Henningstadt
irri tiert Henning, dann Steffen an.
«Es gibt einen Pärchentarif, Liebling», säuselt Henning.
«Ja.» Steffen räuspert sich unhörbar und unterdrückt ein Grinsen. «Den Pärchentarif, bitte.»
«Für Sie beide?», fragt die Frau.
«Ja, Frau, äh», Steffen entziffert das Schild an ihrem Busen, «Frau Stötzel.»
«Sie sind kein Pärchen», sagt Frau Stötzel.
«Doch, natürlich!», sagt Henning freundlich.
Frau Stötzel sagt gar nichts.
«Wir leben schon seit Jahren zusammen», schiebt Hen ning nach.
Frau Stötzel muss einen Moment nachdenken. «Zwei Männer sind kein Pärchen», sagt sie dann. «Tut mir Leid!»
«Ja, aber wir sind ein Pärchen, Frau Stötzel», sagt Stef fen.
«Was ist denn da los?», fragt es hinter ihnen. Jemand ist offensichtlich ungeduldig.
«Wir sind ein Paar, aber die Frau will uns den Pär chen tarif nicht geben», informiert Henning den Herrn hinter ihnen. «Komisch, was? Dabei sagen unsere Freunde, wir sehen uns inzwischen sogar ähnlich —»
«Was sagen Sie denn dazu?», fragt Steffen den Herrn. «Das ist doch unerhört, was? Sagen Sie doch auch mal was!»
«Unsinn!», sagt der Herr.
«Also tut mir Leid», fängt Frau Stötzel wieder an. «Sie sind kein Paar und Sie halten den Verkehr auf.» Sie tippt in ihre Kasse. «44 Mark, bitte.»
«Holen Sie den Geschäftsführer!», sagt Steffen. Er hat die Stimme gesenkt und sieht ihr in die Augen.
«Der ist nicht da.»
«Dann holen Sie ihn!»
«Der ist nicht da.»
«Hören Sie! Ich will heute noch in die Sauna!», sagt der Typ hinter ihnen. «Und die anderen auch.» Inzwischen hat sich eine kleine Schlange gebildet. Frau Stötzel tele fo niert.
«Tut mir Leid!», sagt Steffen kühl. «Das wollen wir auch.»
Ein Bademeister kommt. «Die beiden Herren hier wol len den Pärchentarif.»
«Was?», lacht der Bademeister. Ein dicker Fünfzig jäh ri ger. Er blickt zu den beiden.
«Meine Herren, das geht nicht.»
«Hab ich auch gesagt», sagt Frau Stötzel.
«Aber wir sind ein Paar!», sagt Steffen.
«Auf Ihrem Preisaushang steht nicht, dass der Pär chen tarif nur für Männer und Frauen gilt!», sagt Henning.
Der Bademeister und die Stötzel sehen sich verdutzt an.
«Das ist doch selbstverständlich!», sagt der Bademeis ter.
«Nein», sagt Steffen. «Das ist es überhaupt nicht! Wo leben wir denn?»
«Wollen Sie rein oder nicht? Pärchentarif geht nicht. Tut uns Leid!» Das klang jetzt sehr bestimmt. Die Leute hinter ihnen drängeln. Steffen hat keine Lust, sich wirk lich mit den Leuten anzulegen.
«Willst du trotzdem?», fragt Steffen Henning.
Henning nickt.
«Wir werden uns beschweren!», sagt Steffen erhaben.
«44 Mark», antwortet Frau Stötzel.
«Bitte tun Sie das», sagt der Bademeister.
«Wir zahlen einzeln, Frau Stötzel!», sagt Henning und zückt sein Portemonnaie. «Wir sind ja kein Paar!»
«22 für jeden», schnauft Frau Stötzel, mühsam be herrscht.
Der Bademeister dreht sich um; man hört eine tiefe Männerstimme kichern.
90
Am nächsten Tag, dem Tag der Flyer-Demo, klingelt das Telefon bei Isa.
«Hallo Isabell! Hier spricht die Mutter von Lars.»
Isa kriegt weiche Knie.
«Sie sind ja die Stufensprecherin, und ich wollte Ihnen sagen, dass Lars aufgewacht ist.»
Isa lehnt sich an die Wand. «Ich bin so froh!», sagt sie. «Wir auch», antwortet die Mutter.
«Kann ich ihn besuchen? Wie geht ’ s ihm denn?»
«Er ist noch sehr schwach», sagt Lars Mutter.
Besuch sei noch nicht gut. Die Ärzte haben aber gesagt, sein Zustand werde sich stabilisieren und in einer Woche oder so sei er wahrscheinlich wieder ganz der Alte.
Isa ist aus tiefster Seele erleichtert. Sie bedankt sich für den Anruf und versichert, sie werde allen in der Schule Be scheid sagen.
Das kleine Wahrscheinlich bedeutet, dass er auch blei bende Schäden behalten kann. Isa holt tief Luft, presst die Lippen aufeinander.
Dann schaut sie auf die Uhr. Die Demo ist am späten Nach mittag. Bis dahin kann sie noch locker zum Kran kenhaus. Sie muss Lars sehen, sonst kann sie es nicht glau ben. Und Lars wird es auch gut tun, sie zu sehen.
Es war total süß gemeint von Erik und total schreck lich, was dabei rausgekommen ist.
Sie hat ihm schon einen Vortrag über Machismo gehal ten. Er hat ihr versprochen, dass so was nicht wieder vor kommt. Und seine Reue war echt: seine Stimme leise, und sein Körper schien kleiner geworden zu sein, seine Bewe gun gen langsamer.
Sie schwingt sich auf ihr Rad und strampelt
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