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Gold

Gold

Titel: Gold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Cleave
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achtundvierzig Stunden her, dass die Polizei Zoe aufgefunden hatte, als sie fantasierend und ziellos mit ihrem Rad über die Schnellstraße fuhr. Ihre Beine taten noch immer weh, und sie konnte kaum gehen.
    »Ist es noch weit?«, fragte sie. »In welchem Zimmer ist Adam?«
    Die Sozialarbeiterin streichelte ihr übers Haar. »Adams Leichnam, Liebes. Hinter der Tür am Ende.«
    In Zoes Kopf purzelten die Wörter durcheinander. Die Sozialarbeiterin deutete auf eine verbeulte unlackierte Metalltür am Ende des Flurs. Zoe eilte darauf zu. Sie drückte dagegen, doch die Tür war verschlossen.
    Die Sozialarbeiterin kniete sich neben ihr hin und sagte: »Hör zu, Liebes. Ich möchte nur sichergehen, dass du das wirklich tun willst. Es wird sehr schwer für dich, Adam so zu sehen. Du wirst leider sehr traurig werden, aber es ist so, dass du auf lange Sicht wahrscheinlich noch trauriger und verwirrter sein wirst, wenn du ihn nicht gesehen hast.«
    Zoe hörte gar nicht zu. Nun, da sie bei Adam waren, konnte sie nicht ertragen, dass die Sozialarbeiterin sie noch länger warten ließ. Sie drückte ungeduldig gegen die Tür, bis die Frau sie aufschloss.
    Drinnen war es sehr kalt. Es gab keine Fenster, nur Neonröhren an der Decke. Der Boden war gefliest, und an einer Seite gab es ein Waschbecken und etwas, das wie eine ganz normale Küchenzeile aussah. Mitten im Raum schlief Adam in einem hohen Stahlbett mit sauberer grüner Wäsche. Sein Kopf war ihr zugewandt, und sie sah seinen glänzenden schwarzen Haarschopf auf dem Kissen.
    Sie lächelte erleichtert. »Adam!«
    Der Knall bei dem Unfall war so laut gewesen, und sie war froh, dass er jetzt so friedlich aussah. Sie hatte sich schon Sorgen gemacht, er könnte verletzt sein oder vor Schmerzen schreien oder einfach ohne Grund schreien, wie ihre Mutter. Auf der Küchenzeile lagen rote Gummihandschuhe, sonst nichts. Sie verstand nicht, weshalb es in dieser Küche kein Essen gab und wieso ihr Bruder darin schlief. Vielleicht war er ebenso durcheinander wie sie.
    Er hatte sich die grüne Decke über das Gesicht gezogen, damit es dunkel genug zum Schlafen war. Sie stellte sich daneben und zog die Decke weg, aber er bewegte sich nicht; er lag einfach nur schlafend da. Er war blass, aber ganz er selbst, und sehr ruhig. Sie lächelte und küsste ihn auf die Wange, und dann zuckte ihr Mund, weil seine Haut so kalt war. Sie wich zurück und sah ihn an und dachte wieder, wie blass er war. Sie berührte ihn.
    Er war so kalt.
    »Wach auf, Adam!«
    Als er nicht sofort die Augen öffnete, schüttelte sie ihn an der Schulter. Sein ganzer Körper wackelte hin und her.
    »Adam?«, flüsterte sie.
    Eine furchtbare Angst durchzuckte sie, und sie ließ Adams Schulter los, damit die Angst nicht wahr wurde, und sie rannte aus dem Zimmer und den Flur entlang. Sie war schnell, obwohl ihre Beine wehtaten, und die Sozialarbeiterin brauchte lange, um sie einzuholen. Sie spürte, wie sie vom Boden hochgehoben und festgehalten wurde, obwohl sie sich dagegen wehrte.
    Irgendwann war sie zu müde, um weiterzukämpfen, und ließ sich in ein kleines Zimmer mit einem niedrigen Tisch und Teppichboden und kratzigen Polstersesseln tragen. Sie hörte genau zu, was ihr die Sozialarbeiterin erzählte. Die Worte waren jetzt klarer zu verstehen, doch da sie unmöglich wahr sein konnten, fiel sie für zwanzig Jahre in einen langen, schrecklichen Traum, aus dem sie wieder und wieder aufzuwachen versuchte. Athen weckte sie nicht, und Peking weckte sie nicht, und dann schließlich wachte sie im Alter von zweiunddreißig Jahren auf, als sie neben diesem Krankenhausbett kniete und Sophies Gesicht auf einem anderen grünen Kissen sah, blass und absolut still.
    Zoes Schultern zuckten, und Jack und Kate knieten sich neben sie und sagten ihr, dass alles gut würde.
    Sie holten ihr einen Stuhl, und dann saßen sie zu dritt den ganzen Nachmittag an Sophies Bett. Während sie zusah, wie sich Sophies Brust langsam hob und senkte, spürte Zoe, wie sich die Schmerzen des Tages allmählich legten. Sie beobachtete, wie natürlich und selbstverständlich Kate sich um Sophie kümmerte – ihre Decke zurückschlug, wenn es ihr zu warm wurde, den Riemen der Sauerstoffmaske zurechtrückte, wenn er abgerutscht war. Allmählich erinnerte sie sich an etwas, das sie in den bitteren Minuten nach Kates Sieg vergessen hatte: dass sie das, was Kate getan hatte, niemals hätte tun können. Es war nicht nur schwer, es war eine Unmöglichkeit. Ein

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