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Gucci war gestern

Titel: Gucci war gestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jen Lancaster
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jagdgrünen Bezügen und Plastikfarnen. Würg! Die freigelegten Backsteinwände hat er mit Walnussimitatpaneelen vertäfelt, die Holzbalkendecke mit Gipskarton verkleidet und die offenen Rohrleitungen verkoffert. Warum malen Sie dem David nicht noch schnell einen Leoparden-Tanga auf den Hintern, wo Sie gerade dabei sind, Sie barbarischer Kunstbanause! Wenn er also der Schuldige wäre? Pas de problème!
    Mr und Mrs Wir-lassen-gern-den-Müll-vor-der-Tür in 3F wären auch kein großer Verlust, weil ich ohnehin davon überzeugt bin, dass deren laxe Hygienevorstellungen bestimmt bald Waschbären anlocken. Und Brauner-Daumen-McTötetSie in 4A mit den Pflanzkübeln voller verdorrter Hibiskuspflanzen vom letzten Sommer geht mir auch auf die Nerven. Und kommen Sie mir erst gar nicht mit den Zu-viel-Sexingtons von nebenan. Deren nimmermüde Bettfedern zwingen mich mittlerweile dazu, mit Ohrenstöpseln zu schlafen. Sehen die nicht auch gelegentlich mal fern? Jedes Mal, wenn ich denen am Briefkasten über den Weg laufe, ist es mir totpeinlich. Ehrlich, ich fände es herrlich, wenn die verhaftet würden. Dann könnte ich vielleicht mal wieder in Ruhe eine ganze Nacht durchschlafen, ohne durch die Wand, die unsere beiden Schlafzimmer trennt, Barry-White-Schnulzen hören zu müssen. Und außerdem haben die beiden ohnehin ein Faible für Handschellen.
    »Wissen Sie was?«, sage ich zu der Kundenbetreuerin. »Damit kann ich leben.«

    In Lauerposition liege ich im vorderen Bereich des Flurs platt auf dem Bauch ausgestreckt und spähe durch den unteren Teil der Glastür, sodass ich das ganze Atrium überblicken kann; Feldstecher, schnurloses Telefon und eine Thermoskanne mit Kaffee griffbereit. Ich schiebe Wache, und ich WERDE den Dieb fangen. Im Morgengrauen habe ich mich nach unten geschlichen und ein X auf die Plastikhülle meiner Zeitung gemalt, und nun lasse ich sie schon seit Stunden nicht mehr aus den Augen. Ehrlich gesagt, eine ziemlich unbequeme Position, denn unsere Fußböden sind aus hochpolierten Eichendielen, und ich habe bereits sechs Tassen Kaffee intus. Mein Blase ist so voll, dass ich spüren kann, wie sie bei jedem Herzschlag pulsiert. Wie machen Polizisten das bloß, wenn sie jemanden beschatten? Machen die, sagen wir, in eine Cola-Dose, oder gehen die ganz normal aufs Klo? Himmel, wie gerne würde ich eine kurze Pinkelpause einlegen. MUSS UNBEDINGT AUFHÖREN, ÜBER TOILETTENPAUSEN NACHZUDENKEN. Darf das Atrium nicht aus den Augen lassen.
    Moment mal, ich glaube, ich sehe was. Der Kerl aus 3F ist gerade aus seiner Wohnung gekommen - WARUM NIMMST DU NICHT DEN GOTTVERDAMMTEN MÜLLSACK MIT - und geht jetzt die Treppe runter. Krampfhaft umklammere ich das Telefon, während ich versuche, den Feldstecher ganz ruhig zu halten. Es juckt mir in den Fingern, den Notruf zu wählen. Aha! Jetzt bleibt er stehen und krallt sich die Zeitung! Dieb! Dieb! Ich lass dich so was von hochgehen, du mieser kleiner Wi… Ach, verdammt. Er hat die USA Today mitgenommen. Was zumindest beweist, dass er ein Vollidiot ist. Und ich muss noch immer aufs Klo. Aber egal, ich werde die körperlichen Unannehmlichkeiten einfach ignorieren, weil ich wild entschlossen bin, diese Geschichte bis zum bitteren Ende durchzuziehen.
    Auweia, da kommt die Tittentante aus 2C und hopst mit wogendem Busen die Treppe runter. Boing, boing, boing. Gerade hat sie sich ein Audi-Cabrio gekauft, und ihren Mercedes hat sie
auch noch. Bei der ganzen Kohle müsste man doch eigentlich annehmen, sie könnte sich einen ordentlichen Stütz-BH leisten. Sie bleibt kurz stehen und trinkt einen Schluck aus ihrer Thermos-Kaffeetasse. Oh bitte , trink das nicht. Der Gedanke an eine weitere Flüssigkeitsaufnahme ist unerträglich. Aber ich muss mich konzentrieren, wenn ich den Verbrecher dingfest machen will. Und tatsächlich, wackel, wackel, wackel, stolziert sie zielstrebig auf meine Zeitung zu und … marschiert dran vorbei. Und dann ist sie auch schon zur Tür hinaus, und ich sehe sie wegfahren. Sie ist unschuldig. Zumindest fürs Erste.
    Ein paar Minuten später höre ich durch die freiliegenden Rohrleitungen Wasserrauschen von oben und kann einfach nicht mehr an mich halten. Wie ein geölter Kugelblitz sause ich ins Badezimmer, und sofort brechen alle Dämme. Was für eine Erleichterung! Ich wasche mir die Hände, wische sie mir hastig an der Pyjamahose ab und kehre unverzüglich auf meinen Beobachtungsposten zurück, wo ich mein Fernglas nehme und …
    SIE IST WEG!
    MEINE

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