Frau Hoffmanns Erzählungen
Affenhaus 11:00, 14:00, 15:30; FluÃpferde 14:00; Raubtiere 15:30 (auÃer montags); Krokodile 15:30 (nur montags).«
Sie sieht mich ungläubig an. »HeiÃt das, die Affen kriegen dreimal täglich was zu fressen und die Krokodile nur einmal in der Woche?«
»Sei froh: Krokodile fressen Katzen!«
»Und werden mit Sirenengeheul zum Frühstück gefahren, nicht wahr?«
Jetzt verwechselt sie Krokodile mit Staatsdienern. Nur gut, daà ich die Elefanten verschwiegen habe, die werden um 16:00 im Tierpark Friedrichsfelde gefüttert. Täglich, und wie sie dahin kommen, weià ich nicht. DrauÃen heult wieder eine Sirene.
»Das müssen die Affen sein!« maunzt sie und rennt aufgeregt zum Fenster. »Es ist kurz vor elf, die kriegen jetzt Bananen.«
»Oder Erdnüsse«, sage ich überflüssigerweise; denn sie mag beides nicht. Sie ist überhaupt auÃerordentlich wählerisch. Ein Wunder, daà sie unter meinen Händen nicht längst verhungert ist. Eine bestimmte, teure Sorte Brekkies aus dem Reformhaus akzeptiert sie, sonst nichts. Keine Milch, keine Sahne, kein Riesling, nur Wasser. Als ich ihr ihren elitären Geschmack vorhalte, sagt sie cool: »Und wie weit fährst du für dein geliebtes Poilâne-Brot?« Von hier nur zehn Minuten zu FuÃ, könnte ich ihr entgegenhalten, dann bin ich im Lafayette. Aber ich schweige. Habe ich es nötig, mich vor einer Naschkatze zu rechtfertigen?
Keine Furcht vor dem Angriff der Klonkrieger
Als ich ins Zimmer komme, sitzt Frau Hoffmann auf der Lehne meines Arbeitsstuhls. Nicht sehr bequem, aber dort hat sie den besten Platz zur Horizontbeobachtung und dabei die Wahl zwischen Potsdamer Platz und dem blauen Feld, wo die Kinder FuÃball spielen. »Na, was siehst du?« frage ich. Offenbar nichts; denn sie hat die Augen geschlossen.
»Sie haben eine Katze geklont«, maunzt sie.
»Ja, ich weiÃ, sie war im Fernsehen.«
»Wirst du mich auch klonen?«
»Das kann ich gar nicht. Das machen Wissenschaftler.«
Ihr Fell zittert. Wahrscheinlich denkt sie an den Tierarzt, zu dem ich sie manchmal bringe. »AuÃerdem klonen nur die Engländer«, versuche ich sie abzulenken, »wenn wir in England wohnten, könntest du sehr berühmt werden. Die Königin hat den Maulwurfsjäger, der die Maulwürfe aus ihrem Krocketrasen holt, zum Hoflieferanten ernannt.«
»Was ist ein Krocketrasen?«
»Rasen, so ähnlich wie der bei uns in der Drôme. Du würdest mit den königlichen Maulwürfen bestimmt besser fertig werden als der Hoflieferant.«
Sie springt auf den Boden, reckt sich und sagt: »Ich mag keine Maulwürfe.« Es ist wahr und der Grund, warum unser Rasen in der Drôme keineswegs aussieht wie ein Krocketrasen.
»Wann fahren wir wieder in die Drôme?«
»Bald. Gefällt dir Berlin nicht mehr?«
»Hat mir nie gefallen. Hier ist ja nichts los!«
»Nun«, sage ich irritiert, »ich habe dir doch gesagt, solange wir hier wohnen, darfst du nicht aus der Wohnung. Zu gefährlich. Gestern trappelten vierzig Polizeipferde die StraÃe runter â¦Â«
»Habâ ich gesehen. Mit einer Trachtengruppe.«
»Nein, das waren Polizisten.«
»Pferde fürchte ich nicht!«
»In einem Geschäft Unter den Linden kannst du das geklonte Schloà sehen â¦Â«
»Ein englisches Schlo�«
»Nein, das Berliner. Ist etwas klein geraten. Aber sie versuchen es immer wieder. Bis es so groà ist wie das alte SchloÃ.«
»Gerade hast du gesagt, in diesem Land würde nicht geklont, sondern in England.« Katzen haben ein Gedächtnis wie Elefanten. »Was klonen sie sonst noch, was du mir verschweigst?«
»Nun, ein Abgeordneter hat vorgeschlagen, das alte PreuÃen zu klonen.«
»Was ist das? Ein Dinosaurier?«
»Ja, so ungefähr, nur nicht so alt.«
»Und wo hat er gelebt? Auch da drüben, wo der Bunker war?«
Wie in einer Schlingensief-Inszenierung segeln in diesem Moment tausend sibirische Saatkrähen am Fenster vorbei. Vielleicht sind es auch nur achthundert. Frau Hoffmann dreht ihnen spontan den Rükken zu. »Massenware«, sagt sie verächtlich, »wahrscheinlich alle geklont.«
»Warum bist du so gegen Klonen?«
»Blöde Frage. Wenn du mich klonst â¦ok, klonen läÃt, friÃt mein Klon mir die Hälfte der Brekkies weg, und
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