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015 - Der Schatz des Poseidon

015 - Der Schatz des Poseidon

Titel: 015 - Der Schatz des Poseidon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: STAR GATE - das Original
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1.
     
    An diesem letzten Tag seines Lebens stand Hakan Aslan gegen halb zwei Uhr morgens auf. Er hatte nicht geschlafen, denn aus Angst, seine Mutter könne etwas hören, hatte er nicht gewagt, den Wecker zu stellen.
    Leise schlich er sich in die Küche des kleinen Hauses. Er trank den Rest Tee, der noch vom vorangegangenen Abend hier stand, dann wandte er sich in Richtung des Flurs. Als er die Tür passierte, die zum Schlafzimmer seiner Mutter Dilara führte, zögerte er. Beinahe gegen seinen Willen öffnete er lautlos die Tür – nur einen Spaltbreit, gerade genug, um einen Blick auf sie zu werfen. Sie lag ruhig im Bett; er hörte ihren flachen Atem. Ihr Gesicht lag im Schatten, aber Hakan wollte es nicht riskieren, die Tür noch weiter zu öffnen.
    Sie durfte nicht erwachen.
    Sie hätte das, was er im Begriff war zu tun, niemals gebilligt und wenn sie nicht so krank gewesen wäre, hätte er es auch niemals geschafft, sich mitten in der Nacht aus dem Haus zu schleichen, ohne dass sie es bemerkte.
    Doch wenn sie nicht so krank gewesen wäre, erkannte er, hätte er es auch nicht nötig gehabt, sich mitten in der Nacht aus dem Haus zu schleichen …
    Ebenso langsam und geräuschlos, wie er sie geöffnet hatte, schloss Hakan die Tür wieder. Er löschte das Licht in der Küche und machte einige Schritte im Dunklen, bevor er den Lichtschalter für den Flur fand. Einen Augenblick überlegte er, welches seiner beiden verbliebenen Paar Schuhe er anziehen sollte. Er entschied sich für die Stiefel, die zwar auch schon alt und abgewetzt waren, die ihm aber dennoch bessere Dienste als die Halbschuhe mit den spiegelglatten Sohlen leisten würden, wenn es darum ging, mit Cengiz in dieser mondlosen Nacht im Ruinengelände herumzulaufen.
    Als er die Stiefel zugeschnürt hatte und sich wieder aufrichtete, fiel sein Blick auf die beiden Photographien über der Eingangstür. Die linke, die seinen Vater Yavuz, den er nie kennen gelernt hatte, kurz nach dessen Heirat zeigte, hatte bereits den größten Teil ihrer Farben verloren – schlechtes, billiges Papier trug die Schuld daran. Die rechte hingegen, mehr als zehn Jahre vorher entstanden, besaß immer noch den größten Teil ihrer einstigen Leuchtkraft. Sie zeigte einen etwa fünfundvierzigjährigen Mann mit zerfurchtem Gesicht, dem auch eine lange Narbe auf der linken Seite der Stirn nichts von seinem gütigen Ausdruck nehmen konnte.
    Sein Großvater Ercan.
    Obwohl er damals erst sieben Jahre alt gewesen war, erinnerte sich Hakan an den Tag, als sie ihn nach Hause gebracht hatten, als ob es erst gestern gewesen wäre. Seine Beine waren zerschmettert und er war ohne Besinnung. Das nächste Krankenhaus war weit weg, in Canakkale, aber selbst wenn es hier im Dorf eines gegeben hätte, wäre er dort nicht aufgenommen worden, weil seine Familie die Behandlung nicht bezahlen konnte.
    Armen Leuten, die ernsthaft erkrankten oder verletzt wurden, blieb nichts anderes als zu sterben.
    Doch auch das wurde ihnen nicht immer leicht gemacht.
    So wie damals seinem Großvater – und heute seiner Mutter …
    Ercan Aslan starb drei Tage lang, in jenem Zimmer, in dem heute Hakans Mutter schlief – sogar in demselben Bett. Mehrere Male erlangte er zwischendurch das Bewusstsein wieder, doch zu seinem Glück niemals für längere Zeit. In den wenigen Augenblicken, in denen er in der Lage war zu sprechen, phantasierte er. Hakan erinnerte sich noch sehr gut an die Worte seines Großvaters: »Sterne … tief unten … alles voller Sterne!«
    Tief unten – das konnte sich, wie Hakan heute wusste, nur auf den Ort beziehen, wo Ercan gewesen war, kurz bevor ihn das Unglück ereilt hatte: Tief unterhalb der Ruinen von Troja, die nur etwa einen Kilometer vom Dorf Kalafat entfernt lagen. Sein Großvater hatte, zusammen mit anderen Bewohnern des Dorfes, dort manchmal in aller Heimlichkeit ›private Grabungen‹ durchgeführt. Seit der Auflösung der Nationalstaaten und dem damit einhergehenden wirtschaftlichen Niedergang vieler Regionen waren die einst so zahlreichen Touristen – praktisch die einzige Einnahmequelle der Menschen am Eingang zu den Dardanellen – mehr und mehr ausgeblieben. Was blieb Ercan und seinen Freunden also anderes übrig, als nach alternativen Möglichkeiten zur Versorgung ihrer Familien zu suchen? Zumal ihnen dies dadurch erleichtert wurde, dass es den wenigen Polizisten kaum besser ging als ihnen selbst, so dass diese – gegen eine angemessene Beteiligung am Gewinn –

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