Haltlos
wirbelten den Glücksstaub auf und verteilten ihn gleichmäßig in ihrem Körper. Sie hatte sich eben ja wohl voll zum Affen gemacht – wie peinlich!
Aber eine leise Stimme in ihr murmelte: „Ja und? – ich steh auf ihn. Und immerhin ist er kein Versicherungsvertreter.“
Sie lachte leicht hysterisch.
„Was macht der mit mir???!!! So kann das doch nicht weitergehen.“
Victoria seufzte.
Gleich fing die Stochastikübung an und wenn Kerstin sie mit diesem seligen Lächeln sah, würde sie Fragen stellen. Das galt es auf alle Fälle zu vermeiden. Also klappte sie den Klodeckel herunter und setzte sich hin. Sie nahm ihre Stochastikübung aus dem Rucksack und begann, den letzten Beweis zu lesen. Mathe half eben immer bei ihr.
Heute las sie auch noch die zwei vorangehenden Beweise, bevor sie das Gefühl hatte, wieder halbwegs normal zu gucken. So lange hatte das noch nie gedauert!
Nach der Stochastikübung machten Victoria und Kerstin sich auf den Weg zur Mensa. Victoria war froh, dass sie den Ordner mit den Analysisunterlagen schon an Kerstin weitergegeben hatte – so war es doch erheblich angenehmer. Dafür musste Kerstin jetzt schleppen.
Als sie auf den Fahrstuhl zusteuerten, wurden die Schmetterlinge in ihrem Bauch wieder wach und eröffneten ein Kopfkino. Der Film, der gezeigt wurde, war gerade erst abgedreht. «Victoria und Professor Custos Portae im Fahrstuhl» hieß der Streifen und zauberte wieder dieses selige Lächeln in Victorias Gesicht, egal, ob ihr das jetzt gerade passte oder nicht. Sie konnte gar nichts dagegen tun.
Kerstin sah sie von der Seite an und meinte nur trocken: „Du hast dich aber wirklich schnell von Mark erholt!“
Victoria grinste. „Ja. Ich kann es selbst kaum glauben. Seitdem ich begriffen habe, was für ein Arsch er ist, habe ich einfach keinen Grund mehr, traurig zu sein!“
Kerstin nickte langsam. „Wenn man das so sieht, hast du sicher recht. Aber vermisst du ihn nicht manchmal?“
Victoria legte den Kopf schief und dachte kurz nach. „Hmmm, ich weiß nicht… Immer wenn ich an eine schöne Erinnerung denke, sagt eine Stimme in mir: «Alles Lüge!» Also denke ich nicht mehr an ihn. Und wenn es mich doch mal überkommt, treibe ich eine Runde Mathematik und schon ist Mark Geschichte.“
Kerstin seufzte. „Du bist wirklich zu beneiden. Bei mir hat das damals mehrere Monate gedauert, bevor ich über Jens hinweg war und wirklich vorbei war es erst, als ich Alexander kennengelernt habe.“
Als Kerstin ihre neue Liebe erwähnte, machten sich die Schmetterlinge bei Victoria wieder bemerkbar und sie musste lachen. „Ja, eine neue Liebe hilft bestimmt. Aber ich bin einfach nur froh, dass das Semester wieder angefangen hat und ich jede Menge Mathe machen kann.“
Das war nicht mal gelogen. Aber wenn es nach ihr gegangen wäre, hätte ihr Stundenplan auch nur aus Geometrievorlesungen und Geometrieübungen bestehen können.
Als sie am nächsten Morgen die Augen aufschlug, zeigte der Wecker sechs Uhr an und ihre Schmetterlinge waren schon wach. Eigentlich hatte sie Zeit, sich noch eine Runde umzudrehen, aber bei dem Geflatter in ihrem Bauch war an Schlaf nicht zu denken.
Den Geometrieübungszettel für diese Woche hatte sie schon am Montag gemacht und Stochastik und Analysis gestern. Den Algebraübungszettel würde sie erst heute bekommen, also hatte sie nichts weiter zu tun.
Sie gähnte und beschloss trotzdem schon aufzustehen. Nachdem sie sich gewaschen und angezogen hatte, machte sie Frühstück.
Auch im Nebenzimmer rumorte es. Verschlafen steckte J seinen blonden Schopf durch die Tür. „Hey Prinzessin! Du bist schon wach?“
Sie lächelte. „So sieht es aus – willst du auch einen Tee?“
Er nickte müde.
Sie lachte leise und fügte hinzu: „Und eine Portion Rührei?“
J’sBlick wurde wacher und wieder nickte er.
Nun grinste Victoria. „Mit Speck?“
Jetzt war J vollends wach. Er strahlte. „Mann Vici, du weißt, was müde Männer munter macht!“
Sie kicherte und meinte dann mehr zu sich selbst: „Und ich dachte immer, das sei Milch.“
„Nein“, sagte J mit dem Brustton der Überzeugung, „das ist eine Lüge der Milchbauern! Ei mit Speck – das bringt es voll!“
Victoria lachte und während J im Badezimmer verschwand, machte sie eine große Pfanne Rührei mit Speck.
Als J sich ein paar Minuten später zu ihr an den Frühstückstisch setzte, waren die Schmetterlinge immer noch in Aktion. „Oh Mann, bestimmt habe ich schon wieder so ein
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