Hello Kitty muss sterben
ficken gehen oder sich selbst lecken. Sie hat keine Augenbrauen, also kann sie nicht wütend schauen. Sie kann einem noch nicht einmal die Augen auskratzen. Bloß krallenlos, zahnlos, stumm, mit dieser ruhigen, ausdruckslosen Miene und einer rosafarbenen Schleife obendrauf.
Arme Hello Kitty. Muss voller Juckreiz, ungeleckt, ungekratzt herumlaufen. Gepeinigt von ihrem eigenen Dreck.
Wie meine Mutter.
Nach beinahe dreißigjähriger Ehe mit meinem Vater bittet sie ihn immer noch um Geld, um sich Billigschuhe bei Payless zu kaufen. Und Lebensmittel, Discount-Klamotten, Maybelline Make-up.
Das ist ein weiterer Grund, weshalb ich Anwältin geworden bin anstatt Hausfrau. Amerikanische Anwältin. Ich wollte meine Jimmy Choos selbst mit Visa, Mastercard, American Express bezahlen können. Ohne gehe ich nie aus dem Haus. Danke, Karl Malden.
Damit ich jeden, der versuchte, mir eine dämliche Schleife hinters Ohr zu stecken, zur Hölle schicken konnte. Aber es hat nicht funktioniert. Das sechsstellige Gehalt, der Dr. jur., die Eileen-Fisher-Armani-Calvin-Klein-Garderobe haben mich nicht aus dem Gefängnis von Tradition, Kultur und Familie befreit.
Denn es geht um Familie. Meine Familie. Und man kehrt Liebe und Familie nicht den Rücken zu. Ein Dr. jur. ändert nichts daran. So ist das nun mal im Leben.
Also wurde ich eine amerikanische Anwältin, die ständig Jacks Schuhabdrücke auf dem Rücken hatte. Eine amerikanische Anwältin, von der erwartet wird, dass sie nach einer Achtzig-Stunden-Woche am Wochenende im Waschsalon ihrer Eltern aushilft. Eine amerikanische Anwältin, die immer noch bei ihren Eltern wohnt.
Die Eltern vieler meiner chinesischen Freunde arbeiteten in einem Waschsalon oder besaßen ein oder zwei davon irgendwo in der Stadt. Ihre Sprösslinge meckerten und klagten einmütig darüber, dass sie aushelfen mussten.
Ich nicht.
Ich genoss meine Stunden im Waschsalon. Der Waschsalon ermöglichte es mir, hinter dem Ladentisch persönlich für den Ruin von mindestens drei chinesischen Ehen zu sorgen.
»Es tut mir ja so leid, Mrs Fung. Ihre Kleidung ist noch nicht fertig. Wir haben Probleme, diesen kirschroten Lippenstiftfleck aus dem Hemd ihres Ehemanns zu entfernen.«
Ungeschminkt und völlig au naturel stand Mrs Fung da. Mrs Fung, die keinerlei kirschroten Lippenstift besaß.
»Geben Sie mir einfach seine Hemden«, sagte sie mit eiserner Miene.
Okay.
»Oh, Mrs Wong, das hier ist aus dem Blazer gefallen. Bitte schön.«
Es war ein Zettel, auf dem in riesiger Schnörkelschrift und mit einem knallroten Lippenstiftkuss versehen »Viel Spaß in der Arbeit, Schatz« geschrieben stand.
»Danke, Fiona. Du bist so ein braves Mädchen.«
»O nein, ich tu nur so.«
Ich gebe mir redlich Mühe.
»Ihr Mann hat die hier gestern vorbeigebracht. Bloß zu Ihrer Information, Mrs Lim, normalerweise reinigen wir keine Dessous. Zu empfindlich«, sagte ich und hielt ein seidenes Negligé von La Perla hoch, das ich aus dem Stapel einer anderen Kundin gezogen hatte.
Mrs Lim starrte das schwarze Etwas an, das ich vor ihrer Nase baumeln ließ. Ihr Mund war zu einer schmalen Linie zusammengepresst. Ihre Miene wurde ausdruckslos.
»Danke, dass Sie es mir gesagt haben.«
Gern geschehen.
Es war höchste Zeit, dass Hello Kitty einen Mund bekam.
Ich machte das nicht mit jedem Ehepaar. Nur mit denjenigen, die meiner Meinung nach sowieso kurz vor der Scheidung standen.
In meiner Nachbarschaft schienen sich nur Weiße scheiden zu lassen.
Doch ich half den Lims, den Wongs und den Fungs dabei, dies zu ändern.
Chinesische Eltern schrien, brüllten und drohten einander mit der Scheidung, bloß um dann zur täglichen Routine zurückzukehren, zu kochen und zu putzen und die Kinder von der Schule abzuholen. Ein Jahrzehnt nach dem anderen klammerten sie sich aneinander, stritten, zankten sich und aßen gemeinsam zu Abend.
Leere Drohungen sorgten für gute, stabile Ehen.
Vielleicht half es auch, wenn man das eigene Jungfernhäutchen aufsparte, sodass ihm der eigene Ehemann in der Hochzeitsnacht den Garaus machen konnte.
Leider konnte ich diese kostbare Gabe nicht darbringen.
$ 2500 und die Fähigkeiten von Dr. Sean Killroy, »hochqualifiziert in Hymenalchirurgie«, würden es mir ermöglichen, den einen Mann an mich zu binden. Ein Jahrzehnt nach dem anderen.
Zwei Wochen.
Einhundertsiebzig abgerechnete Stunden.
Tausende frisch gewaschene Kleidungsstücke.
Ein Ehestreit wegen einer sorgfältig in einer Hosentasche platzierten
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