Frag mich nach Sonnenschein -- Eine Italienerin in Deutschland (German Edition)
habe ein kleines Kind!“, lautete dann meine Antwort und ich übte
eifrig weiter.
Nach ein
paar ungewollten Vollbremsungen und misslungenen Kurven hatte ich jedoch binnen
kurzem den Dreh heraus. Es machte mir richtig Spaß, mir beim Fahren den Wind um
die Nase wehen zu lassen und ich hatte das Gefühl, nie im Leben etwas anderes
gemacht zu haben. Keine Frage, da musste ich Katrin bei allen Klischees recht
geben: Italiener haben das Rollerfahren einfach im Blut.
Für Sara
hatte ich einen Kinderhelm besorgt und sie schien die Freude am Rollerfahren
ebenfalls in den Genen zu tragen.
Als ich
einmal mit meiner Vespa auf den Parkplatz ihres
Kindergartens vorfuhr, rief Marks Vater, der größte Prolet aller Zeiten,
begeistert aus:
„Ah, Italiano , äh!“, und vereinte die Fingerspitzen seiner
rechten Hand in der für Deutsche typischste italienische Geste. In Bezug auf
diese Geste spüre ich schon seit längerer Zeit das Bedürfnis, etwas zu
erörtern, da sie in Deutschland häufig im falschen Zusammenhang verwendet wird.
Im Gegensatz zu dem, was viele Nicht-Italiener denken, hat diese sich auf und
ab bewegende Hand mit den vereinten Fingerspitzen keine prinzipiell negative
Bedeutung und wird auch nicht wahllos eingesetzt, um eine beliebige Aussage zu
unterstreichen. Vielmehr wird diese Art der nonverbalen Kommunikation dann verwendet,
wenn man eine Frage unterstreichen möchte oder gar anstelle einer solchen, wenn
der verbale Austausch nicht möglich ist (typischerweise im Straßenverkehr, wo
diese Geste, an einen anderen
Autofahrer gerichtet, etwa: „Geht’s noch?“, „Bist du ganz bei Trost?“, oder aber auch „Wo
hast du deinen Führerschein her?“
bedeuten soll. Bei einer guten Freundin angewendet, die man von Weitem sieht,
kann man mit dieser Handbewegung die Frage: „Wo gehst du gerade hin?“ andeuten.
Ich kann Ihnen deren Einsatz in Italien wärmstens empfehlen, denn bis auf
wenigen Ausnahmen verfehlt man mit dieser praktischen Geste selten sein Ziel).
Auf dem
Ausruf von Marks Vater antwortete ich daher mit exakt derselben Handbewegung,
was in meinem Fall jedoch eher die Frage „Wie doof bist du eigentlich?“ geschickt kaschieren
sollte und so waren wir beide zufrieden.
Alle meine
deutschen Bekannten meinten, ich würde auf dem Roller noch italienischer
aussehen als ich mit meinen schwarzen Haaren und dunklen Augen ohnehin schon
tat und dass ich damit eine Brise willkommenes Urlaubsfeeling um mich verteilen
würde. Tatsächlich ernte ich stets Lächeln, und von einigen Männern sogar
begeisterte Ausrufe, wenn ich mit Kleid, hohen Schuhen und Sonnenbrille auf
meiner Vespa vorbeiflitze. Das ist einer der
Vorteile, als Italienerin in Deutschland zu leben. In Italien würde kein Hahn
nach mir krähen.
*
„ Agenzia „Frag mich nach Sonnenschein?“, meldete sich Ilaria in unser Firmenhandy und gestikulierte aufgeregt in
meine Richtung. Bislang hatten nur Gino und wir Mädels diese Nummer gewählt.
Heute schien aber jemand anders dran zu sein.
„ Sí … sí … sí “,
säuselte Ilaria möglichst professionell in den Hörer.
Aha, ein
mitteilungsfreudiger Italiener, dachte ich und stellte Ilaria mit der berühmten Handbewegung die Frage „Wer ist dran?“. Ilaria bedeutete mir näher zu kommen und, weil es tatsächlich ein Italiener war,
konnte ich noch aus guter Entfernung mithören.
„…richtig
italienisch soll es sein, wie bei uns in Italia, capito ?
Mit allem drum und dran!“, sagte jetzt unser Landsmann ziemlich aufgebracht.
„Machen Sie
sich keine Sorgen, wir kümmern uns um alles“, sagte Ilaria und nachdem sie eine Telefonnummer notiert hatte, legte sie auf und schaute
mich zufrieden an.
„Was war das,
Ila?“, fragte ich sie, weil ich den Anfang verpasst hatte.
„Das war
Fernando, ein Kumpel von Gino. Er braucht dringend unsere Dienste“
„Was genau
für Dienste?“, und schaute sie argwöhnisch an. Bei Ilaria wusste man nie.
„Seine
Tochter will heiraten. Aber weil ihre Wahl auf einen Deutschen gefallen ist, Kurt,
ist Fernando alles andere als glücklich“. Das war typisch. Erst wandern
Italiener ins Ausland aus und dann soll alles, vom Essen bis hin zum
Schwiegersohn, italienisch sein.
„Aha, und
was sollen wir machen? Die beiden auseinander bringen?“
„Nicht
direkt. Um zu testen, ob der Bräutigam weiß, was es bedeutet, in eine
italienische Familie einzuheiraten, will Fernando, dass wir für die beiden eine
richtig große italienische Hochzeit
Weitere Kostenlose Bücher