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Geheimnis der Liebe: Roman (German Edition)

Geheimnis der Liebe: Roman (German Edition)

Titel: Geheimnis der Liebe: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Teresa Medeiros
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vorüberfliegenden Wiesen und Hecken, sich schmerzlich der Tatsache bewusst, dass jede Umdrehung der Räder sie weiter von London fortbrachte. Und von Gabriel.
    Berücksichtigte man, dass sie ihre letzte Reise nach Middlesex in einer öffentlichen Kutsche mit einem weinenden Kind, das ihr aufs Kleid gespuckt hatte, und einem stämmigen Schmied, der ihr auf den Fuß getreten war, unternommen hatte, so sollte man eigentlich meinen, sie würde den hemmungslosen Luxus der Stadtkutsche der Carstairs zu schätzen wissen. Aber sie bemerkte weder etwas von den weichen Polstern und den kunstvollen Messingbeschlägen noch von den besorgten Blicken ihrer Freundin.
    Estelles angeborene Überschwänglichkeit konnte der Wolke der Trübseligkeit nichts anhaben, die Cecily einhüllte. Als die Kutsche über eine Steinbogenbrücke ratterte, schien es ihr passend, dass aus den tief hängenden Wolken schon bald die ersten Schneeflocken rieseln würden.
    »Ich kann immer noch nicht glauben, dass du so kühn warst, ihm einen Antrag zu machen«, erklärte Estelle und warf ihr einen bewundernden Blick zu.
    »Ich habe ihm keinen Antrag gemacht. Ich habe seinen angenommen. Unglückseligerweise war er nur bereits zurückgezogen worden.«
    »Was, wenn er zugestimmt hätte, nach Gretna Green zu gehen? Und wann wolltest du ihm mitteilen, dass du seine lang gesuchte Samantha bist?«
    »Ich bin mir nicht sicher. Aber ich war überzeugt, dass der richtige Augenblick irgendwann kommen würde. Nach der Geburt unseres dritten Kindes vielleicht oder auf unserer goldenen Hochzeit.« Cecily schloss kurz die Augen, musste an das Kinderlachen denken, das sie niemals hören würde, an die freudenreichen Tage in den Armen ihres Ehemannes, die sie nie erleben würde.
    Estelle schüttelte den Kopf. »Ich kann es einfach nicht glauben, dass er wieder zur See gehen will.«
    »Und warum ist das so schwer zu glauben?«, fragte Cecily verbittert. »Er will für seine kostbare Samantha ein Held sein. Das letzte Mal, als er gesegelt ist, hat es ihn beinahe das Augenlicht gekostet. Ich frage mich, womit er das Abenteuer diesmal bezahlen wird? Mit einem Auge? Einem Arm? Seinem Leben?«
    Sie lehnte den Kopf an die Fensterscheibe und kämpfte gegen die Verzweiflung, die sie zu überwältigen drohte. Sie hatte Gabriel dazu angestachelt, ein Held zu werden, während sie selbst der allerschlimmste Feigling war. Am Anfang war sie vor seiner Liebe davongelaufen, aus Angst, auf die Beständigkeit seines Herzens zu vertrauen. Dann war sie aus dem Krankenhaus fortgelaufen, weil sie sich den Folgen ihrer Feigheit nicht zu stellen vermochte. Sie war von Fairchild Park und aus seinen Armen weggelaufen – und jetzt war sie hier in dieser Kutsche und lief schon wieder davon.
    Nur dass sie dieses Mal ihr restliches Leben lang immer weiterlaufen müsste, selbst wenn das bedeutete, nie irgendwo anzukommen.
    »Schluss damit«, flüsterte sie.
    »Wie bitte?«
    Cecily setzte sich auf und rutschte nach vorne auf die Kante ihrer Sitzbank. »Lass den Kutscher wenden.«
    »Was?«, fragte Estelle, die vergeblich versuchte, mit der Entwicklung der Ereignisse Schritt zu halten.
    »Befiehl dem Kutscher zu wenden! Sofort!« Zu ungeduldig, um abzuwarten, bis ihre Freundin ihren sich überschlagenden Gedanken folgen konnte, packte Cecily den Stock auf dem gegenüberliegenden Sitz und begann, gegen die Luke im seidenbespannten Kutschendach zu klopfen.
    Das Gefährt kam schaukelnd zum Stehen. Die Luke wurde geöffnet, und das verblüffte Gesicht des Kutschers erschien, die Nase rot vor Kälte. »Was kann ich für Sie tun, Miss?«
    »Ich muss unverzüglich zurück nach London. Bitte wenden Sie die Kutsche!«
    Der Kutscher warf Estelle einen fragenden Blick zu, als wolle er sich vergewissern, ob er ihre wild um sich blickende Freundin nicht besser gleich nach Bedlam zu den Verrückten bringen sollte.
    »Tun Sie, was sie sagt«, verlangte Estelle, und ihre Augen blitzten vor Aufregung. » Was auch immer sie sagt.«
    Er nickte zögernd. »Wohin, Miss?«
    »In den Hafen, zu den Docks von Greenwich. Und beeilen Sie sich! Unter Umständen hängt das Leben eines Mannes davon ab!«
    Die Kutsche setzte sich ruckend in Bewegung, sandte Cecily zurück auf den Sitz. Verzweifelt um einen Hoffnungsschimmer bemüht, an dem sie sich festklammern konnte, streckte sie eine Hand aus und drückte Estelles Arm, ein zitterndes Lächeln auf den Lippen. »Und das einer Frau vielleicht auch.«
     
    Leutnant Gabriel Fairchild

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