Harry Potter - Gesamtausgabe
Einhorn verletzt hat – uns zuerst findet?«, fragte Malfoy, ohne dass er die Furcht aus der Stimme verbannen konnte.
»In diesem Wald ist nichts, was euch etwas zuleide tut, solange ich und Fang dabei sind«, sagte Hagrid. »Und bleibt auf’m Weg. Also dann, wir teilen uns in zwei Gruppen und folgen der Spur in verschiedene Richtungen. Hier ist überall Blut, das Tier muss sich mindestens seit gestern Nacht herumschleppen.«
Malfoy warf einen raschen Blick auf Fangs lange Zähne. »Ich will Fang.«
»Na gut, aber ich warn dich, er ist ein Feigling«, sagte Hagrid. »Also gehen Harry, Hermine und ich in die eine Richtung und Draco, Neville und Fang in die andere. Und wenn einer von uns das Einhorn findet, schicken wir grüne Funken aus, klar? Holt eure Zauberstäbe hervor und probiert das mal – sehr gut – und wenn einer in Gefahr ist, schickt rote Funken aus und wir kommen zu Hilfe – also, seid vorsichtig – und nun los.«
Der Wald war schwarz und still. Sie legten ein Stück des Wegs gemeinsam zurück und stießen dann auf eine Gabelung. Harry, Hermine und Hagrid gingen nach links, Malfoy, Neville und Fang nach rechts.
Sie gingen schweigend, die Augen auf die Erde gerichtet. Hie und da beleuchtete ein Mondstrahl einen Fleck silbrig blauen Blutes auf den herabgefallenen Blättern.
Harry bemerkte, dass Hagrid sehr besorgt aussah.
» Könnte ein Werwolf die Einhörner töten?«, fragte Harry.
»Nicht schnell genug«, sagte Hagrid. »Es ist nicht leicht, ein Einhorn zu fangen, sie sind mächtige Zaubergeschöpfe. Ich hab noch nie gehört, dass eines verletzt wurde.«
Sie kamen an einem moosbewachsenen Baumstumpf vorbei. Harry konnte Wasser plätschern hören, irgendwo in der Nähe musste ein Bach sein. An manchen Stellen entlang des gewundenen Pfades war noch Einhornblut.
»Alles in Ordnung mit dir, Hermine?«, flüsterte Hagrid. »Keine Sorge, es kann nicht weit weg sein, wenn es so schwer verletzt ist, und dann können wir – HINTER DEN BAUM !«
Hagrid packte Harry und Hermine und schubste sie vom Pfad in die Deckung einer riesigen Eiche. Er zog einen Pfeil aus dem Köcher, spannte ihn auf die Armbrust und hielt sie schussbereit in die Höhe. Die drei spitzten die Ohren. Ganz in der Nähe raschelte etwas über die toten Blätter. Es hörte sich an wie ein Mantel, der über den Boden schleifte. Hagrid spähte den dunklen Pfad hoch, doch nach einer Weile entfernte sich das Geräusch.
»Ich wusste es«, murmelte er. »Da ist etwas im Wald, was nicht hierher gehört.«
»Ein Werwolf?«, fragte Harry.
»Das war kein Werwolf und auch kein Einhorn«, sagte Hagrid grimmig. »Gut, folgt mir, aber vorsichtig jetzt.«
Sie gingen jetzt langsamer, gespannt auf das leiseste Geräusch achtend. Plötzlich, auf einer Lichtung vor ihnen, bewegte sich etwas.
»Wer da?«, rief Hagrid. »Zeig dich – ich bin bewaffnet!«
Und es erschien – war es ein Mann oder ein Pferd? Bis zur Hüfte ein Mann mit rotem Haar und Bart, doch darunter hatte er den glänzenden, kastanienbraunen Körper eines Pferdes mit langem, rötlichem Schwanz. Harry und Hermine hielten den Atem an.
»Ach, du bist es, Ronan«, sagte Hagrid erleichtert. »Wie geht’s?«
Er trat vor und schüttelte die Hand des Zentauren.
»Einen guten Abend dir, Hagrid«, sagte Ronan. Er hatte eine tiefe, melancholische Stimme. »Wolltest du gerade auf mich schießen?«
»Man kann nie vorsichtig genug sein, Ronan«, sagte Hagrid und tätschelte seine Armbrust. »Was Böses streift in diesem Wald herum. Das sind übrigens Harry Potter und Hermine Granger, Schüler vom Schloss oben. Und das, ihr beiden, ist Ronan. Er ist ein Zentaur.«
»Das haben wir schon bemerkt«, sagte Hermine matt.
»Guten Abend«, sagte Ronan. »Schüler seid ihr? Und lernt ihr viel da oben in der Schule?«
»Ähm –«
»Ein wenig«, sagte Hermine schüchtern.
»Ein wenig. Nun, das ist doch schon etwas«, seufzte Ronan. Er warf den Kopf zurück und blickte gen Himmel. »Der Mars ist hell heute Nacht.«
»Ja«, sagte Hagrid und schaute ebenfalls empor. »Hör mal, ich bin froh, dass wir dich getroffen haben, Ronan, hier ist nämlich ein Einhorn verletzt worden – hast du was gesehen?«
Ronan antwortete nicht sofort. Unverwandt blickte er gen Himmel, dann seufzte er wieder.
»Die Unschuldigen sind immer die ersten Opfer«, sagte er. »So ist es seit ewigen Zeiten, so ist es auch heute.«
»Ja«, sagte Hagrid, »aber hast du irgendwas gesehen, Ronan? Irgendwas
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