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Herr des Chaos

Herr des Chaos

Titel: Herr des Chaos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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der Fertigstellung begriffen und zwei weitere, die noch geschmiedet werden mußten. Demandred hatte noch bei keinem Besuch zuvor weniger als fünfzig Gefangene in der Schlange stehen sehen, um ihr Scherflein zum Gelingen der Pläne des Großen Herrn der Dunkelheit beizutragen. Die Myrddraal hatten allen Grund, auf die Zähne zu beißen.
    »Trödelt Ihr etwa, wenn man Euch zum Großen Herrn gerufen hat?« Die Stimme klang, als zerbröckle verrottetes Leder.
    Demandred wandte sich gemächlich um. Was fiel diesem Halbmenschen nur ein, ihn in diesem Tonfall anzusprechen? Doch dann blieben ihm die strafenden Worte im Halse stecken. Das lag nicht an dem augenlosen Blick in diesem leichenblassen Gesicht. Der Blick eines Myrddraal erweckte Furcht in den Herzen aller Männer, doch er hatte die Furcht schon lange aus seinem eigenen verbannt. Nein, es lag am der schwarzgekleideten Gestalt selbst. Ein Myrddraal war etwa so groß wie ein hochgewachsener Mann, die schlangengleiche Nachbildung eines Menschen und einem solchen so ähnlich, als habe man sie in derselben Gußform hergestellt. Doch dieser hier war noch um einiges größer.
    »Ich bringe Euch zum Großen Herrn«, sagte der Myrddraal. »Ich heiße Schaidar Haran.« Er wandte sich ab und begann, den Abhang emporzuklimmen. Seine Bewegungen waren flüssig und geschmeidig wie die einer Schlange. Sein tuscheschwarzer Umhang hing ihm unnatürlich starr und ohne auch nur eine Falte vorn Rücken.
    Demandred zögerte, bevor er ihm hinterherklomm. Die Namen der Halbmenschen kamen immer aus der zungenbrecherischen Sprache der Trollocs. ›Schaidar Haran‹ dagegen kam aus einer Sprache, die man heutzutage als die ›Alte Sprache‹ bezeichnete. Er bedeutete: ›Hand der Dunkelheit‹. Eine weitere Überraschung, und Demandred liebte Überraschungen nicht, am wenigsten hier am Schayol Ghul.
    Der Eingang in den Berg hätte auch einer der verstreuten Risse sein können, aber es kaum weder Rauch noch Dampf heraus. Er klaffte weit genug, um zwei Männern nebeneinander Einlaß zu gewähren, doch der Myrddraal blieb vor ihm. Der Weg senkte sich gleich hinter dem Eingang ab und führte hinunter. Der Boden des Tunnels war von unzähligen Schritten abgewetzt und glänzte wie glasierte Friesen. Die Kälte verflog, als Demandred Schaidar Harans breitem Rücken immer weiter hinunter folgte, und machte einer zunehmend intensiveren Hitze Platz. Demandred war sich der Hitze bewußt, ließ sich aber nicht davon berühren. Ein blasser Lichtschein ging von dem Felsgestein aus und erfüllte den Tunnel, heller als das ewige Zwielicht draußen. Unregelmäßig geformte Zapfen hingen von der Decke herab, zum Zuschnappen bereite steinerne Zähne. Das Gebiß des Großen Herrn, das die Untreuen oder den Verräter zerreißen würde. Selbstverständlich waren sie nicht natürlichen Ursprungs, aber sie erreichten ihren Zweck.
    Mit einemmal bemerkte er etwas. Jedesmal, wenn er diesen Weg zuvor zurückgelegt hatte, hatten diese Zapfen beinahe seinen Kopf gestreift. Jetzt befanden sie sich zwei Handbreit oder mehr über dem Kopf des Myrddraal. Das überraschte ihn. Nicht, daß sich die Höhe des Tunnels geändert hatte, denn hier war das Ungewöhnliche an der Tagesordnung, sondern der zusätzliche Freiraum, der dem Halbmenschen gewährt worden war. Der Große Herr gab dem Myrddraal genau wie den Menschen seine Fingerzeige. Dieser Freiraum war etwas, dessen man sich erinnern sollte.
    Der Tunnel weitete sich plötzlich, und er stand auf einem weiten Felsvorsprung über einem See aus geschmolzenem Stein, rot mit schwarzen Flecken, über dem mannshohe Flammen tanzten, erstarben und dann wieder aufzüngelten. Es gab kein Dach - nur ein großes, klaffendes Loch durch den ganzen Berg nach oben hin, und darüber zeigte sich ein Himmel, der nicht der Himmel über Thakan'dar war. Dagegen wirkte der Thakan'dars beinahe normal. Wolken aus wild gemusterten Schichten rasten vorbei, als würden sie vom stärksten aller Stürme, den die Welt je erlebt hatte, vorwärtsgepeitscht. Diesen Ort hier nannten die Menschen den Krater des Verderbens, und nur wenige wußten, daß er diese Bezeichnung wirklich verdient hatte.
    Selbst nach so vielen Besuchen hier - der erste lag nun über dreitausend Jahre zurück - empfand Demandred etwas wie Ehrfurcht. Hier konnte er den Stollen spüren, dieses Loch, das man vor so langer Zeit bis zum Gefängnis des Großen Herrn vorangetrieben hatte, in dem er seit dem Augenblick der Schöpfung

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