Hauffs Maerchen - Gesamtausgabe
willst Leibzwerg werden beim Herzog; ist es nicht also?”
“Nein, Herr!” antwortete der Zwerg; “Ich bin ein geschickter Koch und erfahren in allerlei seltenen Speisen; wollet mich zum Oberküchenmeister bringen; vielleicht kann er meine Kunst brauchen.”
“Jeder nach seinem Willen, kleiner Mann; übrigens bist du doch ein unbesonnener Junge. In die Küche! Als Leibzwerg hättest du keine Arbeit gehabt und Essen und Trinken nach Herzenslust und schöne Kleider. Doch, wir wollen sehen. Deine Kunst wird schwerlich so weit reichen, als ein Mundkoch des Herrn nötig hat, und zum Küchenjungen bist du zu gut.” Bei diesen Worten nahm ihn der Aufseher des Palastes bei der Hand und führte ihn in die Gemächer des Oberküchenmeisters.
“Gnädiger Herr!” sprach dort der Zwerg und verbeugte sich so tief, daß er mit der Nase den Fußteppich berührte, “brauchet Ihr keinen geschickten Koch?”
Der Oberküchenmeister betrachtete ihn vom Kopf bis zu den Füßen, brach dann in lautes Lachen aus und sprach: “Wie?” rief er, “du ein Koch? Meinst du, unsere Herde seien so niedrig, daß du nur auf einen hinaufschauen kannst, wenn du dich auf die Zehen stellst und den Kopf recht aus den Schultern herausarbeitest? O, lieber Kleiner! wer dich zu mir geschickt hat, um dich als Koch zu verdingen, der hat dich zum Narren gehabt.” So sprach der Oberküchenmeister und lachte weidlich, und mit ihm lachte der Aufseher des Palastes und alle Diener, die im Zimmer waren.
Der Zwerg aber ließ sich nicht aus der Fassung bringen. “Was liegt an einem Ei oder zweien, an ein wenig Syrup und Wein, an Mehl und Gewürze in einem Hause, wo man dessen genug hat?” sprach er. “Gebet mir irgend eine leckerhafte Speise zu bereiten auf, schaffet mir, was ich dazu brauche, und sie soll vor Euren Augen schnell bereitet sein, und Ihr sollet sagen müssen: er ist ein Koch nach Regel und Recht.” Solche und ähnliche Reden führte der Kleine, und es war wunderlich anzuschauen, wie es dabei aus seinen kleinen Äuglein hervorblitzte, wie seine lange Nase sich hin und her schlängelte und seine dünnen Spinnenfinger seine Rede begleiteten. “Wohlan!” rief der Küchenmeister und nahm den Aufseher des Palastes unter dem Arme. “Wohlan, es sei um des Spaßes willen, lasset uns zur Küche gehen!” Sie gingen durch mehrere Säle und Gänge und kamen endlich in die Küche. Es war dies ein großes, weitläufiges Gebäude, herrlich eingerichtet; auf zwanzig Herden brannten beständig Feuer, ein klares Wasser, das zugleich zum Fischbehälter diente, floß mitten durch sie, in Schränken von Marmor und köstlichem Holz waren die Vorräte aufgestellt, die man immer zur Hand haben mußte, und zur Rechten und Linken waren zehen Säle, in welchen alles aufgespeichert war, was man in allen Ländern von Frankistan und selbst im Morgenlande Köstliches und Leckeres für den Gaumen erfunden. Küchenbedienten aller Art liefen umher und rasselten und hantierten mit Kesseln und Pfannen, mit Gabeln und Schaumlöffeln; als aber der Oberküchenmeister in die Küche eintrat, blieben sie alle regungslos stehen, und nur das Feuer hörte man noch knistern und das Bächlein rieseln.
“Was hat der Herr heute zum Frühstück befohlen?” fragte der Meister den ersten Frühstückmacher, einen alten Koch.
“Herr, die dänische Suppe hat er geruht zu befehlen und rote Hamburger Klößchen.”
“Gut”, sprach der Küchenmeister weiter, “hast du gehört, was der Herr speisen will? Getraust du dich, diese schwierigen Speisen zu bereiten? Die Klößchen bringst du auf keinen Fall heraus, das ist ein Geheimnis.”
“Nichts leichter als dies”, erwiderte zu allgemeinem Erstaunen der Zwerg; denn er hatte diese Speisen als Eichhörnchen oft gemacht; “nichts leichter! Man gebe mir zu der Suppe die und die Kräuter, dies und jenes Gewürz, Fett von einem wilden Schwein, Wurzeln und Eier; zu den Klößchen aber”, sprach er leiser, daß es nur der Küchenmeister und der Frühstückmacher hören konnten, “zu den Klößchen brauche ich viererlei Fleisch, etwas Wein, Entenschmalz, Ingwer und ein gewisses Kraut, das man Magentrost heißt.”
“Ha! Bei St. Benedikt! Bei welchem Zauberer hast du gelernt?” rief der Koch mit Staunen. “Alles bis auf ein Haar hat er gesagt, und das Kräutlein Magentrost haben wir selbst nicht gewußt; ja, das muß es noch angenehmer machen. O du Wunder von einem Koch!”
“Das hätte ich nicht gedacht”, sagte der
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