Haus des Grauens
darauf ein, aber Stenkas Blick verriet ihm, dass er sie besser nicht laut aussprechen sollte.
„Immerhin“, fuhr Stenka in etwas wärmerem Ton fort, „freut es mich, dass unser Plan geklappt hat. Ihr habt den Wobbelformer tatsächlich ausfindig gemacht, entlarvt und sogar noch gefangen. Bei der Festlegung eures Strafmaßes werden wir das wohl mit in Betracht ziehen müssen.“
Jasper unterdrückte ein Stöhnen. Aber er musste die Frage einfach stellen: „Was meinen Sie mit unser Plan ?“ So langsam bekam er das dumme Gefühl, dass man ihn, Felix und Saffy nur zu etwas benutzt hatte.
Stenka lächelte wissend. „Nachdem unsere Versuche, den Wobbelformer zu fangen, beim letzten Mal so kläglich gescheitert sind, wurde uns klar, dass wir nur dann Erfolg haben würden, wenn wir seine potenziellen Opfer als Köder benutzen. Nur die Opfer, auf die es das Monster abgesehen hatte, konnten ihm nahe genug kommen. Und da kommt ihr ins Spiel.“ Sie sah eindeutig hochzufrieden mit sich aus. „Allerdings hatten wir nicht erwartet, dass euch Erstklässlern auch gleich der Fang gelingen würde. Ihr solltet nur die Botschaft überbringen.“
Jasper hatte Mühe mitzukommen.
Stenka kostete Jaspers Verwirrung sichtlich aus.„Warum, glaubst du wohl, hat dich Direktor Lord Strasser gebeten, mir den Zettel zu bringen?“, fragte Stenka.
Diesmal gelang es Jasper nicht, den schuldbewussten Ausdruck auf seinem Gesicht zu verbergen. Die wussten genau, dass ich den Zettel lesen w ürde , dachte er. Nein, schlimmer noch – die hatten das so geplant .
„Zu ihrem Schutz wurden alle älteren Schüler mit Kugelschreibern ausgerüstet, die auf Druck Schlagsahne verspritzen können. Aber du hast offensichtlich deine eigene Quelle gefunden – den Privatvorrat des Direktors für seinen sonntäglichen Apfelstrudel.“
Jasper blickte auf die leere Dose vor ihm im Schnee. Autsch!
„Und jetzt, falls du nichts dagegen hast, halt das doch mal“, sagte Stenka, packte den Rüssel des Wobbelformers und gab ihn Jasper. Er konnte ein leichtes Zittern nicht unterdrücken und hielt den Rüssel möglichst weit von sich weg. Dann holte Stenka eine Pinzette aus der Tasche. Sie beugte sich über das Monster und zupfte ihm das einzelne rosa Haar aus.
Laut trompetete der Wobbelformer seinen Protest in die Nacht hinaus. Jasper hatte erwartet,dass er sich jetzt aufblähen oder schrumpfen würde, er saß aber nur still da und sah unglücklich aus. „Tut ihm das weh?“, fragte er.
„Nicht wirklich“, antwortete Stenka. „Er kann jetzt so lange nicht mehr seine Gestalt wechseln, bis das Haar nachgewachsen ist. Im Moment ist er also harmlos, zumindest eine Zeit lang. Ich werde mich um seine, äh, Entsorgung kümmern. Und jetzt zu deinen törichten Freunden“, sagte sie und wandte sich mit einem plötzlichen Lächeln Saffy und Felix zu. „Ich will es mal so ausdrücken: Entmorpht zu werden ist eine Erfahrung, die sie noch lange in ihren Albträumen verfolgen wird.“
Dann holte Stenka eine kleine Glasflasche mit einer durchsichtigen Flüssigkeit aus der Tasche und steckte das Haar hinein. Die Flüssigkeit begann sofort zu blubbern und rosa Blasen stiegen an die Oberfläche. „Man braucht gar nicht viel ...“ Vorsichtig goss Stenka nur jeweils einen einzigen Tropfen auf die Köpfe von Felix und Saffy.
Voller Entsetzen verfolgte Jasper mit, wie die Statuen zu schmelzen begannen. Die Gesichter seiner Freunde tropften auf ihre Brust hinunter, dann begann der ganze Körper zu blubbern und Blasen zu werfen wie schmelzender Käse. Schließlich lagen nur noch zwei Hautklumpen im Schnee.
Als Statuen ging es denen wahrscheinlich besser , dachte Jasper.
Dann nahmen die Klumpen wieder Gestalt an. Es sah aus, als würden unsichtbare Hände Saffy und Felix aus Knete formen. Erst wuchsen in den Hautklumpen Knochen, dann pochende Herzen, Muskeln, Augenbälle, Haare. Jasper musste sich abwenden. Er konnte gar nicht daran denken, wie weh das tun musste.
„Also – ist doch besser so, oder?“, sagte Stenka zu Felix und Saffy, als die Rückverwandlung abgeschlossen war.
„Urrrg“, konnte Felix nur röcheln.
Auch Saffy musste erstmal durchatmen.
Stenka schnippte mit den Fingern. Sofort tauchten zwei Aufsichtsschüler mit ausdruckslosen Gesichtern aus dem Dunkel auf. „Die zwei hier – ab mit ihnen ins Krankenhaus“, ordnete sie an. Die Jungs nickten nur und führten Felix und Saffy in Richtung Schloss ab.
„Wenigstens seid ihr keine Statuen
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