Frag mich nach Sonnenschein -- Eine Italienerin in Deutschland (German Edition)
Im
Treppenhaus kam mir Katrin entgegen, die mich entgeistert anstarrte.
„“’ nabend “, rief ich ihr zu und lief eilig weiter.
„Laura?“
„Hm?“,
drehte ich mich um.
„Äh… du hast
da was“, sagte sie und zeigte auf mein Gesicht.
AHHHH,
dachte ich entsetzt: Die grüne Maske, die mir Simona ans Herz gelegt und ich
mir im Gesicht verteilt hatte! Laut Simona würde die Haut nämlich beleidigt
reagieren, wenn man unter Stress stand und man musste schnell eingreifen, wenn
man nicht nach kurzer Zeit wie eine schrumpelige Rosine aussehen wollte. Mit
ausgerechnet dieser giftgrünen Maske, die mich vor einer schnellen Hautalterung
retten sollte, lief ich gerade durch das Treppenhaus! Und das war noch nicht
einmal das Schlimmste an meinem Outfit: Um die hartnäckigen Fettpolster an
Hintern und Oberschenkel zu bekämpfen, hatte ich zusätzlich eine Fangopackung
auf die betroffenen Stellen aufgetragen und die dazugehörige durchsichtige
Plastikhose angezogen, die laut Hersteller das Eindringen der Wirkstoffe
begünstigen sollte. Ich konnte von Glück sprechen, dass ich noch einen
Tanga-Slip darunter trug! Wie der Zufall in solchen Situationen immer so will,
gingen in diesem Moment die Haustür und mehrere Wohnungstüren auf. Binnen
Sekunden wurde das Treppenhaus von einem Duzend Menschen bevölkert, die in den
Genuss meiner ungewöhnlichen Erscheinung kamen. Natürlich erkannten alle Hausbewohner
durch diverse Begleitfahrten auch die Mülltüte wieder und so war die figura di merda [41] für jenen Tag perfekt. Es hätte mich auch nicht gewundert, wenn Barbara, meine
Erzfeindin, durch die Haustür getreten wäre und mich in ihrer makellosen Erscheinung
von oben bis unten gemustert hätte.
In diesen Zeiten heftiger geistiger Verwirrung versuchte ich Sara so
gut es ging , überallhin mitzunehmen und vor allem
nirgendwo zu vergessen. Zu Gino, der die notwendigen Renovierungsarbeiten unter
der Anleitung von Michela begonnen
hatte, musste Sara bereits mehrmals mitkommen. Damit wir zusammen mit Simona
die Details für den geplanten Aperitivo besprechen
konnten, musste Simona allerdings ebenfalls ihre drei Kinder mitnehmen und so
wurden solche Treffen sehr laut und chaotisch, denn alle Kinder rannten
durcheinander und schrien sich an. Gino schien kein Problem damit zu haben. Er
sagte immer, das würde den Laden beleben und tatsächlich reckten die Passanten
den Kopf nach uns, wenn sie vorbeikamen und den Lärm bemerkten. Trotzdem trat
nie jemand ein, unter anderem, weil es bei Gino so aussah wie auf einer
Baustelle. Na wartet, dachte ich, das wird sich ändern. Vielleicht, fügte ich
in Gedanken hinzu, denn der Erfolg dieser Aktion lag noch in den Sternen.
Aber der Innenarchitekt Alex, den Michaela
organisiert hatte und den ich noch nicht kennengelernt hatte, leistete
scheinbar gute Arbeit. Gino war von seinen Vorschlägen begeistert und fügte
sich bereitwillig seinen Renovierungsplänen.
In unserer
Agentur lagen tonnenweise Einrichtungszeitschriften mit rot eingekreisten
Bildern herum, die als Quelle der Inspiration dienten. Dadurch, dass Michela
hauptsächlich am Abend mit ihren Italienisch-Kursen beschäftigt war, hatte sie
tagsüber genügend Zeit, sich um das Projekt zu kümmern, was sie mit dem
üblichen Pragmatismus und Engagement machte.
Ilaria hatte sich ebenfalls ins Zeug gelegt, und eine
üppige Gruppe gutaussehender und sympathischer Italiener zusammengestellt.
Nach einigen
Diskussionen mit Ilaria hatte ich mich bereit
erklärt, mich am Eröffnungsabend von Ginos Lokal der Italiener-Gruppe
anzuschließen und zur italienischen Folklore beizutragen. Ilaria hatte mir nämlich versichert, dass ich „für mein Alter“ eine noch recht bella figura machte
und dass ich, bei entsprechender Aufmachung, sehr gut zu den anderen passen
würde.
Wir hatten
uns bei einem freundlichen Roller-Händler eine gebrauchte, rote Vespa besorgt, mit der wir zusammen zu unseren
Agentureinsätzen fahren wollten. Katrin hatte gemeint, zwei Italienerinnen auf
dem Roller würden noch typischer nach Italien aussehen als nur eine
Italienerin.
Die Vespa war ein nostalgisches Modell mit rundem Scheinwerfer,
viel Chrom und mit dem klassischen 2-Takt-Motor, der so schrill wie ein
aufgezogenes Spielzeugauto klingt.
Da ich noch
nie zuvor Roller gefahren war, brauchte ich eine Weile, bis ich damit vertraut
wurde.
„Dann sitzt
dueben hinten und ich fahre!“, meinte Ilaria .
„ No , no , ich möchte kein Risiko
eingehen, ich
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