GK291 - Satan hinter Gittern
genau wie jetzt mir - die Freiheit versprochen. Er hatte ihnen verraten, daß es einen Weg nach draußen gebe.
Und sie waren diesen schrecklichen Weg gegangen, in dessen Verlauf sie ihr Leben verloren und zu gefährlichen Untoten wurden. Nun wollte Bernard Moody mich ködern.
Ich ging sofort darauf ein. Ich sagte ihm, daß es verdammt schön wäre, dem Zuchthaus den Rücken zu kehren, und ich behauptete, daß man mich ein zweitesmal nicht mehr kriegen würde.
Ich tat so, als wäre Moodys Angebot für mich nur reine Theorie, und diese Theorie schmückte ich mit vielen verträumten »Wenn-das-wirklich-so-wäre…« aus.
Bernard Moody tastete sich vorsichtig vorwärts. Er wurde allmählich deutlicher, ließ erkennen, daß es tatsächlich eine Möglichkeit gab, von hier abzuhauen, und ich hakte mit deutlichem Interesse ein.
Er war der Ansicht, mich bald am Haken zu haben. Aus dem ursprünglichen unverfänglichen Wortgeplänkel wurde nach und nach ein ernstes Gespräch. Schließlich meinte der Oberaufseher: »Ich werde dir helfen, Ballard. Frag nicht, warum, nimm meine Hilfe einfach an, okay?«
Ich nickte mit zusammengezogenen Brauen.
Was hatte dieser Teufel mit Ron Ritchie und Tim Shakespeare gemacht? Ich würde es bald am eigenen Leibe erfahren, wenn ich mich nicht gut gegen Bernard Moody wappnete.
»Wann soll die Reise in die Freiheit denn losgehen?« erkundigte ich mich mit gespielter Begeisterung.
»Noch heute nacht«, sagte Moody.
Ich lachte leise. »Kürzer als ich war wohl noch keiner in diesem Zuchthaus, was?«
»Ich werde dich um Mitternacht aus der Zelle holen.«
»Einverstanden.«
»Wenn du zu Bing Previn oder Clive Clay auch nur ein einziges Wort von unserem Vorhaben sagst, platzt die Sache.«
»Ist mir klar, Mr. Moody.«
Der Oberaufseher nickte mit düsterem Blick. »Geh jetzt. Und halte dich um Mitternacht bereit.«
Ich verließ den Speisesaal. Ich, der Häftling, der Bernard Moodys nächstes Opfer werden sollte…
***
Tim Shakespeare hastete den niedrigen Quergang entlang. Er erreichte den Schacht des Materialaufzugs. Ein Sprung. Er flog durch die Luft und landete auf den Sprossen der Metalleiter, die er sofort wieselflink hinunterkletterte.
Mr. Silver blieb einen Augenblick stehen. In seinen perlmuttfarbenen Augen sprangen kleine Flämmchen an.
Der Ex-Dämon war in der Lage, Feuerlanzen aus den Augen abzuschießen. Von dieser außergewöhnlichen Fähigkeit machte er nun Gebrauch.
Wie ein Blitzstrahl raste das magische Feuer hinter dem Untoten her, doch Tim Shakespeare tauchte einen Sekundenbruchteil vorher nach unten.
Mr. Silvers Feuerblick verfehlte den Zombie um Haaresbreite. Daraufhin zerbiß der Hüne einen Fluch und setzte die Verfolgung fort.
Schnaufend schob der Ex-Dämon seine Massen durch den engen Gang. Er erreichte den Aufzugsschacht und blickte hinunter.
Er hätte Tim Shakespeare mit zwei neuen Feuerlanzen von den Sprossen geholt, aber der Untote war bereits am Ende der Leiter angelangt und machte, daß er fortkam.
In großer Hast turnte auch Mr. Silver die Leitersprossen hinunter. Als ehemaliger Dämon wußte er, daß er in der Lage war, mit seinem Feuerblick das Böse in Tim Shakespeare zu zertrümmern.
Die Feuerlanzen mußten den Zombie nur treffen, dann würde er für immer erlöst sein.
Die letzten Sprossen. Einige Lidschläge später befand sich Mr. Silver im Heizraum. Er glitt zwischen mehreren Röhren hindurch, blieb stehen und lauschte. Der Untote verursachte im Moment nicht das geringste Geräusch.
Mr. Silver wechselte die Position. Er war sicher, daß sich der Zombie in diesem Raum verborgen hielt.
Für ihn stand fest, daß Tim Shakespeare den Heizraum noch nicht verlassen hatte. Es gab eine Vielzahl von Möglichkeiten, sich zu verstecken.
Die nützte der Untote natürlich. Im Augenblick war er noch in der besseren Lage. Er brauchte sich nur vollkommen still zu verhalten, während Mr. Silver gezwungen war, ihn zu suchen.
Abermals blieb der Ex-Dämon stehen. Vor einigen Jahren hatte er noch so etwas wie ein Dämonen-Radar besessen. Damals war es ihm spielend gelungen, Strahlungen des Bösen zu orten.
Egal, in welcher Maske die Dämonen aufgetreten waren, Mr. Silver hatte sie sofort erkannt und entlarvt.
Doch diese wichtige Fähigkeit war mit der Zeit verkümmert. Der meisten Fähigkeiten besann sich Mr. Silver nur noch in Streßsituationen.
Es war eine Wandlung mit ihm vorgegangen, seit er aus dem zwölften Jahrhundert ins zwanzigste Jahrhundert
Weitere Kostenlose Bücher