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Fünf Wochen im Ballon

Fünf Wochen im Ballon

Titel: Fünf Wochen im Ballon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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überwacht und zerschmetterte jetzt mit einer Kugel seines Carabiners die Waffe in der Hand des Scheik.
    Bei diesem unerwarteten Schusse entstand eine allgemeine Flucht; Jeder zog sich so schnell wie möglich in seine Hütte zurück, und die Stadt blieb während des übrigen Tages öde und verlassen.
    Die Nacht kam heran, aber mit dem schwindenden Tageslicht hatte sich auch die letzte Spur eines Luftzugs verloren, und man mußte sich damit begnügen, ruhig in einer Höhe von ungefähr dreihundert Fuß zu schweben. Nicht ein Feuer leuchtete durch das Dunkel der Nacht; es herrschte eine Todtenstille. Der Doctor verdoppelte seine Vorsicht; diese Ruhe war vielleicht nur scheinbar, um eine Falle zu verbergen.
    Und Fergusson hatte guten Grund, wachsam zu sein. Gegen zwölf Uhr schien die ganze Stadt in Flammen zu stehen; hunderte von Feuerstreifen kreuzten sich wie Brander eines Feuerwerks, indem sie eine förmliche Verwickelung von Flammenlinien bildeten.
    »Eine höchst sonderbare Erscheinung! meinte der Doctor.
    – Gott bewahre uns, rief jetzt Kennedy, der Brand scheint emporzusteigen und sich uns zu nähern.«
     

    Wirklich erhob sich unter dem Lärm eines wüthenden Geheuls und dem Knall der Musketenschüsse diese Feuermasse zum Victoria , und Joe schickte sich an, Ballast auszuwerfen. Bald indessen hatte der Doctor eine Erklärung für das Phänomen gefunden.
    Man hatte Tausende von Tauben, deren Schwanzfedern mit leicht entzündlichen Stoffen versehen waren, gegen den Ballon losgelassen, und erschreckt stiegen sie empor, indem sie in der Luft feurige Zickzacklinien beschrieben. Kennedy setzte all seine Schießwaffen gegen die Thiere in Thätigkeit, aber was vermochte er gegen diese zahllose Masse? Schon umflatterten die Tauben die Gondel und den Ballon, dessen Wände das Licht zurückstrahlten, und der in ein Feuernetz eingehüllt zu sein schien.
    Der Doctor warf ohne Zögern ein Stück Quarz aus der Gondel und wich so schnell wie möglich vor den Angriffen dieser gefährlichen Vögel.
    Noch zwei Stunden lang sah man sie im Dunkel der Nacht hin und her fliegen; dann verminderte sich ihre Zahl allmälig, und endlich war jede Spur von ihnen verschwunden.
    »Jetzt können wir ruhig schlafen«, sprach der Doctor.
    Joe dachte noch über das Abenteuer nach.
    »Für Wilde kein übler Gedanke, meinte er.
    – Man wendet diese Tauben hier ziemlich allgemein an, um die Strohdächer von feindlichen Dörfern in Brand zu stecken, aber dies Mal flog das Dorf noch höher, als das brandstiftende Geflügel!
    – Der Ballon hat eigentlich keine Feinde zu fürchten, bemerkte Kennedy.
    – Das möchte ich nicht so absolut behaupten.
    – Welche denn zum Beispiel?
    – Vor allem die Unvorsichtigkeit Derjenigen, die er in seiner Gondel trägt; darum, meine Freunde, überall und stets die strengste Wachsamkeit!«
Fußnoten
    1 Seit der Abreise des Doctors Fergusson lassen aus El’Obeid datirte Briefe von Herrn Munzinger, dem neuen Anführer der Expedition, leider über den Tod Vogel’s keinen Zweifel mehr. Vergl. Note zu Seite 35.
Einunddreißigstes Capitel.
Nächtliche Abreise. – Alle drei. – Kennedy’s Instinct. – Vorsichtsmaßregeln. – Der Lauf des Shari. – Der Tschad-See. – Das Wasser des Sees. – Das Nilpferd. – Eine nutzlos verschossene Kugel.
    Gegen drei Uhr Morgens sah Joe, der die Wache hatte, endlich, wie die Stadt unter ihnen zurückblieb, und bemerkte so, daß der Victoria seine Fahrt wieder aufnahm. Kennedy und der Doctor erwachten.
    Der Letztere sah nach dem Compaß, und nahm mit Befriedigung wahr, daß der Wind das Luftschiff nach Nord-Nord-Osten trug.
    »Wir haben heute Glück, Alles gelingt uns; noch heute werden wir wahrscheinlich den Tschad-See entdecken, theilte Fergusson seinen Gefährten mit.
    – Hat er eine bedeutende Ausdehnung? fragte Kennedy.
    – Freilich, mein lieber Dick; in seiner größten Länge und Breite mag dieses Wasser immerhin hundertundzwanzig Meilen messen.
    – Es muß ganz amüsant sein, über einem Wasserteppich spazieren zu fahren; das wird ein wenig Abwechslung in unsere Reise bringen.
    – Nun, ich dächte, wir hätten uns nicht zu beklagen; haben wir doch an Abwechslung keinen Mangel, und schreiten unter den bestmöglichen Bedingungen vor.
    – Gewiß, Samuel; von den Entbehrungen in der Wüste abgesehen, hat uns noch keine ernstliche Gefahr bedroht.
    – Unser wackerer Victoria hat sich ganz vorzüglich bewährt. Heute haben wir den 12. Mai; am 18. April sind wir

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