Für eine Nacht
entdeckte er nicht weit von seinem Hotel entfernt die ideale Bar, um sich eine Weile zu entspannen.
Er bestellte ein Miller Genuine Draft und musterte seine Umgebung, die aus einem Billardtisch, einer kleinen Tanzfläche, ein paar Bierreklameschildern an den getäfelten Wänden und nicht viel mehr bestand – bis die Tür aufging und sie den Raum betrat, eine Vision in einem pinkfarbenen, so kurzen und offenherzigen Kleid, dass es eigentlich unter das Waffengesetz fallen müsste.
Chase lebte nicht wie ein Mönch, auch wenn sein Bruder das zu glauben schien. Er hatte nur während der Zeit, als er seine Brüder großgezogen hatte, sein Privatleben streng unter Verschluss gehalten und diese Gewohnheit nie wieder abgelegt. Seit einiger Zeit hatte er eine Beziehung mit Cindy Dixon, die in der Nachbarstadt Hampshire lebte. Sie waren Freunde, die aus einer Laune heraus angefangen hatten, miteinander zu schlafen. Das Arrangement befriedigte Chase körperlich, hatte aber darüber hinaus keinen Reiz mehr für ihn, und so wunderte es ihn nicht, dass diese verführerische Sirene sofort seine Aufmerksamkeit erregte.
Rotbraunes Haar floss ihr in dichten Wellen über die Schultern und löste in ihm den Wunsch aus, seine Finger in der schimmernden Flut zu vergraben. Chase umfasste seine Flasche fester und stöhnte leise. Nur ein Blick, und schon wollte er sie näher kennen lernen. Sehr viel näher.
»Eine heiße Nummer, was?« Der Barkeeper wischte mit einem Lappen über den Tresen. »Ich habe sie hier noch nie gesehen. An die würde ich mich mit Sicherheit erinnern.«
Auch Chase würde diese Frau so schnell nicht wieder vergessen. Die Mischung aus schwüler Verlockung in ihrer Erscheinung
und der Verletzlichkeit, die in ihren Augen lag, als sie sich neben ihn setzte, übten eine unwiderstehliche Anziehungskraft auf ihn aus.
»Was darf’s denn sein?« Der Barkeeper lehnte sich über den Tresen – entschieden zu weit für Chases Geschmack.
»Hmm.« Sie schürzte die Lippen, während sie überlegte. »Einen Scotch – pur.«
Chase hob erstaunt eine Braue. Er hatte auf einen Cocktail oder einen Weißwein getippt.
»Sind Sie ganz sicher?«, vergewisserte sich der Barkeeper. »Ein so starker Drink haut ein Püppchen wie Sie schnell um.«
Sie straffte sichtlich beleidigt die Schultern. »Ich dachte immer, der Gast ist König«, erwiderte sie in einem hochmütigen Ton, der einer Aristokratin oder Politikerin alle Ehre gemacht hätte.
Chase grinste. Offenbar konnte er der Liste ihrer Vorzüge noch Schneid und Schlagfertigkeit hinzufügen.
»Sie müssen es wissen«, brummte der Barkeeper. »Aber sagen Sie nicht, ich hätte Sie nicht gewarnt, wenn ich nachher Ihre Autoschlüssel beschlagnahmen muss.«
»Dann trifft es sich ja gut, dass ich die Metro genommen habe«, erwiderte sie spitz.
»Einen Punkt für die Lady«, lachte Chase.
Der Barkeeper stellte ein mit einer bernsteinfarbenen Flüssigkeit gefülltes Glas vor sie hin. »Ich habe Sie gewarnt, denken Sie daran.« Er wandte sich neuen Gästen am Ende des Tresens zu.
Sie starrte das Glas eine Weile an, ehe sie es hob, daran schnupperte und dann die Nase rümpfte. »Riecht immer noch so scheußlich wie das letzte Mal, als ich das Zeug getrunken habe«, stellte sie an niemanden im Besonderen gerichtet fest.
Chase lachte. Schon wieder. Zweimal innerhalb weniger
Minuten. Ein echter Rekord für ihn. Und ein beredtes Zeugnis des von Pflichten beherrschten Lebens, das er führte – und des Eindrucks, den sie auf ihn machte. Sie faszinierte ihn über alle Maßen. »Warum trinken Sie dann nicht was anderes?«, erkundigte er sich.
»Weil ich heute Abend ein Betäubungsmittel brauche.« Sie zuckte die Achseln, ohne von ihrem Glas aufzublicken.
Chase fühlte sich nicht gekränkt. Er sah ihr an, dass ihr irgendetwas auf der Seele lag, und hörte den Schmerz aus ihren Worten heraus.
»Geben Sie mir dasselbe«, sagte er, als der Barkeeper in seine Richtung blickte.
»Warum tun Sie das?«, fragte sie überrascht.
»Ich leiste Ihnen Gesellschaft. Es ist ungesund, alleine zu trinken.« Jetzt endlich sah sie ihn an, und eine Welle sexueller Begierde schlug über ihm zusammen und drohte ihn zu überwältigen.
Anscheinend erging es nicht nur ihm so, denn das, was in ihren grüngoldenen Augen aufloderte, ging über Dankbarkeit für ein paar freundliche Worte weit hinaus. Er hatte gedacht, auf alles vorbereitet zu sein, aber es war entschieden zu lange her, seit er einer Frau mehr
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