Grimms Märchen, Vollständig überarbeitete und illustrierte Ausgabe speziell für digitale Lesegeräte (German Edition)
auch länger aufbewahren.«
Der Nachbar gab für die beiden Ziegen gerne einen Bienenstock. Die Bienen flogen unermüdlich vom frühen Morgen bis zum späten Abend aus und ein und füllten den Stock mit dem schönsten Honig, so daß Heinz im Herbst einen ganzen Krug voll herausnehmen konnte.
Sie stellten den Krug auf ein Brett, das oben an der Wand in ihrer Schlafkammer befestigt war, und weil sie fürchteten, er könne ihnen gestohlen werden oder die Mäuse könnten darüber geraten, so holte Trine einen starken Haselstock herbei und legte ihn neben ihr Bett, damit sie ihn, ohne unnötigerweise aufzustehen, mit der Hand erreichen und die ungebetenen Gäste von dem Bette aus verjagen könnte.
Der faule Heinz verließ das Bett nicht gerne vor Mittag: »Wer früh aufsteht«, sprach er, »sein Gut verzehrt.«
Eines Morgens, als er so am hellen Tage noch in den Federn lag und von dem langen Schlaf ausruhte, sprach er zu seiner Frau: »Die Weiber lieben die Süßigkeit, und du naschest von dem Honig; es ist besser, ehe er von dir allein ausgegessen wird, daß wir dafür eine Gans mit einem jungen Gänslein erhandeln.« – »Aber nicht eher«, erwiderte Trine, »als bis wir ein Kind haben, das sie hütet. Soll ich mich etwa mit den jungen Gänsen plagen und meine Kräfte dabei unnötigerweise zusetzen?« – »Meinst du«, sagte Heinz, »der Junge werde Gänse hüten? Heutzutage gehorchen die Kinder nicht mehr: sie tun nach ihrem Willen, weil sie sich klüger dünken als die Eltern, gerade wie jener Knecht, der die Kuh suchen sollte und drei Amseln nachjagte.« – »Oh«, antwortete Trine, »dem soll es schlecht bekommen, wenn er nicht tut, was ich sage. Einen Stock will ich nehmen und mit ungezählten Schlägen ihm die Haut gerben. Siehst du, Heinz«, rief sie in ihrem Eifer und faßte den Stock, mit dem sie die Mäuse verjagen wollte, »siehst du, so will ich auf ihn losschlagen.«
Sie holte aus, traf aber unglücklicherweise den Honigkrug über dem Bette. Der Krug sprang wider die Wand und fiel in Scherben herab, und der schöne Honig floß auf den Boden. »Da liegt nun die Gans mit dem jungen Gänslein«, sagte Heinz, »und braucht nicht gehütet zu werden. Aber ein Glück ist es, daß mir der Krug nicht auf den Kopf gefallen ist, wir haben alle Ursache, mit unserm Schicksal zufrieden zu sein.«
Und da er in einer Scherbe noch etwas Honig bemerkte, so langte er danach und sprach ganz vergnügt: »Das Restchen, Frau, wollen wir uns noch schmecken lassen und dann nach dem gehabten Schrecken ein wenig ausruhen; was tut’s, wenn wir etwas später als gewöhnlich aufstehen, der Tag ist noch lang genug.« – »Ja«, antwortete Trine, »man kommt immer noch zur rechten Zeit. Weißt du, die Schnecke war einmal zur Hochzeit eingeladen, machte sich auf den Weg, kam aber zur Kindtaufe an. Vor dem Hause stürzte sie noch über den Zaun und sagte: ›Eilen tut nicht gut.«‹
Der Vogel Greif (Alemannisch)
S isch einisch e Chönig gsi, woner gregiert hat und wiener gheisse hat weiß i nümme. De het kei Son gha, nummene einzige Tochter, die isch immer chrank gsi, und kei Dokter het se chönne heile. Do isch em Chönig profizeit worde, si Tochter werd se an Öpfle gsund esse. Do lot er dur sis ganz Land bchant mache wer siner Tochter Öpfel bringe, daß se se gsund dra chönn esse, de müesse zur Frau ha, und Chönig wärde. Das het au ne Pur verno, de drei Sön gha het. Do säit er zum elste »gang ufs Gade ufe, nimm e Chratte (Handkorb) voll vo dene schöne Öpfle mit rothe Bagge, und träg se a Hof; villicht cha se d’ Chönigstochter gsund dra esse, und de darfsche hürothe und wirsch Chönig.«
De Kärle hets e so gmacht, und der Weg under d’ Füeß gno. Woner e Zitlang gange gsi isch, begegnet em es chlis isigs Manndle, das frogt ne was er do e dem Chratte häig, do seit der Uele, denn so het er gheisse, »Froschebäi.«
Das Manndle säit druf »no es sölle si und blibe«, und isch witer gange. Ändle chunt der Uele fürs Schloß, und lot se amelde, er heb Öpfel, die d’ Tochter gsund mache, wenn se dervo ässe thue. Das het der Chönig grüsele gfreut, und lot der Uele vor se cho, aber, o häie! Woner ufdeckt, so heter anstatt Öpfel Froschebäi e dem Chratte, die no zapled händ. Drob isch der Chönig bös worde, und lot ne zum Hus us jage. Woner häi cho isch, so verzelter dem Ätte wies em gange isch. Do schickt der Ätte der noelst Son, de Säme gheisse het; aber
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