Harry Potter - Gesamtausgabe
Frühstück war, doch er kam beim ersten Klopfen an seine Bürotür, in einem grünen, samtenen Morgenmantel und einer dazu passenden Nachtmütze, und mit ziemlich trübem Blick.
»Harry«, murmelte er. »Das ist sehr früh für einen Besuch … ich schlafe samstags für gewöhnlich länger …«
»Professor, es tut mir wirklich leid, Sie zu stören«, sagte Harry so leise wie möglich, während Ron sich auf die Zehenspitzen stellte und versuchte, an Slughorn vorbei in sein Zimmer zu spähen, »aber mein Freund Ron hat aus Versehen einen Liebestrank geschluckt. Wäre es möglich, dass Sie ihm ein Gegenmittel zubereiten? Ich würde ihn ja zu Madam Pomfrey bringen, aber wir dürfen nichts aus Weasleys Zauberhafte Zauberscherze haben und, Sie wissen schon … unangenehme Fragen …«
»Ich hätte gedacht, Sie könnten ihm selber einen Heiltrank zusammenmischen, Harry, ein geschickter Zaubertrankbrauer wie Sie?«, fragte Slughorn.
»Ähm«, sagte Harry, etwas abgelenkt, weil Ron ihm nun mit dem Ellbogen in die Rippen stieß und versuchte, sich gewaltsam Zutritt zu verschaffen, »also, ich hab noch nie ein Gegenmittel für einen Liebestrank gemischt, Sir, und bis ich das richtig hinbekomme, hat Ron vielleicht schon was Schlimmes angestellt –«
Es war hilfreich, dass Ron ausgerechnet in diesem Moment stöhnte: »Ich kann sie nicht sehen, Harry – versteckt er sie?«
»War dieser Trank vielleicht schon etwas älter?«, fragte Slughorn, der Ron nun mit beruflichem Interesse musterte. »Die können stärker werden, wissen Sie, je länger man sie aufhebt.«
»Das würde einiges erklären«, keuchte Harry, der sich inzwischen tatsächlich einen Ringkampf mit Ron lieferte, um ihn davon abzuhalten, Slughorn niederzuschlagen. »Er hat heute Geburtstag, Professor«, fügte er flehend hinzu.
»Oh, na gut, dann kommen Sie rein, kommen Sie«, gab Slughorn nach. »Ich hab alles Nötige hier in meiner Tasche, es ist kein schwieriges Gegenmittel …«
Ron stürmte durch die Tür in Slughorns überheiztes, vollgestopftes Büro, stolperte über einen quastenbesetzten Fußschemel, fand das Gleichgewicht wieder, indem er sich an Harrys Hals klammerte, und murmelte: »Das hat sie nicht gesehen, oder?«
»Sie ist noch nicht da«, sagte Harry und sah zu, wie Slughorn seine Zaubertranktasche öffnete und ein bisschen hiervon und davon in ein kleines Kristallfläschchen gab.
»Das ist gut«, sagte Ron fieberhaft. »Wie seh ich aus?«
»Sehr hübsch«, sagte Slughorn sanft und reichte Ron ein Glas mit klarer Flüssigkeit. »Nun trinken Sie das aus, es ist ein Tonikum für die Nerven, damit Sie ruhig bleiben, wenn sie kommt, verstehen Sie?«
»Genial«, sagte Ron begierig und stürzte das Gegenmittel geräuschvoll hinunter.
Harry und Slughorn beobachteten ihn. Einen Moment lang sah Ron sie strahlend an. Dann, ganz langsam, wurde sein Lächeln schwächer und verschwand, und an seine Stelle trat ein äußerst entsetzter Gesichtsausdruck.
»Also alles wieder in Ordnung?«, sagte Harry grinsend. Slughorn gluckste. »Vielen Dank, Professor.«
»Keine Ursache, mein Junge, keine Ursache«, sagte Slughorn, während Ron, der einen völlig zerschmetterten Eindruck machte, im nächsten Sessel zusammenbrach. »Er braucht jetzt eine kleine Stärkung«, fuhr Slughorn fort und hastete nun hinüber zu einem Tisch voller Getränke. »Ich hab Butterbier, ich hab Wein, ich hab noch eine letzte Flasche von diesem im Eichenfass gereiften Met … hmm … die wollte ich eigentlich Dumbledore zu Weihnachten schenken … Nun ja …«, er zuckte die Achseln, »… was er nicht weiß, macht ihn nicht heiß! Wir könnten sie doch jetzt öffnen und Mr Weasleys Geburtstag feiern? Nichts ist besser als ein gutes Tröpfchen, um den Schmerz enttäuschter Liebe zu vertreiben …«
Er lachte wieder glucksend und Harry stimmte ein. Das war das erste Mal, dass er mit Slughorn fast allein war, seit seinem katastrophalen ersten Versuch, ihm die wahre Erinnerung zu entlocken. Vielleicht, wenn er Slughorn nur bei Laune halten konnte … vielleicht, wenn sie sich genug von dem im Eichenfass gereiften Met genehmigten …
»Hier, bitte sehr«, sagte Slughorn und reichte Harry und Ron je ein Glas Met, ehe er sein eigenes hob. »Alsdann, auf einen glücklichen Geburtstag, Ralph –«
»– Ron –«, flüsterte Harry.
Aber Ron hatte den Trinkspruch offenbar nicht gehört, sich den Met schon in den Mund gekippt und ihn hinuntergeschluckt.
Eine Sekunde lang, kaum länger
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