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Tierarzt

Tierarzt

Titel: Tierarzt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Herriot
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Kapitel 1
     
    Es war drei Uhr in der Frühe, als ich frierend und übermüdet von einem nächtlichen Besuch nach Skeldale House zurückkehrte. Müde ging ich zu Bett und legte den Arm um Helen. Und wieder einmal dachte ich, daß es kaum etwas Schöneres auf der Welt gab, als nachts halb erfroren heimzukommen und ein angewärmtes Bett vorzufinden.
    In den dreißiger Jahren gab es noch keine elektrischen Heizdecken, und ich hatte manchmal große Mühe, wieder warm zu werden, wenn man mich nachts aus dem Bett geklingelt und zu einem weit abgelegenen Gehöft gerufen hatte. Ich lag dann oft noch lange wach und konnte nicht einschlafen, weil ich bis auf die Knochen durchgefroren war.
    Aber seit unserer Heirat gehörten diese Leiden der Vergangenheit an. Helen regte sich halb im Schlaf – sie hatte sich daran gewöhnt, daß ich sie oft mitten in der Nacht verlassen mußte und kalt wie ein Eisblock zurückkam – und kuschelte sich an mich. Mit einem dankbaren Seufzer spürte ich, wie ihre Wärme mich umhüllte und sank sofort in tiefen Schlaf.
    Als der Wecker klingelte, stand ich auf und ging ans Fenster. Es war ein schöner, klarer Morgen. Die ersten Sonnenstrahlen fielen auf das verwitterte Rot und Grau der dicht aneinandergedrängten Dächer, von denen einige sich unter der Last ihrer alten Ziegel senkten, und erhellten die grünen Wipfel der Bäume, die sich zwischen den dunklen Schornsteinkappen empordrängten. Und dahinter das ruhige Massiv der Fells, wie in Yorkshire die heidebewachsenen Berge genannt werden.
    Das Glück war mir hold, daß ich dies allmorgendlich als erstes zu sehen bekam; nach Helen natürlich, was noch schöner war.
    Nach unseren etwas ungewöhnlichen Flitterwochen, die wir mit Tuberkulinproben verbrachten, hatten wir uns unser erstes Heim in der obersten Etage von Skeldale House eingerichtet. Siegfried, bis zu meiner Heirat mein Chef und jetzt mein Partner, hatte sich erboten, uns die leerstehenden Zimmer im zweiten Stock kostenlos zu überlassen, und wir hatten sein Angebot dankbar angenommen; und wenn es sich auch nur um eine vorübergehende Notlösung handelte, war unser hochgelegenes Nest doch so angenehm luftig und reizvoll, daß uns sicher viele darum beneidet hätten.
    Es war behelfsmäßig – wie alles zu jener Zeit einen provisorischen Charakter hatte und weil wir nicht wußten, wie lange wir dort bleiben würden. Siegfried und ich hatten uns beide freiwillig zur Air Force gemeldet und waren vorläufig vom Militärdienst zurückgestellt, doch damit soll das Thema Krieg auch schon beendet sein. Ich will in diesem Buch nicht von derlei Dingen berichten, die ohnedies sehr weit von Darrowby entfernt waren, sondern von den Monaten nach unserer Hochzeit bis zu meiner Einberufung. Ich erzähle von den alltäglichen Dingen, die immer unser Leben ausgemacht haben: von meiner Arbeit, den Tieren, den Yorkshire Dales.
    In dem vorderen Raum war unser Wohnschlafzimmer, und wenn er auch nicht luxuriös eingerichtet war, so gab es darin doch ein sehr bequemes Bett, einen Teppich, einen hübschen Beistelltisch, der Helens Mutter gehört hatte, und zwei Lehnsessel. Auch ein alter Kleiderschrank stand darin, aber das Schloß funktionierte nicht, und wir konnten die Tür nur geschlossen halten, indem wir eine von meinen Socken dazwischen klemmten. Die Fußspitze hing heraus, aber das störte uns nicht.
    Ich ging über den kleinen Treppenabsatz in die Küche, die zugleich unser Eßzimmer war. Dieser Teil unserer Behausung war eindeutig spartanisch. Ich polterte über nackte Dielen zu einem Arbeitstisch, den wir an der Wand neben dem Fenster angebracht hatten. Mangels anderer Küchenmöbel diente er als Abstellplatz für einen Gaskocher und unseren gesamten Bestand an Geschirr und Bestecken. Ich ergriff einen großen Krug und machte mich auf den Weg nach unten in die eigentliche Küche, denn die Mansardenräume hatten den Nachteil, daß es hier oben kein Wasser gab. Zwei Treppen hinunter zu den drei Zimmern im ersten Stock, dann zwei weitere und ein kurzer Galopp durch den langen Flur zu der großen, mit Steinplatten ausgelegten Küche auf der Rückseite des Hauses.
    Ich füllte den Krug und kehrte, zwei Stufen auf einmal nehmend, zu unserem hochgelegenen Wohnsitz zurück. Heute würde es mir weniger gefallen, für jeden Tropfen Wasser einen solchen Weg machen zu müssen, aber damals machte es mir nicht das geringste aus.
    Bald kochte das Wasser im Kessel, und wir tranken unsere erste Tasse Tee neben dem

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