Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gefaehrliche Gefuehle

Gefaehrliche Gefuehle

Titel: Gefaehrliche Gefuehle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanna Dietz
Vom Netzwerk:
um und antwortete: »Und meine Tante Inge sagt immer, Männer, die mit ihrem Geld angeben müssen, haben entweder einen winzigen Pipihahn oder kriegen eine Glatze.«
    Er glotzte doof und fasste sich unwillkürlich an die Stirn. Ich war froh, wieder im warmen Zelt zu sein. Kim hatte an der Champagnerbar Position bezogen und ließ sich von Irina in die Verhältnisse einweihen. »Dahinten, das ist der Geschäftspartner von meinem Onkel, daneben steht sein Bruder. Beide verheiratet. Ah, da vorne sind meine Eltern. Los, kommt mit. Dann essen wir was!«
    »Wenn ich was esse, reißt mein Kleid«, behauptete Kim, aber Irina lachte nur und schleppte uns zu ihren Eltern, die mit geröteten Gesichtern an einem runden Tisch neben dem Büfett saßen. Wobei im Grunde jeder neben dem Büfett saß, denn die Tafel voller Essen zog sich von einem Ende des Zeltes bis zum anderen. Ganz vorne stand eine Kristallschale in der Größe einer Kinderbadewanne voller Beluga-Kaviar, neben einer silbernen Platte mit kleinen Pfannkuchen. Und dann gab es noch alles, was das Feinschmeckerherz begehrte, und zwar in rauen Mengen: Langusten, Hummer, Riesengarnelen, einen ganzen Hecht in einer Art knusprigem Speck-Schlafsack, Dutzende gebratene Gänse und Hühner und Platten voller hauchzartem Carpaccio, Gänseleberpastete und eine Keramikschüssel mit Käsefondue, die ein Koch auf Wunsch in kleine Schälchen füllte und mit frischem Trüffel garnierte. In einer Ecke des Zelts war in einer Art offenem Erker ein gigantischer Grill aufgebaut, auf dem über der Glut fünf Spanferkel rotierten, neben einem Rost mit ungefähr einer Million Schaschlikspieße, die von einem großen, bärtigen Mann mit Kochmütze im Halbminutentakt gedreht wurden. An einem extra Tisch war das Nachtischbüfett aufgebaut, dessen Anblick einen bereits in Zuckerschock versetzen konnte: eine unübersichtliche Menge an Buttercreme-Torten mit Zuckerrosen- und Blattgoldverzierungen auf Bergen von Sahnekringeln.
    »Hallo Mama, hallo Papa! Das sind meine Freundinnen aus der Schule. Kim und Natascha«, rief Irina.
    Irinas Vater Andrjuscha hatte eine knubbelige Nase, Haare in der Farbe von Pfützenwasser und hellblaue Augen. Sein Gesicht war durchzogen von geplatzten Äderchen. Er trug einen glänzenden dunkelblauen Seidenanzug. Irinas Mutter hieß Katjuschka. Sie trug ein weinrotes Kleid aus schwerer Seide und war sehr breit. Breites Gesicht, breite Schultern, breiter Hintern. Sogar ihre Hände waren breit. Das Einzige, was noch breiter war, war ihr Lächeln. Sie begrüßte uns fast überschwänglich und die beiden luden uns sehr herzlich an ihren Tisch ein. Andrjuscha schenkte mir ein Glas Rotwein ein, bevor ich sagen konnte, dass ich lieber von dem Wasser aus der Karaffe haben wollte, die vor Kälte milchig beschlagen war.
    Katjuschka sagte: »So und jetzt wird gegessen.« Sie sprang auf und kam wenig später wieder mit einem Teller voller Kaviar und kleiner Pfannkuchen. »Russischer Kaviar! Geht nichts über russischen Kaviar!«, sagte sie. »Musst du probieren! Blini isst man dazu.«
    »Entschuldigung«, sagte Kim, »ich muss auf die Toilette.« Mir raunte sie ins Ohr: »Wenn ich meine Zeit mit Essen vergeude, sind die besten Typen schon weg.«
    Kaviar hatte ich bisher erst einmal auf der Feier einer Freundin meiner Mutter probiert, aber damals hatte es ihn nur in homöopathischen Dosierungen gegeben. Was eigentlich eine gute Sache war, dachte ich nach dem ersten Löffel. Es war salzig und fischig und trotzdem gut, aber ich hätte lieber nur die Hälfte von dem gegessen, was Katjuschka mir mitgebracht hatte. Aber weil sie so aufmunternd guckte und der Kaviar mit den Blini und der Creme fraîche zusammen echt lecker und ich echt hungrig war, stopfte ich mir den Kaviar komplett rein. Kurz bevor ich aufgegessen hatte, entdeckte ich am Zeltrand hinter einer Menschenmenge einen japanischen Koch, der irgendwas auf einer großen heißen Platte brutzelte. Andrjuscha fing meinen Blick auf. »Macht Kobesteak. Ist auch gut!«
    Koberindfleisch! Das teuerste Fleisch der Welt! Kein Wunder, dass der japanische Koch so umlagert war.
    »Oh, das wollte ich immer schon mal essen«, sagte ich und kratzte schnell den letzten Rest Kaviar vom Teller.
    »Kannst du nachher machen«, bestimmte Katjuschka, »erst musst du probieren Piroschki!« Sie hielt mir Teigtaschen vor die Nase. »Sind mit Fleisch.« Die Taschen waren saftig und knusprig zugleich und ich aß gleich zwei Stück davon. »Und jetzt musst du

Weitere Kostenlose Bücher