Friesenschnee
Schauspieler ausgesprochen schlecht, weil Sie als Inspizient gekniffen haben, mein lieber Herr Stuhr. Zum Glück hat dieser polnische Bühnenarbeiter ausgeholfen und genau wie diese tolle Schauspieltruppe einen super Job erledigt.«
Stuhrs Antwort fiel knapp aus. »Ich hatte vermutlich meine Gründe.«
Jetzt stach sie zu. »Wechseljahre oder Menstruation, Herr Stuhr?«
Dankenswerterweise tat sich jetzt Fingerloos hervor, um die Situation zu entkrampfen. »Bitte keine Sticheleien an diesem schönen Tag, Petra.«
Die Bester tat erstaunt. »Wieso Sticheleien? Alle Tage bekommt man schließlich kein Angebot vom Fernsehen. Jenny Muschelfang wird als Hauptdarstellerin einer Vorabendserie über das bunte Leben einer gemischten Komödiantentruppe brillieren. Zwölf Folgen sind zunächst geplant. Die Lindenstraße für Kunstinteressierte. Mein Zeitungsverlag wird, nebenbei gesagt, der Kommunikationspartner sein. Die Kerstin Kramer wird übrigens exklusiv für uns die Serie verfolgen und kommentieren, dann können Sie jede Woche bei uns die bunten Splitter über Frau Muschelfang mitlesen. Das ist ja auch einfacher, als miteinander zu reden.«
Dieses Biest, fluchte Stuhr innerlich. Wollte sie einen Keil in seinen Freundeskreis treiben?
Hansen versuchte, die Situation nüchtern zu betrachten. »Das ist doch ein guter Tag für alle. Die Aufführung war ein großer Erfolg, die Kieler Rundschau hat ihre Schlagzeilen, und der Fall ist geklärt. Kiel kann wieder ruhig schlafen. Richtig, Pferdi?«
Wieder zuckte Stuhr zusammen. Jetzt sprach der Kommissar auch noch Fingerloos mit seinem Spitznamen an.
Doch bevor Fingerloos das Zepter des Handelns übernehmen konnte, setzte Petra Bester zum Todesstoß an. »Ja, wir müssen nur sehen, dass Frau Muschelfang mit ihrer Gutgläubigkeit nicht wieder über den Tisch gezogen wird wie von Ihnen, Herr Stuhr. Aber ich habe ihr für die Vertragsverhandlungen unseren Hausanwalt vermittelt. Dr. Trutz ist Ihnen ja nicht ganz unbekannt. ›Tief im Schmutz, hilft Dr. Trutz‹. Wäre vielleicht auch etwas für Sie.« Mit einem Lächeln ließ sie den gerade erzeugten Donner genüsslich verrauchen.
Das war der Super-GAU. Dieser Schmierlappen Trutz würde sicherlich genüsslich alle Einzelheiten seiner Affäre mit Angelika ausplaudern. Vielleicht würde er sogar versuchen, die Finger an Jenny zu legen. Stuhr war unfähig vor Wut, der Bester eine passende Antwort entgegenzuschmettern.
Jetzt entkrampfte Fingerloos unerwartet erneut die Situation. »Aus gegebenem Anlass würde ich gerne den Herren ein Bierchen spendieren. Für dich natürlich Champagner, mein Schatz.«
Der verliebte Blick der Frau in Richtung ihres neuen Galans war nicht zu ertragen.
»Für mich bitte das Hartgetränk«, reklamierte Stuhr.
Die Runde musste über diese Einlassung lachen, während Fingerloos bereits die Bestellung aufgab. Schnell wurden die Getränke auf den Bartresen geschoben, doch als Fingerloos sich zum Bezahlen anschickte, warf sich Hansen unerwartet dazwischen.
»Nein, selbstverständlich lade ich alle ein. Lassen Sie uns unseren großen Erfolg gemeinsam gebührlich feiern. Ich werde für alles aufkommen.«
Fingerloos zwinkerte jetzt dem Kommissar zu, was Stuhr überhaupt nicht einschätzen konnte. Es sah so aus, als ob die beiden eine geheime Verabredung getroffen hätten. In diesem Moment bemerkte Stuhr aus den Augenwinkeln, dass sich Olli von der Toilette geschlichen hatte und vorsichtig in Boxershorts ins kalte Fördewasser glitt, um auf diesem ungemütlichen Weg zum rettenden Hindenburgufer zu gelangen. Mein Gott, dachte sich Stuhr, der musste ja unglaublichen Schiss vor der Bester haben.
Runde um Runde ging jetzt über den Tresen, und die Stimmung wurde immer ausgelassener, doch immer wieder richtete sich Stuhrs Blick auf den Steg zum Hindenburgufer. Warum konnte ihm jetzt nicht Jenny entgegenkommen? Sollte er sie nicht doch anrufen?
Irgendwann verabschiedete sich Petra Bester von ihm mit einem angedeuteten Wangenkuss, bevor sie sich bei Fingerloos einhakte. Schwankend verließen sie die Seebar über den Steg, und wenig später wackelte Kommissar Hansen sichtlich angeschlagen hinterher.
Stuhr blickte nachdenklich hinauf zu Ohmsens Villa mit dem Seeblick. Wenn Jenny und er dort gemeinsam leben könnten, dann würde ihn nichts hier herunter ziehen.
Es war ruhig geworden in der Seebar, und das Personal begann dezent aufzuklaren.
Stuhr fühlte sich wie ein einsamer Wolf, der auf der Strecke geblieben
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