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Fünf Wochen im Ballon

Fünf Wochen im Ballon

Titel: Fünf Wochen im Ballon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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den öffentlichen Plätzen wuchsen Palm-und Kautschukbäume, von einem über hundert Fuß breiten Blätterdom gekrönt. Joe machte darauf aufmerksam, daß diese ungeheuren Sonnenschirme im Verhältniß zu der Gluth der Sonnenstrahlen ständen, und zog hieraus für die Vorsehung sehr schmeichelhafte Schlüsse.
    Kuka besteht aus zwei verschiedenen Städten, die durch den »Dendal«, einen großen Boulevard von dreihundert Toisen, auf dem sich gerade jetzt Reiter und Fußgänger drängten, von einander getrennt sind. Auf der einen Seite brüstet sich der reiche Stadttheil mit seinen hohen und lustigen Wohnhäusern; auf der andern zieht sich die arme Stadt hin, eine traurige Versammlung niederer, kegelförmiger Hütten, in denen eine dürftige Bevölkerung vegetirt, denn Kuka treibt weder Handel noch Industrie.
    Kennedy fand zwischen dieser Stadt mit ihren beiden vollkommen abgegrenzten Theilen, und einem Edinburg, das sich in der Ebene erstreckt, eine gewisse Aehnlichkeit.
    Aber kaum konnten die Reisenden dies Alles wahrnehmen, denn sie wurden bei der Beweglichkeit, welche die Luftströmungen dieser Gegend charakterisirt, rasch von einem widrigen Winde erfaßt und etwa vierzig Meilen auf den Tschad-See zurückgeworfen.
    Nun bot sich ein neues Schauspiel; sie konnten die zahlreichen, von den Biddiomahs, blutdürstigen, sehr gefürchteten Seeräubern, bewohnten Inseln des Sees übersehen. Diese Wilden, deren Nachbarschaft ebenso gefürchtet wird, wie die der Tuaregs der Sahara, schickten sich an, den Victoria muthig mit Pfeil-und Steinschüssen zu empfangen; aber dieser war bald über die Inseln hinausgekommen, über welche er, wie ein riesengroßer Käfer, hinwegzuflattern schien.
    In diesem Augenblick richtete Joe einen Blick auf den Horizont und wandte sich mit den Worten an Kennedy:
    »Wahrhaftig, Herr Dick, das ist etwas für Sie, der Sie immer von der Jagd träumen, und diesmal wird mein Herr gegen Ihre Flintenschüsse nichts einzuwenden haben.
    – Was giebt’s denn?
    – Sehen Sie dort diesen Zug großer Vögel, die gerade auf uns zusteuern?
    – Vögel? rief der Doctor, und griff zu seinem Fernglase.
    – Ich sehe sie, erwiderte Kennedy; es sind ihrer wenigstens ein Dutzend.
    – Vierzehn, wenn Sie erlauben, verbesserte Joe.
    – Gebe der Himmel, daß sie bösartig genug sind, um nicht den Protest des weichmüthigen Samuel hervorzurufen.
    – Ich werde nichts dagegen haben, antwortete Fergusson, wünschte aber, diese Vögel wären weit von uns entfernt.
    – Sie haben Furcht vor diesem Geflügel? fragte Joe.
    – Es sind Lämmergeier der größten Art; und wenn sie uns angreifen …
    – Nun, wir werden uns zu vertheidigen wissen, und haben ein Arsenal bereit, um sie gebührend zu empfangen. Ich kann mir nicht denken, daß diese Thiere uns wirklich gefährlich werden können.
    – Wer weiß?« warf der Doctor hin.
    Zehn Minuten später hatte sich die Schaar bis auf Schußweite genähert; vierzehn Vögel erfüllten die Luft mit ihrem krächzenden Geschrei; sie rückten mehr gereizt als erschreckt durch die Gegenwart des Victoria auf diesen los.
    »Wie sie schreien! begann Joe; was für ein Lärm! Es paßt ihnen wahrscheinlich nicht, daß wir uns in ihr Gebiet wagen, und daß wir uns erlauben wie sie umherzufliegen.
    – Sie sehen allerdings schrecklich aus, sagte der Jäger; und ich würde sie für ziemlich gefährlich halten, wenn sie mit einem Carabiner von Purdey Moore bewaffnet wären.
    – Dergleichen brauchen sie nicht«, versetzte Fergusson, der sehr ernst geworden war.
    Die Lämmergeier beschrieben in ihrem Fluge ungeheure Kreise, die sich um den Victoria mehr und mehr verengten. Sie streiften mit phantastischer Geschwindigkeit durch die Luft, indem sie zuweilen mit der Schnelligkeit einer Kugel dahinschossen und ihre Projectionslinie mit einem scharfen, kühnen Winkel abschnitten.
    Der Doctor, welcher immer unruhiger wurde, beschloß, sich zu erheben, um dieser gefährlichen Nachbarschaft aus dem Wege zu gehen; er dehnte das Wasserstoffgas des Ballons aus, und dieser stieg alsbald empor. Aber die Lämmergeier stiegen mit ihm und zeigten nicht die geringste Neigung, ihn zu verlassen.
    »Sie thun gerade so, als hätten sie es auf uns abgesehen«, bemerkte der Jäger, und lud seinen Carabiner.
    Die Vögel näherten sich in der That bis auf eine Entfernung von kaum fünfzig Fuß, und schienen die Waffen Kennedy’s herauszufordern.
    »Ich habe eine rasende Lust, auf die Bande zu schießen.
    – Nein, Dick,

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