Gemeinsam stark in Virgin River (German Edition)
zu machen, und versuchte, seinen Körper zu ignorieren. Die Natur spielte einem manchmal ziemlich merkwürdige Streiche.
Als Noah an die letzten Wochen und Ellies entmutigten Blick dachte, geriet er ins Grübeln. Nach dem Tod seiner Frau Merry, die vor ein paar Jahren gestorben war, hatte ihn der Kummer überwältigt. Sie hatten eine gute Ehe geführt, und Noah empfand den Verlust als niederschmetternd. Merrys Tod hatte ihn mit dreißig zum Witwer gemacht. Damit hatte er nie im Leben gerechnet. Danach war er sich ein Jahr lang vorgekommen wie ein einsamer Kieselstein in einer leeren Dose. Doch dann hatte er sich, dank Georges Hilfe, im theologischen Seminar eingeschrieben.
Wegen seines Vaters, den er für einen böswilligen Heuchler hielt, hatte Noah eine extreme Aversion gegen dieses Amt gehegt. Jasper Kincaid war ein halbberühmter Prediger, der seinen eigenen Fernsehkanal in Columbus, Ohio, betrieb. Große Kirche, großes Geld, große Bekanntheit, Ruhm, Macht. Doch für Sohn und Ehefrau hatte Jasper nur kühle Gleichgültigkeit übrig – an guten Tagen. Viel öfter waren sie allerdings Opfer seiner schlechten Laune und seiner Schuldzuweisungen gewesen. Noah wollte nie in die Fußstapfen seines Vaters treten.
„Hör auf, die Menschen danach zu beurteilen, wie sie mit ihrem jeweiligen Glauben umgehen, und studiere besser deinen eigenen Glauben“, hatte George ihm geraten. „Es hat dich ganz schön viel gekostet, so weit zu kommen.“
In der Tat. Noch als Teenager war Noah vor seinen Wurzeln in Ohio an die Nordwestküste des Pazifiks geflohen. Er hatte überall, wo er Arbeit fand, gearbeitet und sich schließlich in die Fischindustrie, den Ozean und die Einkommensmöglichkeiten, die sie ihm boten, verguckt. Sein Studium betrieb er nebenbei – manchmal nur halbtags, manchmal aber auch ganztags.
Seine Mutter, die zu loyal und gutherzig gewesen war, um seinem Vater die Stirn zu bieten, hatte immer Kontakt zu Noah gehalten und ihn sogar heimlich besucht. Sie hatte ihm Geld geben wollen, um seine Ausbildung zu unterstützen, aber Noah hatte es abgelehnt. Seine Mutter war Merry nur einmal in ihrem Leben begegnet. Noah hatte gesehen, wie sie sich die Tränen fortgewischt hatte, weil sie so glücklich gewesen war, dass er eine so liebevolle und fröhliche junge Frau gefunden hatte. Zwei Jahre später war seine Mutter wiedergekommen, aber diesmal, um bei Merrys Begräbnis dabei zu sein.
Noah und sein Vater hatten in den letzten siebzehn Jahren nur einmal miteinander gesprochen, das war bei der Beerdigung von Noahs Mutter vor einem Jahr gewesen. Noah verspürte kein Bedürfnis, sich mit seinem Vater auszusöhnen.
Seit ungefähr einer Stunde saß Noah nun an seinem Schreibtisch, um sich zu organisieren. Doch als er auf seine Uhr blickte, fiel ihm auf, dass er nur dagesessen und gegrübelt hatte. Drei Uhr nachmittags. Um diese Zeit war es in Jacks Bar noch nicht so voll, und Noah hielt eine Kaffeepause für angebracht. Er tätschelte Lucys Kopf und versprach ihr, bald wieder zurück zu sein.
Als er die Bar betrat, überraschte es ihn, Ellie Baldwin an einem Tisch in der Nähe des Kamins zu entdecken. Sie saß vor einem Kaffee und starrte reglos aus dem Fenster. Dabei wirkte sie ziemlich verloren und gar nicht mehr sexy oder vulgär. Noah hob die Hand, um sie zu grüßen, aber sie nahm, tief in Gedanken versunken, keine Notiz von ihm. Also setzte er sich an die Theke.
„Hallo, Noah“, begrüßte ihn Jack.
„Was macht sie denn hier?“, fragte Noah.
Jack zuckte mit den Achseln. „Sie ist enttäuscht, glaube ich. Aber was will man machen?“ Jack stellte Noah eine Tasse hin und schenkte ihm, ohne zu fragen, Kaffee ein.
„Enttäuscht?“, fragte Noah.
„Sie sagte, sie hat den Job nicht gekriegt.“
„Ich habe ihr gesagt, dass ich mich deswegen noch mal bei ihr melde“, erklärte Noah.
„Vielleicht hat sie etwas anderes gehört, Noah.“
„Hm.“ Er trank einen Schluck Kaffee. „Was hältst du von zwei Stückchen Kuchen, die du gleich da drüben an den Tisch bringst?“
„Gute Idee“, sagte Jack.
Noah zog um an Ellies Tisch. Er blieb so lange neben ihr stehen, bis sie ihn schließlich bemerkte. Oh, Mann, er war ganz schön in der Bredouille. Ihre feucht schimmernden Augen waren gerötet und die Wimperntusche ganz verlaufen.
Herr, lass mich trachten; nicht, dass ich verstanden werde, sondern dass ich verstehe.
„Haben Sie etwas dagegen, wenn ich mich zu Ihnen setze?“, fragte er.
Sie richtete
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