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Freikarte fürs Kopfkino

Freikarte fürs Kopfkino

Titel: Freikarte fürs Kopfkino Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Selim Özdogan
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Gefühl nicht los, dass sie mich stärker beeinflussen könnte, wenn sie noch lauter wäre. Aber sie wird nicht lauter, sie ist gleichbleibend und ich höre nicht auf sie. Ich höre Elena zu. Wir reden über diesen Überfall auf die Sparkasse von dem in der Zeitung berichtet wird. Ich bin nicht komisch oder auch nur unkonzentriert. Da ist heute nur eine Stimme in meinem Kopf, die ich mir einbilde. Davon lasse ich mich nicht verrückt mache. Morgen sieht die Welt schon ganz anders aus.
    Morgen wird sie tot sein, sagt die Stimme. Morgen wird die Welt anders aussehen. Morgen wirds es ein Übel weniger geben. Vertrau mir. Niemand wird dich verdächtigen.
    - Was ist los mit dir?, fragt Elena. Du bist ein wenig abwesend heute.
    - Ich weiß nicht, vielleicht bekomme ich eine Erkältung oder so.
    Lass ihr ein Bad ein, sagt die Stimme. Ein Schaumbad. Sei nett zu ihr. Sei unterwürfig. Ich werde dir helfen. Vertrau mir.
    - Ich gehe duschen, sagt Elena.
    Als sie im Bad ist, höre ich der Stimme zu, mit wachsender Faszination, wie ich zugeben muss. Sie hat etwas Beschwörendes, Hypnotisierendes, dem man sich nur schwer entziehen kann.
    So, sagt sie, jetzt brauchst du ihr nur aus dem Bademantel zu helfen, der alten Vettel.
    Ich stehe auf, gehe in den Flur bleibe vor dem Bad stehen. Ich weiß auch nicht warum.
    Du wirst ihr einen Stoß geben, sagt die Stimme, ich werde dafür sorgen, dass sie mit dem Kopf auf den Wannenrand knallt. Jetzt hat sie einen Fuß in die Wanne gesetzt, jetzt den anderen und ... Jetzt.
    Gut gemacht, sagt sie nach einer Pause.
    Schweiß steht mir auf der Stirn. Doch die Stimme ist verstummt.
    Elena ist längst aus dem Bad als die Stimme eine Viertelstunde später sagt: Geh, klingle bei deinem Nachbar, sage: Es ist etwas Schreckliches passiert. Meine Frau muss in der Wanne ausgerutscht sein. Sie ist ertrunken.
    Es klingelt an der Tür. Elena macht auf. Es ist unser Nachbar.
    - Es ist etwas Schreckliches passiert, sagt er.
     

Pflanzendienst
    - Wie lange bist du im System?, fragte meine Mutter.
    Sie konnte es sich nicht merken. Nicht, wann ich frei hatte, und auch nicht, welcher Wochentag gerade war.
    Als die Sommerferien kamen, wusste sie dann doch langsam die Zeiten besser gefiele mir: hatte sie sich die Zeiten langsam eingeprägt, aber nach den Ferien war ja wieder alles anders und sie stellte immer wieder die Frage: - Wie lange bist du im System?
    Oma mochte es nicht, wenn Mutter mich direkt nach der Schule abholte, weil Mutter meine Hausaufgaben nicht kontrollierte. Und weil es bei Mutter nicht jeden Mittag warmes Essen gab.
    Opa hatte gar nicht gewollt, dass ich mich mit Mutter traf. Nachdem sie angerufen hatte, hatten er und Oma die Schlafzimmertür zugemacht und ich hatte zuerst nicht verstehen können, was sie redeten, doch Opa war immer lauter geworden.
    Drei Tage später, an einem Samstag, holte Mutter mich ab. Sie hatte ein eckiges Gesicht und ich wusste nicht recht, ob ich mitwollte. Ich erinnerte mich an sie, aber da war ihr Gesicht runder gewesen und sie hatte gelächelt. Jetzt bewegte sie sich wie eine Spielfigur mit zu wenig Gelenken, und Opa gab ihr nur kurz die Hand, sagte guten Tag und ging dann wieder ins Wohnzimmer, während Oma mit uns im Flur wartete, bis ich mir die Schuhe angezogen hatte.
    Auf dem Weg ins Auto legte Mutter mir kurz ihre Hand auf den Kopf, und obwohl ich sie nicht ansah, merkte ich, wie sich etwas veränderte. In ihrem Auto waren viele leere Schachteln und Dosen, eine Schaufel und ein großer Sack voller Blumenerde.
    Während der Fahrt sah sie an den Ampeln immer zu mir, aber sie sagte nichts. Es war noch Frühling, aber schon sehr warm, und sie kurbelte das Fenster herunter und ihre langen Haare bewegten sich im Wind.
    Wir parkten und gingen einen Weg, wo nur Fußgänger gehen durften und wo links und rechts ganz viele kleine Häuschen und große Gärten waren.
    - So, sagte sie, als wir stehenblieben, das hier ist meine Schule.
    Das weiß ich noch. Obwohl sie mich später nach dem System fragte, sagte sie an diesem ersten Tag, an dem wir uns nach vier Jahren wieder sahen: Das hier ist meine Schule.
    Ich fragte nicht, was sie dort lernte.
    Im Garten zeigte sie mir eine winzigen grünen Trieb in einem kleinen Gewächshaus und und sagte:
    - Weißt du, was das ist? Nein, man kann ja noch gar nichts erkennen. Nicotiana.
    Sie sah mich an, ihr Gesicht war jetzt runder.
    - Tabak, sagte sie. Und weißt du, was man aus Tabak macht?
    - Zigaretten, sagte ich.
    - Genau. Und du,

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