Haus des Grauens
passt ab sofort immer gut auf, wer hinter euch steht“, fügte er noch hinzu und verließ den Speisesaal.
Saffy drehte sich zu Jasper und Felix um. „Das war’s dann wohl. Mir reicht’s! Frei durch die Gegend laufende Monster und Lehrer, die Gedankenkontrolle anwenden? Nichts wie weg von hier!“
Jasper betrachtete Saffy. Offensichtlich meinte sie es ernst. „Hast du schon einen Plan oder hat Houdini einen Zaubertrick drauf?“
„Kommt Zeit, kommt Rat“, antwortete sie.
Saffy zeigte mit dem Finger auf die Karte, die ausgebreitet vor ihnen auf dem staubigen Fußboden lag. „Hier hat man zwar auf der einen Seite des Zaunes kaum Möglichkeiten, sich zu verbergen, dafür aber den dichten Wald auf der anderen, wenn man es erst mal dadrüber geschafft hat. Und wenn wir aus dem Schulgelände draußen sind, wird es viel schwieriger, uns zu verfolgen.“
Beeindruckt sah sich Jasper Saffys Karte an. Für ihren Fluchtplan hatte sie alle Stellen angezeichnet, die er auch schon dafür in Betracht gezogen hatte. „Genial!“, sagte er.
Saffy grinste. „Mein ganzes Leben lang waren meine Eltern mehr daran interessiert, möglichstviel Geld zu verdienen, als an mir. Sie waren ununterbrochen auf Geschäftsreisen und schoben mich in Internate ab. Also betrachtete ich das Ganze als Herausforderung. Egal in welches Internat mich meine Eltern stopften – ich riss aus. Vertraut mir, wir schaffen das.“
„Mensch, hört doch auf“, murmelte Felix nervös. „Das könnt ihr doch nicht ernst meinen. Glaubt ihr denn nicht, dass das ein bisschen – riskant ist?“
Jasper stieß ihm den Ellbogen in die Seite. „Hey, stell dir doch nur mal vor, was deine Brüder wohl sagen, falls wir das hier durchziehen.“
„Falls? Du meinst wenn “, verbesserte ihn Saffy. „Es ist nur noch eine Frage der Zeit.“
Felix schien nicht überzeugt zu sein. „Und außerdem – zu Hause machen die mir ja doch nur das Leben zur Hölle.“
„Ach hör auf“, sagte Jasper. „Die können doch nicht schlimmer sein als die Schlägertruppe, die Monster und Stenka.“
„Da hast du allerdings auch wieder recht“, sagte Felix. „Aber ich kann immer noch nicht ganz glauben, dass ihr das alles ernst meint!“
Saffy starrte ihn nur stumm an.
Jasper fragte sich, was seine Mutter wohl von einer Flucht halten würde. Wäre ihre Freude größer oder ihre Enttäuschung? Er musste daran denken, wie sie in der Nacht vor seiner Abreise geweint hatte und ihn beim Abschied angefleht hatte, ja vorsichtig zu sein. Jedenfalls könnte er ihr zu Hause eine größere Hilfe sein statt als Gartenzwerg in der Statuensammlung von Monstrum House. Nein, er würde nicht hierbleiben, um gemonstert zu werden.
„Je früher, desto besser“, sagte Jasper zu Saffy.
„Das einzige Problem ist die Videoüberwachungsanlage“, murmelte Saffy, mehr zu sich selbst als zu den Jungs.
Jasper musste laut lachen. „In Monstrum House? Wir leben hier ja wohl wie im finsteren Mittelalter!Ich bezweifle sogar, dass die überhaupt wissen, was Fernsehen ist, von Überwachungskameras ganz zu schweigen.“
Saffy war sich da gar nicht so sicher, aber in den Ecken hatten sie wirklich noch keine Kameras gesehen, höchstens Spinnweben.
„Und einer von euch muss zum Knacken der Schlösser eine große Zange oder so was Ähnliches organisieren“, befahl sie. „Die Tore sind bestimmt verriegelt.“
Saffy sah jetzt ganz entschlossen und begeistert aus. Jasper hätte sie gerne ein bisschen aufgezogen, ließ es aber lieber bleiben. Mädchen können unberechenbar sein.
„Ich kümmere mich darum“, sagte er, „und um die Schlagsahne.“
Felix und Saffy schauten ihn beide mit großen Augen an.
„Nur für den Fall des Falles“, fügte er hinzu.
Felix griff wieder nach seinem Asthmaspray.
„Nur keine Sorge, wir werden die Schlagsahne schon nicht brauchen“, beruhigte Jasper ihn.
„O. k. Felix, du überlegst dir ein gutes Ablenkungsmanöver für die Aufsichtsschüler“, beauftragte Saffy ihn.
Felix war zu sehr mit seinem Spray beschäftigt, um antworten zu können.
„Wir sehen uns dann um Mitternacht. An Lichtmast vier.“ Und schon hatte Saffy die Karte sorgfältig zusammengefaltet und war verschwunden.
Den ganzen Nachmittag über war Jasper von ihren Plänen ganz begeistert. Er dachte daran, wie Stenka bei der Vorstellung, dass jemand aus der Schule abhauen könnte, nur höhnisch gegrinst hatte. Sie würden es ihr schon zeigen. Und zwar noch heute Nacht.
Mit einem
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