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Heimkehr zu den Dakota

Heimkehr zu den Dakota

Titel: Heimkehr zu den Dakota Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
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getäuscht habe. Der Indianer erwiderte den Gruß des Weißen mit gemessener Höflichkeit; er vermied das Wort’ »Bruder«. Red Fox ging weg, offensichtlich erleichtert, und setzte sich zu seinem anderen Bekannten an den ersten Tisch bei den Kartenspielern. Dort wurde er mit großem Hallo empfangen. Dem alten Indianer klopfte er auf die Schulter und rief ihn an. »Top! He! Top!« Aber der Betrunkene achtete nicht auf den Anruf. Er stierte auf die Karten, die wieder und immer wieder zugunsten des kleinen schmierigen Kerls entschieden, der den Indianer schon den ganzen Abend betrog.
    Adams sah noch einmal auf Harry, der den Branntwein ausgeschüttet hatte wie schmutziges Wasser, und auf den Betrunkenen, der der Vater dieses jungen Kriegers war. Wie stand es mit diesen beiden? Konnte es zwischen ihnen gut gehen?
    Als der junge Farmersohn das eben dachte, schwoll der Lärm bei den Kartenspielern an, und Adams verstand, daß Top keine Dollars mehr besaß, um seine Spielschulden zu bezahlen. Der schmierige Josef, der gewonnen hatte, schrie und verlangte sein Geld oder das Pferd und die Büchse des Alten. Aber zu diesem Ausgleich konnte sich Top nicht verstehen, und vor Zorn goß der Kleine ihm den Branntwein ins Gesicht. Der grauhaarige Indianer saß stumm da. Er schien seine Spielschulden tatsächlich als Ehrenschulden anzuerkennen. Endlich gab er sich einen Ruck und winkte zu seinem Sohn hinüber, der neben Adams auf der Wandbank saß. Harry stand auf, ohne Eile, aber auch ohne zu zögern, ging auf seinen Vater zu und legte Münzen auf den Tisch. Ohne ein Wort, zu sagen, wandte er sich dann ab und verließ das Blockhaus. Leise zog er die schwere Tür hinter sich zu. Aber am Tisch erhob sich schon wieder Lärm. Der schmierige Josef hatte die Dollars in seine Tasche eingestrichen. Jetzt holte er statt der Karten die Würfel hervor. Top grölte und trank, zog einen Beutel aus dem Gürtel und setzte ihn zum Pfand, daß er weiterspielen konnte.
    Adams war erregt. Sein Blick heftete sich auf diesen Beutel. Ließen die anderen Spieler das Pfand im Sack gelten, ohne es zu prüfen? Nein, der schmierige Josef öffnete, spitzte hinein, und Adams beobachtete genau, wie er ein Körnchen herausstahl und bei sich verschwinden ließ. Ein Goldkorn! Einen Beutel Goldkörner hatte Top zum Pfand gesetzt! Er kannte also Goldlager … Adams fieberte.
    Als der Wirt sich in diesem Augenblick wieder neben den Farmersohn setzte, fand er ihn gesprächsbereit. »Top soll uns also führen, hast du gesagt?«
    Ben grinste. »Ich denke. Aber das eine sage ich euch: Nehmt euch vor Harry in acht. Nehmt euch in acht! Er schießt auf euch, und ich möchte nicht der sein, der ihm in den Wäldern der Schwarzen Hügel begegnet. Es hängen dort schon ein paar an den Bäumen, Männer, die ich hier beim Brandy einmal gesehen, aber nie wiedergesehen habe.«
    »Harrys Vater Top führt uns.«
    »Du bist grün; grüne Jungen nehmen keinen Rat an. Macht, was ihr wollt. Es muß jeder wissen, was er tut, und jeder kann sein eigenes Fell verkaufen. Ich habe gesprochen, hau!« Mit dieser Redewendung, mit der er die Indianer nachäffen wollte, stand Ben auf und ging wieder zu den Spielern.
    Adams blieb erregt und nachdenklich zurück. Es litt ihn nicht mehr in dem Pfeifenqualm und Branntweingestank. Er lief hinaus in die frische Nachtluft, sah nach seinem Pferd, das friedlich in der Koppel weidete, und ging dann ein Stück am Fluß entlang. Auf dem Rückweg bemerkte er auf einmal Harry. Der Schatten des hochgewachsenen, schlanken Indianers stand schwarz und unbeweglich gegen den flimmernden Sternenhimmel. Adams ging in seiner Nähe vorbei und nahm wahr, daß der Indianer sich auch vom Flecke löste und hinter ihm herkam. Harry hatte den weichen, weit ausgreifenden Gang, der kaum zu hören war und den ein Weißer in seinen schweren Schuhen nie nachzuahmen vermochte. Der Indianer holte Adams ein, und als der junge Bursche die Tür zum Blockhaus öffnete, stand der Dakota unmittelbar hinter ihm und konnte gleichzeitig in den Innenraum hineinschauen.
    Adams fuhr zusammen.
    In dem von Fackeln beleuchteten Blockhaus herrschte Totenstille. Die Spieler standen alle um einen Tisch herum, und die anderen Gäste drängten herzu. Der Mittelpunkt der schweigenden Erregung war Mattotaupa. Auch er war aufgestanden. Seine riesige Gestalt war etwas vornübergeneigt, seine Rechte hatte in den Beutel gefaßt, und unter den gierigen Blicken seiner betrunkenen Spießgesellen zog er zwei

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