Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Fünf Wochen im Ballon

Fünf Wochen im Ballon

Titel: Fünf Wochen im Ballon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
Vom Netzwerk:
abwechselnd die Wache, und Joe machte sich das zu Nutze, um tüchtig zu schlafen, und zwar vierundzwanzig Stunden in einem Zuge.
    »Es ist das beste Heilmittel für ihn, sagte Fergusson; die Natur wird seine Herstellung schon allein besorgen.«
    Am Tage begann wieder ein heftiger, jedoch launischer Wind zu wehen; er wechselte oft seine Richtung, trieb den Victoria nach Süden, um ihn dann wieder nach Norden zu tragen, schließlich aber riß er den Ballon in westlicher Richtung fort.
    Der Doctor recognoscirte, mit der Karte in der Hand, das Königreich Damerghu, ein wellenförmiges, sehr fruchtbares Gebiet, auf welchem die Hütten aus einer Mischung von langem Schilf und Asklepiazweigen erbaut waren; auf den beackerten Feldern erhoben sich Kornmühlen auf kleinen Gestellen, die sie vor der Zudringlichkeit der Mäuse und Termiten schützen sollten.
    Bald erreichte man die Stadt Zinder, die sich durch ihren großen Richtplatz auszeichnet; im Mittelpunkt ist der Baum des Todes errichtet; der Henker wacht am Fuße desselben, und wer in seinen Schatten kommt, wird sofort gehangen.
    Kennedy sah nach dem Compaß und konnte die Bemerkung nicht unterdrücken: »Nun gehen wir wieder nach Norden.
    – Was thut’s! wenn der Weg uns nach Timbuktu führt, werden wir uns nicht darüber beklagen! Niemals ist dann eine schönere Reise unter besseren Umständen zu Stande gekommen! …
    – Oder bei besserem Gesundheitszustande, fügte Joe rasch hinzu, und ließ sein gutmüthiges Gesicht freudig durch die Zeltvorhänge blicken.
    – Da ist ja auch Freund Joe, unser Retter! rief Kennedy; wie geht’s denn?
    – Wie natürlich, Herr Kennedy, wie natürlich! Noch nie habe ich mich wohler befunden! Nichts reinigt den alten Menschen so gut, als ein Bad im Tschad-See und nachher eine kleine Vergnügungsreise. Sind Sie nicht auch der Meinung?
    – Gute Seele! antwortete Fergusson, indem er ihm die Hand drückte; wie viel Angst und Unruhe haben wir um Dich empfunden.
    – Und ich um Sie! Oder glauben Sie, daß ich über Ihr Geschick ganz ruhig gewesen wäre? Sie können versichert sein, daß ich keine kleine Angst Ihretwegen ausgestanden habe!
    – Wir werden uns nie verständigen, wenn Du die Dinge von dieser Seite auffassest.
    – Ich sehe, daß sein Sturz ihn nicht verändert hat! fügte Kennedy hinzu.
    – Deine edle Aufopferung hat uns gerettet, mein Junge, denn ohne sie wäre der Victoria in den See gefallen, und dann hätte ihn Niemand wieder herausziehen können.
    – Wenn wirklich meine Aufopferung, wie Sie meinen Purzelbaum zu nennen belieben, Sie gerettet hat, Herr Doctor, so hat er jedenfalls auch mich selber mitgerettet, denn wir sind jetzt alle drei wieder wohlbehalten bei einander. Wir haben uns also gegenseitig nichts vorzuwerfen.
    – Man wird sich mit dem Burschen nie verständigen, meinte der Jäger.
    – Das beste Mittel zu einer Verständigung besteht darin, daß wir nicht mehr von der Geschichte sprechen. Was geschehen ist, ist geschehen! Mag es nun gut oder schlecht sein, so nützt es doch nichts, darauf zurückzukommen.
    – Eigensinn! schalt der Doctor lachend. Du kannst uns nun wenigstens Deine Geschichte erzählen.
    – Wenn sie Sie interessirt! Aber zuvor werde ich mit Ihrer gütigen Erlaubniß diese fette Gans in einen eßbaren Zustand versetzen; ich sehe, daß der Herr Dick seine Zeit nicht verloren hat.
    – Wie Du willst, Joe.
    – Wir wollen sehen, wie dies afrikanische Wild einem europäischen Magen behagt.«
    Die Gans wurde alsbald in den Flammen des Knallgasgebläses geröstet und sodann verzehrt. Joe nahm seine tüchtige Portion davon, wie es sich für einen Menschen, der mehrere Tage nichts gegessen hat, ziemt. Nach dem Thee und dem Grog begann er, von seinen Abenteuern zu erzählen. Er sprach in einer gewissen Aufregung, da er zugleich die Ereignisse mit seiner gewöhnlichen Philosophie beleuchtete. Der Doctor drückte ihm mehrmals kräftig die Hand, als er sah, daß der brave Diener sich mehr mit der Wohlfahrt seines Herrn als mit dem eigenen Ergehen beschäftigt hatte. Bei dem Bericht von der Versenkung der Insel im Tschad-See erklärte er, daß diese Naturerscheinung dort durchaus nicht zu den Seltenheiten gehöre.
    Endlich gelangte Joe im Lauf seiner Erzählung zu dem Moment, wo er im Morast versunken, einen letzten Schrei der Verzweiflung ausgestoßen habe.
    »Ich hielt mich für verloren, fuhr er fort, und meine Gedanken richteten sich auf Sie. Noch ein Mal begann ich mich loszuarbeiten; wie? kann

Weitere Kostenlose Bücher