Heidi
Händen nicht besonders geschickt.“
„Dann muss der Großvater es eben tun“, entgegnete Heidi bestimmt. „Der hat geschickte Hände.“ Sie verabschiedete sich und brach sofort auf.
Inzwischen hatte es auch noch zu schneien begonnen. Der Himmel lag dunkel über dem Berg und Heidi konnte kaum eine Hand vor Augen sehen.
Zum Glück kam der Großvater mit dem Schlitten angebraust. Er wickelte Heidi in eine Decke und zog sie zur Alm hinauf.
„Morgen musst du
dein Werkzeug einpacken
und die Hütte von der Großmutter
wieder herrichten“, sagte Heidi.
Doch der Öhi schüttelte den Kopf.
„Das ist keine Arbeit für den Winter“,
brummte er nur.
Ein Überraschungsgast
Ungeduldig wartete Heidi darauf, dass der Winter endlich vorbeiging. Als die Bäume Knospen trieben und die Vögel zu singen begannen, verstaute sie ihre Wintersachen im Schrank und lag dem Großvater täglich in den Ohren, er möge doch bitte die Hütte der Großmutter reparieren. Aber der Öhi fand immer eine Ausrede. Zuerst musste der Stall ausgemistet, dann die Betten und Kleider gelüftet und ein anderes Mal der Boden in der Hütte geschrubbt werden. Eines Morgens war Heidi fest entschlossen, dem Großvater keine neue Ausflucht durchgehen zu lassen. Sie sprang aus ihrem Heubett und wollte gerade die Leiter hinunterklettern, da hörte sie, dass der Almöhi mit jemandem sprach. „Hab ich dir nicht gesagt, dass du dich hier nie wieder blicken lassen sollst!“, knurrte er. „Aber es geht um die Heidi“, erwiderte eine Frauenstimme. „Ein Bekannter meiner Herrschaft in Frankfurt sucht eine Spielgefährtin für seine kranke Tochter. Ein rechtes Naturkind soll sie sein.“
Heidi erkannte die Stimme sofort.
Dete war zu Besuch gekommen!
Schnell stieg sie in die Stube hinunter
und rannte nach draußen.
„Die Familie Sesemann ist außerordentlich wohlhabend“, erklärte Dete gerade. „Heidi wird es dort sehr gut haben. Sie wird von einem Privatlehrer unterrichtet werden und bekommt alles, was sie sich wünscht.“ „Auch weiche weiße Brötchen?“, platzte Heidi heraus. „Natürlich“, erwiderte Dete. „So viele du magst.“
„Fein“, sagte Heidi und lächelte.
Sie flitzte in die Hütte zurück
und suchte ihre Sachen zusammen.
Dann fasste sie Dete bei der Hand.
„Komm schnell!“, rief sie ungeduldig. „Wir müssen uns beeilen, damit wir bis zum Abend zurück sind und die Großmutter ihre Brötchen bekommt.“
„Das werden wir wohl kaum schaffen“, erwiderte Dete. „Außerdem gefällt es dir in Frankfurt vielleicht ja so gut, dass du länger bleiben willst.“
„Und wenn es mir nicht gefällt?“, fragte Heidi. „Kann ich dann morgen wieder zum Großvater zurück?“ Sie sah zum Almöhi hinüber, der mit verschränkten Armen und finsterem Blick neben der Tür stand. „Morgen wohl nicht, aber in einer Woche“, sagte Dete.
Heidi überlegte.
„Nun mach schon!“, fuhr der Öhi Dete an.
„Nimm das Kind und verdirb es!“
Er wandte sich ab
und verschwand in der Hütte.
„O je“, sagte Heidi erschrocken.
„Jetzt ist der Großvater böse.“
„Mach dir keine Sorgen, er kriegt sich schon wieder ein“, redete Dete Heidi gut zu und zog sie energisch zum Pfad, der ins Dörfli hinunterführte. „Besser, wir lassen ihn jetzt in Ruhe und sehen zu, dass wir die frühe Kutsche nach Meinfeld noch erwischen. Je schneller wir in Frankfurt sind, desto schneller kannst du auch wieder zurück.“
Das ließ Heidi sich nicht zweimal sagen. Sie löste sich aus Detes Griff und rannte flugs voraus. Als sie an der Hütte der Großmutter vorbeikamen, stand dort der Peter vor der Tür.
Heidi winkte ihm zu.
„Ich fahre nach Frankfurt
und hole weiche weiße Brötchen
für die Großmutter!“, rief sie fröhlich.
Der Peter machte
ein erschrockenes Gesicht.
„Mutter!“, rief er.
„Die fremde Dame holt die Heidi fort!“
„Aber nein!“, rief Heidi zurück. „Ich komme bestimmt bald wieder!“
Nach einiger Zeit erreichten sie das Dörfli und wenig später saßen sie bereits im Zug nach Frankfurt. Die ganze Fahrt über sah Heidi aus dem Fenster und staunte über die vielen prächtigen Häuser, die spitzen Dächer und die hohen Kirchtürme. Vor dem Frankfurter Bahnhof wartete ebenfalls eine Kutsche auf sie, die jedoch viel größer und schmuckvoller war als die
in Meinfeld und gleich von zwei weißen Schimmeln gezogen wurde.
Gegen Abend erreichten sie dann endlich das Haus der Familie Sesemann. Ein
Weitere Kostenlose Bücher