Galgeninsel
Hof des Gehöftes von Johann Riehlhofer ging die Befragung ihren Gang. Schielin winkte seinem Kollegen zu und der gab ihm den Ordner mit den Fotos. Schielin holte eine Aufnahme von Kubasch hervor, die nur schlecht verbarg, dass es sich um einen Toten handelte, und reichte sie Johann Riehlhofer. »Kennen Sie diesen Mann.«
»Nein.«, lautete die Antwort. Seine Frau legte bestürzt die Hand vor den Mund.
Schielin holte zwei weitere Fotos hervor. Anna Kandras und Kehrenbroich. Wieder ohne Ergebnis. Dann folgte die Aufnahme von Kandras. Johann Riehlhofer stutzte, als er das Gesicht sah. Er reichte das Bild an seine Frau weiter und sah zu Schielin. »Den kennen wir.«
»Woher?«
»Ja, der war doch erst da. Vor kurzem.«
»Wann war das?«
Der alte überlegte, während seine Frau seine Angaben durch Nicken bestätigte.
»Letzte Woche?«, sagte sie, doch er winkte sofort energisch ab und sagte in den Garten hinein: »Letzte Woche doch nicht! Davor, nein, es war davor. Das Wetter war noch schön. Es schien die Sonne, als er hier hereinkam.«
»Und weswegen war er hier?«, fragte Funk.
»Er interessierte sich für das Haus«, lautete Riehlhofers Antwort.
»Für das Haus?«, wiederholte Schielin ungläubig.
»Ja. Für das ganze hier. Er hatte vorher angerufen und angekündigt, dass er vorbeikommen wollte.«
»Sie wollen das hier verkaufen?«, wollte Funk jetzt wissen und ließ seinen Blick von der Hauswand rundherum zum Garten schweifen, als wollte er das Objekt abstecken.
»Nein«, antwortete Riehlhofer mürrisch, »natürlich nicht. Er hat angerufen und sagte, dass er während eines Radausflugs hier vorbeigekommen wäre und es hätte ihm so gut gefallen. Er hätte lange überlegt, aber jetzt dachte er einfach mal anzurufen schadet vielleicht nichts.«
»Er hat Ihnen gesagt, dass er Immobilienmakler ist?«
Der Alte sah Schielin verdutzt an. »Nein. Er sagte er suche ein Bauernhaus für seine Familie mit großem Garten. Also ich dachte er wollte es für sich. Ich habe ihm am Telefon schon gesagt, dass wir nicht verkaufen, solange wir hier noch selbstständig leben können. Er war aber höflich und meinte, ob er denn nicht trotzdem mal vorbeikommen könne.«
»Und wie sind Sie dann mit ihm verblieben?«
Riehlhofer schüttelte fassungslos den Kopf. »Überhaupt nicht«, wie um Unterstützung einzufordern sah er seine Frau an, »das war doch komisch oder.« Sie nickte. »Wir saßen in der Küche und wollten uns einfach so unterhalten und da ist der auf einmal so komisch geworden. Es war heiß an dem Tag, ja. Aber … er hat das Schwitzen angefangen. Dann ist ihm ein Glas umgekippt. Mein Gott, wenns nichts Schlimmeres ist, was einem passiert. Er ist dann einfach aufgestanden und gegangen. Gerade dass er sich noch verabschiedet hat. Ich sehe es noch genau vor mir, wie er so in der Küche saß, hinten auf der Bank und dann so komisch geworden ist. Ich habe mir ja schon Gedanken gemacht. Vielleicht war er krank oder so. Komisch war das.«
»Und dann ist er mit dem Auto weggefahren«, suchte Schielin die Geschichte fortzusetzen.
»Ich denke mal schon, aber ich habe keins gesehen. Er ist den Weg zur Straße zurückgelaufen. Vielleicht hat er den Wagen da vorne abgestellt.«
Schielin überlegte. »Was hatte er denn für Kleider an?«
Der Alte bog die Unterlippe nach unten und sah zu seiner Frau. Die wusste es ganz genau. Kandras musste ihren Geschmack genau getroffen haben. »Er war schon schick angezogen. Braune Cordhose, schönes Hemd mit Weste, so eine dunkelgraue Trachtenweste mit schönen Knöpfen dran. Und schöne Schuhe.«
»Schöne Schuhe«, wiederholte Schielin.
»Ja. So braune. Und alles sah so neu aus. Ein schöner Mann war das. Aber glücklich war er glaube ich nicht. Er hatte so was … Unruhiges.«
Schielin warf Funk einen kurzen Blick zu. Der übernahm jetzt wieder und machte ein wenig auf gschamig. »Also wenn wir schon hier sind. Also. Wenn ich so die Rosen sehe. New Dawn und Bobby James. Eine herrliche Kombination. Und vorne, ich denke am Küchenfenster, das müsste Ghislaine de Feligonde sein, oder?«
Der alte Fuchs, dachte Schielin. Was der alles weiß. Frau Riehlhofer strahlte und Schielin fiel natürlich Ronsard ein:
Wie man ihrem Zweig im Monat Mai, die Rose
in ihrer Jugend sieht, in ihrer ersten Pracht
Wie sie mit ihrer Glut den Himmel neidisch macht,
der morgens sie besprengt, der weinend wolkenlose
Er hörte Funk sagen. »Also es wäre schon sehr schön, wenn wir uns hier noch
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