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Grischa: Die Hexe von Duwa: Ein Märchen aus Rawka (German Edition)

Grischa: Die Hexe von Duwa: Ein Märchen aus Rawka (German Edition)

Titel: Grischa: Die Hexe von Duwa: Ein Märchen aus Rawka (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leigh Bardugo
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In Nadjas Dorf ging niemand so verschwenderisch mit Kerzen um.
    Außerdem schien sich die Hütte zu ihr umzudrehen, als wollte sie sie begrüßen. Nadja zögerte und wich zurück. Da knackte hinter ihr ein Zweig und sie floh zur bemalten Tür, über der eine Laterne im Wind schwankte. Nadja riss an der Türklinke und schrie: »Hilfe!« Die Tür schwang auf. Nadja schlüpfte in die Hütte und schlug die Tür zu. Was hörte sie da? Ein Pochen? Das enttäuschte Schaben von Krallen? Heisere Schluchzer entrangen sich ihrer Brust. Sie stand da, die Stirn gegen die Tür gelehnt, wartete darauf, dass ihr Herzschlag sich beruhigte, und drehte sich erst um, nachdem sie wieder zu Atem gekommen war.
    Der Raum, warm und von einem goldenen Licht erfüllt, kam ihr vor wie das Innere eines Rosinenbrötchens. Es duftete nach schmorendem Fleisch und frisch gebackenem Brot. Alle Flächen glänzten wie neu und alles war mit Blättern und Blumen, Tieren und kleinen menschlichen Gestalten bemalt, und die Farben waren so fröhlich und bunt, dass sie nach dem öden Grau von Duwa in Nadjas Augen brannten.
    Hinten in der Hütte stand eine Frau vor einem schwarzen Herd, der die ganze Breite des Raumes einnahm. Auf diesem Herd brodelten zwanzig verschiedene Töpfe, manche klein und mit Deckel, andere groß und kurz vor dem Überkochen. Der Backofen, der sich darunter befand, hatte zwei eiserne Türen und war so riesig, dass ein ausgewachsener Mann der Länge nach hineingepasst hätte. Oder wenigstens ein Kind.
    Die Frau hob einen Topfdeckel und ein würziger Duft trieb zu Nadja hinüber. Zwiebeln. Sauerampfer. Hühnerklein. Sie spürte, dass der Hunger stärker war als ihre Angst. Ein Knurren drang über ihre Lippen und sie legte sich rasch eine Hand auf den Mund.
    Die Frau drehte sich zu ihr um.
    Sie war alt, aber keineswegs hässlich, und ihre langen, grauen Haare wurden hinten von einer roten Schleife gehalten. Nadja stand da wie angewurzelt und starrte die Schleife an, die sie an Genetschka Lukin erinnerte. Doch all die Düfte, die sich hier vermischten, nach Zucker und Butter, nach Knoblauch und Lammfleisch, sorgten dafür, dass sie vor Heißhunger am ganzen Körper erbebte.
    Ein Hund lag in einem Korb und nagte an einem Knochen, aber als Nadja genauer hinschaute, stellte sie fest, dass sie sich getäuscht hatte – in Wahrheit war es ein kleiner Bär mit goldenem Halsband.
    »Magst du Wladschek?«
    Nadja nickte.
    Die Frau stellte einen Teller mit dampfendem Eintopf auf den Tisch.
    »Setz dich«, sagte die Frau, indem sie wieder an den Herd trat. »Iss.«
    Nadja hängte ihren Mantel neben die Tür. Sie zog die feuchten Handschuhe aus und ließ sich vorsichtig am Tisch nieder. Sie hob den Löffel, zögerte jedoch, denn sie wusste, dass man am Tisch einer Hexe nichts essen darf.
    Aber sie konnte nicht widerstehen. Sie verputzte den Eintopf bis auf den allerletzten leckeren Rest, dann aß sie warme Brötchen, Pflaumen in Sirup, einen Karamellflan und einen Rumkuchen mit Rosinen und braunem Zucker. Nadja futterte und futterte, während sich die Frau um die Töpfe auf dem Herd kümmerte und dabei vor sich hin summte.
    Sie mästet mich, dachte Nadja, der die Augen zufielen. Sie wartet, bis ich eingeschlafen bin, und dann steckt sie mich in den Ofen, damit sie neue Zutaten für ihren Eintopf hat.
    Doch sie merkte, dass ihr das gleichgültig war, und nachdem die alte Frau eine Decke vor dem Herd ausgebreitet hatte, dicht neben Wladscheks Korb, schlief Nadja sofort ein, froh, dass sie wenigstens mit vollem Magen sterben würde.
    Als sie am nächsten Morgen erwachte, stellte sie erstaunt fest, dass sie unversehrt war. Auf dem Tisch standen eine Schale mit Haferbrei, ein Berg Roggentoast, dick mit Butter bestrichen, sowie Schälchen mit kleinen, schillernden, in Öl eingelegten Heringen.
    Die alte Frau stellte sich als Magda vor. Sie saß stumm da und lutschte an einer gezuckerten Pflaume, während Nadja frühstückte.
    Nadja aß, bis sie das Gefühl hatte, aus allen Nähten zu platzen. Draußen schneite es immer noch. Nachdem sie fertig war, stellte sie ihr leeres Schälchen auf den Fußboden und Wladschek leckte es aus. Erst da sprach Magda.
    »Und?«, fragte sie. »Was möchtest du?«
    »Ich möchte nach Hause«, antwortete Nadja.
    »Dann lauf.«
    Nadja warf einen Blick aus dem Fenster. Der Schnee fiel in dicken Flocken. »Ich kann nicht«, sagte sie.
    »Gut«, sagte Magda. »Dann geh mir zur Hand.«
    Also stopfte Nadja den ganzen Tag Socken,

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