Freiwild Mann
kommen Männer durch unsere Hände ums Leben. Ich weiß es. Diesen Tag werden wir für immer in Erinnerung behalten.“
Das Meer war nicht so glatt wie Windermere. Aber es war ein sanftes Meer mit wenig Wellengang. Das Frauto schwankte ein wenig, aber keine der Frauen wurde seekrank. Das Meer war golden, blau und hypnotisch schön.
Als die schottische Küste vor ihnen auftauchte, fing Olane an zu weinen. „Ich will niemanden töten“, schluchzte sie. „Der Tag ist zu schön zum Töten.“
„Du tötest doch niemanden“, tröstete Moryn. „Du tötest doch nur Männer. Einen Mann. Ein Mann ist ein Nichts. Ein Tier. Willst du, daß ein Tier auf dir liegt? Deine Beine auseinanderzwängt, in deine Brüste beißt, deinen Schoß mit dem Samen der Zerstörung füllt?“
„Nein! Nein! Nein!“
„Dann hör mir zu, meine Kleine. Wir finden unser Tier. Wir töten es und jagen es. Wir werden sein Blut auf unseren Gesichtern spüren. Und dann werden wir nach London zurückkehren, Eroberern gleich, wirkliche Frauen. Wir sind dann frei im Geist und im Herzen. Wir haben dann den großen Betrug zerstört, die Erniedrigung, die wir eine Million Jahre lang erdulden mußten.“
„Ich will nicht töten.“
„Sei unbesorgt. Rura und ich werden das Töten übernehmen.“
Rura sagte: „Soll ich diesem Flußlauf folgen oder nach Osten fahren, damit wir uns mit den anderen treffen können?“
Moryn schaute auf die Landkarte. „Der Fluß ist nur dreißig oder vierzig Kilometer vom Weg weg. Folge ihm. Männer brauchen frisches Wasser, und wir brauchen – ausnahmsweise – Männer.“
Es war angenehm, im Sonnenschein den Fluß entlangzufahren, dachte Rura. Es war ein Tag, an dem ein Picknick genau das richtige gewesen wäre – ein gemütliches Picknick an der Küste; hinterher wäre sie nackt im Meer herumgeschwommen und dann auf dem Sand gelaufen; sie hätte gespürt, wie sich Salzkristalle gebildet hätten, wenn die nackte Haut in der warmen Luft getrocknet wäre. Sie seufzte. Olane hatte recht. Der Tag war zu schön zum Töten.
Der Hubschrauber war jetzt schon einige Zeit nicht mehr zu sehen. Er war drüben im Osten und machte für die anderen vier Frautos Zielobjekte aus. Es war wahrscheinlich, daß Kayt innerhalb der nächsten Stunden Ziele für sie ausmachen würde. Dann würden sie Blut vergießen und nach Hause zurückkehren. Auf der anderen Seite würden sie mit Sicherheit aus der Masse herausragen, wenn sie ihr eigenes Ziel zu finden vermochten. Es würde im Personal-Log vermerkt werden. Es würde ein Pluspunkt sein, der sich irgendwann günstig bei einer möglichen Beförderung auswirken könnte.
Von Zeit zu Zeit rief Rura Leutnant Kayt, um zu erfahren, wie der Stand der Jagd war. Ein Mann war gesichtet worden. Ein einzelner Mann im Kilt, der das Glück gehabt hatte, nahe genug an einem Waldstück zu sein. Ein Frauto war gelandet, und die drei Vernichterinnen hatten ihn zu Fuß gejagt; aber er hatte den Wald durchquert und das Heidekraut erreicht. Es war so gut wie unmöglich, einen Mann zu finden, der im schottischen Hügelland im Heidekraut lag. So gut wie unmöglich und gefährlich, weil er nicht gesehen werden konnte, bis es zu spät war. Viele Frauen hatten es versucht, waren auf einen Mann gestoßen und bekamen einen Dolch in den Bauch, bevor sie noch den Abzug betätigen konnten.
Moryn hatte die Ausrüstung überprüft und schaute jetzt durch das Fernglas auf die Flußufer. Olane kippte immer noch Brandy in sich hinein. Die arme Olane! Sie hatte recht. Sie hätte nie Vernichterin werden sollen. Sie hatte einfach nicht das Temperament dazu. Und jetzt betrank sie sich ohne Sinn und Verstand; irgendwie mußten Rura und Moryn ihren Teil miterledigen.
„Der Fluß fließt an Castle Douglas vorbei und mündet ins Loch Carlingwark“, sagte Moryn. „Wir haben einen guten Weg gewählt, Rura, ich spüre es.“
„Was ist Castle Douglas?“
„Eine Geisterstadt. Seit zwei oder mehr Jahrhunderten ausgestorben. Aber in den Ruinen wird noch Metall sein, und die Schweine brauchen dringend Metall. Metall für ihre Dolche und Pfeilspitzen, Metall für die Pfannen, die ihre dreckigen Säue benutzen. Bei Castle Douglas werden wir Ziele finden. Da wette ich um zwanzig Euros.“
„Wie geht es Orlane?“
„Sie ist randvoll und glücklich. Laß sie doch. Sie ist gut im Bett, aber sie hat für Frauenarbeit keinen Mumm.“
Rura schaute in den Rückspiegel. Olane lag fast auf der Rückbank und klammerte sich an die
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