Glück muß man haben
gefunden.
Theodor zündete sich seine längst erkaltete Zigarre wieder an, und nach einer Serie enormer Wolken, die zur Decke emporstiegen, verspürte er auch wieder Lust, sich doch noch einmal einen Doppelkorn zu Gemüte zu führen. Nachdem dies geschehen war, wovon ein behaglicher Rülpser kündete, dessen Phonzahl sich aber in Grenzen hielt und der deshalb von Sabine und Marianne schweigend hingenommen wurde, schaute Theodor Berger abermals in die Zeitung. Wie nicht anders zu erwarten war, fing er mit dem Lesen wieder dort an, wo er aufgehört hatte.
Stille herrschte. Marianne versenkte sich abermals in die Welt des Adels, der von außen in sie hineingetragene Konflikte nicht erspart blieben; Sabine strickte und dachte dabei an Nerze und Persianer.
Plötzlich zerriß ein Faustschlag Theodors auf den Tisch die Stille. Erschreckt fuhren Sabine und Marianne hoch.
In die Zeitung glotzend, rief Theodor: »Da steht ja noch einer!«
»Wer?« fragte Sabine, welche die Sprache schneller fand als ihre Tochter.
»Ein bayerischer Polizeibeamter.«
»Hat der auch gewonnen?«
»Der hat auch gewonnen.«
Theodor Berger brachte das nur widerstrebend über die Lippen. Dafür gab's zweierlei Gründe. Jener unbekannte bayerische Gesetzesdiener griff Theodors Nervenkostüm an. Zwar hatte Theodor nichts gegen Beamte im allgemeinen; solche kamen ja auch in sein Lokal und tranken ihr Bier und aßen ihr Eisbein und bezahlten das, was sie verzehrten. Doch Beamte, die im Toto oder Lotto gewannen, waren nicht nach Theodors Geschmack. Daß die Betreffenden anderen, die nicht durch Staatsgehälter mehr als ausreichend versorgt waren, auch noch die Gewinne wegschnappten, das gefiel Theodor durchaus nicht, am wenigsten, wenn es sich dabei auch noch um Polizeibeamte handelte. Gegen Polizisten hatte Theodor nämlich eine berufsbedingte Abneigung, kamen diese doch ständig in sein Lokal, um die Einhaltung der Sperrstunde zu kontrollieren. Welcher Gastwirt hätte deshalb Theodors Aversion nicht geteilt?
»Es sind immer die Falschen, Bina«, erklärte er mit einer Stimme voller Vorwurf, der Fortuna galt.
Eine Polizeibeamtensgattin im Nerz wurde auch von Sabine als unangebracht empfunden, deshalb pflichtete sie bei: »Das läßt sich nicht bestreiten.«
»Ausgerechnet so einer«, fuhr Theodor fort zu schimpfen. »Dabei hätten wir jede Menge Arbeitslose oder Kinderreiche.«
»Vielleicht hat der fünf Kinder«, meinte Marianne, die dazu neigte, immer alle Möglichkeiten in Betracht zu ziehen.
Theodor war sich sicher.
»Der doch nicht!« sagte er wegwerfend.
»Das kannst du nicht wissen, Vater.«
»Und wie ich das weiß!«
»Wieso?«
In seinem Haß verstieg sich Theodor zu einer kühnen Behauptung.
»Weil Polizisten nicht einmal dazu in der Lage sind!«
Marianne und Sabine lachten. Das gefiel Theodor nicht.
»Lacht nicht«, gebot er ihnen. »Die sind wirklich alle keinen Schuß Pulver wert. Der ganze Verein nicht.«
»Ohne Polizei ging's nicht, Vater, das weißt du.«
»Ich könnte auf sie verzichten!«
Das war natürlich wieder eine Behauptung, von der Theodor, bei ruhiger Überlegung, selbst sofort hätte sagen müssen, daß sie nicht haltbar war. Im Moment konnte man das aber von ihm nicht erwarten. Lottogewinne engten seine Rationalität ein.
»Polizisten«, erklärte er, »sind für mich alle rote Tücher, basta. Damit sage ich euch nichts Neues.«
»Es gibt auch positive, Vater.«
(Hier wäre zu fragen gewesen, was ein ›positiver‹ Polizist ist, und was ein ›negativer‹. Ein weites Feld. Es kommt auf den Betrachter an. Wenn ein Ganove einen Polizisten ›negativ‹ findet, liegt dieses Urteil sicherlich weit neben dem eines ehrbaren Bürgers – und umgekehrt.)
»Da müßtest du mir erst mal einen zeigen«, sagte Theodor.
»Letzten Freitag hast du selber zwei erlebt.«
»Die zwei jungen?«
»Ja.«
Marianne hatte an einen Wachtmeister und dessen Kollegen erinnert, die das Lokal lange nach der Polizeistunde noch offen vorgefunden und ein Auge zugedrückt hatten.
»Willst du vielleicht sagen, daß die in Ordnung waren?« fragte Theodor.
»Etwa nicht?«
»Soll ich dir verraten, welchen Grund die dafür hatten?«
»Welchen?«
»Deinen Hintern!«
Dies forderte den spontanen Widerspruch Sabines heraus, die sich vor ihre Tochter stellen zu müssen glaubte und ausrief: »Ach hör doch auf, Theo!«
Unbeirrt von ihr gab Theodor noch einmal seine Überzeugung preis, daß dem Hintern Mariannes jene vorteilhafte
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