Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Fünf Wochen im Ballon

Fünf Wochen im Ballon

Titel: Fünf Wochen im Ballon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
Vom Netzwerk:
über auf Wetterveränderung. Die Temperatur stieg bedeutend und wäre ohne den Schatten der Oase unerträglich gewesen. Das Thermometer zeigte in der Sonne hundertneunundvierzig Grad 1 . Ein wahrer Feuerregen durchfuhr die Luft. Es war die höchste Wärme, die bis jetzt beobachtet worden war.
    Joe ordnete wie am vergangenen Abende das Bivouak, und während der Doctor und später Kennedy wachten, ereignete sich kein weiterer Zwischenfall. Aber gegen drei Uhr Morgens, als Joe die Wache hatte, wurde die Temperatur plötzlich kühler, der Himmel bedeckte sich mit Wolken, und die Dunkelheit nahm zu.
    »Auf! auf! rief Joe, indem er seine beiden Gefährten weckte; der Wind!
    – Endlich! sagte der Doctor, indem er den Himmel betrachtete; es erhebt sich ein Sturm; in den Victoria , in den Victoria !«
    Es war die höchste Zeit zum Einsteigen. Der Vict oria bog sich unter der Gewalt des Orkans und schleppte die Gondel fort, die auf dem Sande hinstreifte. Wenn durch irgend einen Zufall ein Theil des Ballasts zur Erde gestürzt wäre, würde der Ballon auf und davon gegangen sein, und jede Hoffnung, ihn wiederzufinden, wäre vergeblich gewesen.
    Aber Joe lief, so schnell ihn seine Füße tragen wollten, zum Victoria und hielt die Gondel an, während der Ballon sich auf den Sand legte und der Gefahr des Zerreißens sehr nahe war. Der Doctor nahm seinen Platz ein, zündete das Knallgasgebläse an und warf den Gewichtüberschuß auf den Sand.
    Die Reisenden betrachteten ein letztes Mal die Bäume der Oase, die sich unter dem Sturm beugten, und verschwanden bald zweihundert Fuß über der Erde, vom Ostwinde getrieben, im Dunkel der Nacht.
Fußnoten
    1 65° Celsius.
Neunundzwanzigstes Capitel.
Symptome der Vegetation. – Phantastischer Gedanke eines französischen Schriftstellers. – Ein herrliches Land. – Das Königreich Adamova. – Die Forschungsreisen Speke’s und Burton’s mit denen Barth’s verknüpft. – Die Atlantika-Berge. – Der Benue-Fluß. – Die Stadt Yola. – Der Bagele. – Der Berg Mendis.
    Die Reisenden fuhren vom Augenblick ihres Aufbruchs an mit großer Geschwindigkeit; sie sehnten sich danach, diese Wüste, die ihnen beinahe so verhängnißvoll geworden wäre, zu verlassen.
    Gegen ein Viertel zehn Uhr Morgens erblickte man einige Symptome der Vegetation, Gräser, die auf diesem Sandmeer zitterten und ihnen, wie dem Christoph Columbus, die Nähe des Landes verkündeten. Grüne Keime sproßten schüchtern unter Kieseln hervor, und am Horizonte zogen sich Hügel in wellenförmiger Linie hin. Ihre vom Nebel verwischte Seitenansicht zeichnete sich in vagen Umrissen ab; die Eintönigkeit schwand.
    Fergusson begrüßte freudig diese neue Gegend, und wie ein Matrose im Mastkorbe hätte er ausrufen mögen: »Land! Land!«
    Eine Stunde später entfaltete sich der Continent vor seinen Augen; er bot bis jetzt nur noch einen wilden Anblick dar, war aber doch weniger flach und nackt; einige Bäume hoben sich vom grauen Himmel ab.
    »Wir sind jetzt also in civilisirten Landen? fragte der Jäger.
    – Civilisirt? Herr Dick, was denken Sie sich? Von Einwohnern ist noch nichts zu sehen.
    – Bei der Schnelligkeit, mit der wir fortkommen, wird auch das nicht lange dauern, entgegnete Fergusson.
    – Sind wir noch im Negerlande, Herr Samuel?
    – Noch immer, Joe, und dann kommen wir zu den Arabern.
    – Zu den Arabern, Herr Doctor? Zu richtigen Arabern mit Kameelen?
    – Nein, ohne Kameele; diese Thiere sind hier selten, wenn nicht gar unbekannt; man trifft sie erst einige Grade nördlicher an.
    – Das gefällt mir nicht.
    – Warum denn, Joe?
    – Weil sie uns bei widrigem Winde nützlich werden könnten. Es kommt mir nämlich ein Gedanke, Herr Doctor. Man könnte sie an die Gondel spannen und sich von ihnen in’s Schlepptau nehmen lassen.
    – Mein armer Joe, diesen Gedanken hat schon ein Anderer vor Dir gehabt, und er ist von einem sehr geistreichen, französischen Schriftsteller 1 durchgeführt worden … allerdings nur in einem Roman. Reisende lassen sich im Ballon von Kameelen ziehen, es kommt ein Löwe, der die Kameele verschlingt, das Sattelzeug gleichfalls verspeist und nun an ihrer Stelle ziehen muß, und so dann weiter. Du siehst, daß dies Alles in’s Genre der höhern Phantasie gehört, und nichts mit unserer Beförderungsart gemein hat.«
    Joe, der sich ein wenig durch den Gedanken gedemüthigt fühlte, daß seine Idee schon Verwendung gefunden hatte, sann darüber nach, welches Thier den Löwen hätte

Weitere Kostenlose Bücher