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Hasturs Erbe

Hasturs Erbe

Titel: Hasturs Erbe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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Vater?«
    »Wen sonst? Es gibt sonst niemanden, dem ich so vertraue. Du hast die Sache mit den Feuerwarntürmen ebenso gut erledigt, wie ich es getan hätte. Und dort kannst du dich auf Blutsverwandtschaft berufen. Der alte Kermiac von Aldaran ist dein Großonkel.« Ich wußte, daß ich mit den Aldaranern verwandt war, doch nicht, wie nahe diese Verwandtschaft im Clan stand. »Außerdem hast du terranisches Blut. Du kannst also hingehen und unabhängig von allen Gerüchten herausfinden, was wirklich da oben in den Bergen geschieht.«
    Ich fühlte mich zugleich geehrt und unsicher, auf diese hochkomplizierte Mission geschickt zu werden, weil ich wußte, Vater vertraute mir. Hastur hatte von der Pflicht gesprochen, den Comyn zu dienen, unserer Welt. Nun war ich bereit, meinen Platz unter denjenigen Domänen einzunehmen, die dies seit mehr Generationen so gehalten hatten, als ein jeder einzelne von uns zählen konnte. »Wann soll ich abreisen?«
    »Sobald ich eine Eskorte und Geleitschutz für dich auf die Beine gestellt habe. Wir dürfen keine Zeit verlieren«, sagte er. »Sie wissen, daß du ein Erbe der Comyn bist. Aber du bist auch mit Aldaran verwandt. Sie werden dich auf eine Art willkommen heißen, wie sie es bei mir niemals getan hätten.«
    Ich war meinem Vater dankbar, weil er mich auf diese Mission sandte, und das war ein neues Gefühl, ein gutes Gefühl. Ich merkte, daß die Dankbarkeit nicht einzig auf meiner Seite lag. Er brauchte mich dringend. Ich hatte eine Gelegenheit, ihm zu dienen, etwas besser für ihn zu erledigen, als er selber dazu in der Lage war. Ich wollte so rasch wie möglich damit beginnen.
     

 
9
     
    In dieser Jahreszeit war die Sonne bereits aufgegangen, wenn die Weckglocke in der Kaserne ertönte. Im Hof schmolzen kleine Schneehaufen zu Rinnsalen, als die Kadetten über die Pflastersteine zur Messe gingen. Regis war immer noch schläfrig trotz des eisigen Wassers, das er sich ins Gesicht gespritzt hatte. Er meinte, er würde lieber auf sein Frühstück verzichten, als zu dieser Tageszeit dafür aufzustehen. Aber er war auf seine makellosen Akten stolz; er war der einzige Kadett, dem noch nie eine Strafe aufgebrummt worden war, weil er die Weckglocke überhört und zu spät und schläfrig hereingetaumelt war. Nevarsin hatte ihm also doch gutgetan.
    Er schlüpfte auf seinen Platz zwischen Danilo und Gareth Lindir. Ein Adjutant schleppte angestoßene Tabletts vor ihnen her: dicke Steingutschalen, darin Haferschleim mit Nüssen, und schwere Krüge mit dem sauren Landbier, das Regis haßte und niemals anrührte. Angeekelt stieß er den Löffel in den Haferschleim.
    »Wird das Essen wirklich jeden Morgen schlechter, oder kommt mir das nur so vor?« fragte Damon MacAnndra.
    »Es wird schlechter«, antwortete Danilo. »Wer könnte sich auch in einer solchen gottverlassenen frühen Stunde etwas anderes ausdenken? Was ist das denn?«
    An der Tür gab es eine Bewegung. Regis Kopf zuckte hoch. Nach einem kurzen Kampf wurde ein Kadett auf die Füße geschleudert und taumelte durch den Raum, donnerte mit dem Kopf auf einen Tisch und blieb liegen. Dyan Ardais stand im Eingang und wartete, daß sich der Unglückliche erhob. Als er sich nicht rührte, wies er einen der Helfer an, ihn aufzuheben.
    Damon sagte: »Zandrus Hölle, es ist Julian!« Er stand von seinem Platz auf und eilte an die Seite seines Freundes. Dyan stand mit grimmiger Miene über ihm.
    »Zurück auf deinen Platz, Kadett. Beende dein Essen!«
    »Er ist mein Freund. Ich will nachsehen, ob er verletzt ist.« Damon ignorierte Dyans starren Blick und kniete sich neben den gestürzten Kadetten. Die anderen Kadetten, die die Hälse reckten, konnten dort einen leuchtenden Blutfleck sehen, wo Julians Kopf auf den Tisch aufgeschlagen war. »Er blutet! Ihr habt ihn umgebracht!« sagte Damon mit schriller Stimme.
    »Unsinn!« schnappte Dyan. »Tote bluten nicht so!« Er kniete nieder, glitt mit den Fingerspitzen über den Kopf des Jungen und winkte zwei Kadetten des dritten Jahrgangs herbei. »Bringt ihn ins Stabsbüro und holt Meister Raimon, damit er nach ihm sieht.«
    Als man Julian heraustrug, murmelte Gabriel Vyandal über den Tisch hinweg: »Es ist nicht fair, uns zu einer so frühen Stunde zu kontrollieren, wenn wir noch halb schlafen.« Es war so still in der Messe, daß man ihn gut hören konnte. Dyan schritt durch den Raum, sah ihn mit gekräuselten Lippen an. »Das ist die Zeit, in der ihr am meisten auf der Hut sein müßt, Kadett.

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