Grimms Märchen, Vollständig überarbeitete und illustrierte Ausgabe speziell für digitale Lesegeräte (German Edition)
Herr Gevatter?«
Einer aus den Fingern antwortete: »Eine Treppe höher.« Auf der dritten Treppe lag ein Haufen toter Köpfe, die wiesen ihn wieder eine Treppe höher. Auf der vierten Treppe sah er Fische über dem Feuer stehen, die britzelten in der Pfanne und backten sich selber. Sie sprachen auch: »Eine Treppe höher.« Und als er die fünfte hinaufgestiegen war, so kam er vor eine Stube und guckte durch das Schlüsselloch, da sah er den Gevatter, der ein paar lange Hörner hatte. Als er die Tür aufmachte und hineinging, legte sich der Gevatter geschwind aufs Bett und deckte sich zu.
Da sprach der Mann: »Herr Gevatter, was ist für eine wunderliche Wirtschaft in Eurem Haus? Als ich auf Eure erste Treppe kam, so zankten sich Schippe und Besen miteinander und schlugen gewaltig aufeinander los.« – »Wie seid ihr so einfältig«, sagte der Gevatter, »das war der Knecht und die Magd, die sprachen miteinander.« – »Aber auf der zweiten Treppe sah ich tote Finger liegen.« – »Ei, wie seid ihr albern! Das waren Skorzenerwurzeln.« – »Auf der dritten Treppe lag ein Haufen Totenköpfe.« – »Dummer Mann, das waren Krautköpfe.« – »Auf der vierten sah ich Fische in der Pfanne, die britzelten und backten sich selber.«
Wie er das gesagt hatte, kamen die Fische und trugen sich selber auf. »Und als ich die fünfte Treppe heraufgekommen war, guckte ich durch das Schlüsselloch einer Tür, und da sah ich Euch, Gevatter, und Ihr hattet lange lange Hörner.« – »Ei, das ist nicht wahr.« Dem Mann ward angst, und er lief fort, und wer weiß, was ihm der Herr Gevatter sonst angetan hätte.
Frau Trude
E s war einmal ein kleines Mädchen, das war eigensinnig und vorwitzig, und wenn ihm seine Eltern etwas sagten, so gehorchte es nicht. Wie konnte es dem gut gehen?
Eines Tages sagte es zu seinen Eltern: »Ich habe so viel von der Frau Trude gehört, sich will einmal zu ihr hingehen; die Leute sagen, es sehe so wunderlich bei ihr aus, und erzählen, es seien so seltsame Dinge in ihrem Hause, da bin ich ganz neugierig geworden.« Die Eltern verboten es ihr streng und sagten: »Die Frau Trude ist eine böse Frau, die gottlose Dinge treibt, und wenn du zu ihr hingehst, so bist du unser Kind nicht mehr.«
Aber das Mädchen kehrte sich nicht an das Verbot seiner Eltern und ging doch zu der Frau Trude. Und als es zu ihr kam, fragte die Frau Trude: »Warum bist du so bleich?« – »Ach«, antwortete es und zitterte am Leibe, »ich habe mich so erschrocken über das, was ich gesehen habe.« – »Was hast du gesehen?« – »Ich sah auf Eurer Stiege einen schwarzen Mann.« – »Das war ein Köhler.« – »Dann sah ich einen grünen Mann.« – »Das war ein Jäger.« – »Danach sah ich einen blutroten Mann.« – »Das war ein Metzger.« – »Ach, Frau Trude, mir grauste, ich sah durchs Fenster und sah Euch nicht, wohl aber den Teufel mit feurigem Kopf.« – »Oho«, sagte sie, »so hast du die Hexe in ihrem rechten Schmuck gesehen. Ich habe schon lange auf dich gewartet und nach dir verlangt, du sollst mir leuchten.«
Da verwandelte sie das Mädchen in einen Holzblock und warf ihn ins Feuer. Und als er in voller Glut war, setzte sie sich daneben, wärmte sich daran und sprach: »Das leuchtet einmal hell!«
Die wunderliche Gasterei
A uf eine Zeit lebte eine Blutwurst und eine Leberwurst zusammen, und die Blutwurst bat die Leberwurst zu Gast. Wie es Essenszeit war, ging die Leberwurst ganz vergnügt zu der Blutwurst, als sie aber in die Haustüre trat, sah sie allerlei wunderliche Dinge, auf jeder Stiege der Treppe, deren viele waren, immer etwas anderes, da war ein Besen und eine Schippe, die sich miteinander schlugen, dann ein Affe mit einer großen Wunde am Kopf und dergleichen mehr.
Die Leberwurst war ganz erschrocken und bestürzt darüber, doch nahm sie sich ein Herz ging in die Stube und wurde von der Blutwurst freundschaftlich empfangen. Die Leberwurst hub an, sich nach den seltsamen Dingen zu erkundigen, die draußen auf der Treppe wären, die Blutwurst tat aber, als hörte sie es nicht, oder als sei es nicht der Mühe wert davon zu sprechen, oder sie sagte etwa von der Schippe und Besen: »es wird meine Magd gewesen sein, die auf der Treppe mit jemand geschwätzt«, und brachte die Rede auf etwas anderes.
Die Blutwurst ging darauf hinaus, und sagte, sie müsse in der Küche nach dem Essen sehen, ob alles ordentlich angerichtet werde, und nichts
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