder irgendwann einmal total und auf Dauer geschädigt und kaputt.« Sie ging zurück zu ihrem Schreibtisch, mit langen, geschmeidigen Schritten, nahm eine Puderdose aus ihrer Handtasche und puderte sich die Nase. »So wird es weitergehen. Er wird sie fertigmachen, sie wird weinen und jammern, aber sie wird wohl keine andere Wahl haben.« Ihre Miene verhärtete sich. »Wissen Sie, mir ist es letztlich egal. In zwei Wochen kümmert mich das alles nicht mehr. Ich gehe in Pension. Habe selbst etwas Geld auf die hohe Kante gelegt, das heißt, gut investiert. Unter anderem in ein Verlustgeschäft: ein kleines Weingut im Napa Valley.« Sie grinste. »Nächstes Jahr um diese Zeit bin ich in meinem Keller und koste den jungen Wein, bis sich alles um mich dreht. Wenn Sie in die Gegend kommen, versäumen Sie es nicht, bei mir vorbeizuschauen.«
    »Ich werde es mir merken.«
    Sie wandte sich ab und sprach zu ihren Diplomen.
    »Haben Sie eine Freundin, Alex?«
    »Ja. Sie ist momentan in Japan.«
    »Fehlt sie Ihnen?«
    »Sehr.«
    »Das ist wieder mal typisch«, beschwerte sie sich in gutmütigem Ton.
    »Die Guten hat einem immer schon eine andere vor der Nase weggeschnappt.« Sie stand auf, um anzudeuten, daß die Audienz beendet war. »War nett, Sie kennengelernt zu haben, Alex.«
    »Es war mir ein Vergnügen, Diane. Viel Glück mit den Reben.

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