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Herrentier

Herrentier

Titel: Herrentier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Joseph
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gerade durch den Lindenpark, als er ein bekanntes Motorengeräusch hörte. Die Straße lief hier parallel zum Radweg, abgeschirmt durch Sträucher. Gregor brauchte keinen Sichtkontakt. Das asthmatische Dröhnen kannte er: Ohne Zweifel, das war der Bulli von Bernd, unverkennbar in die gleiche Richtung unterwegs. Gregor schaltete einen Gang hoch und stieg, unsichtbar für seinen Konkurrenten, jetzt doch aus dem Sattel. Heute Vormittag war ihm der Bulli unglaublich lahm vorgekommen. Nun zog er an ihm vorbei und jagte die Parkstraße hoch wie ein Düsenjäger. Und zwar genauso laut. Gregor keuchte hinterher, im Schatten der parkenden Autos, denn diesmal sollte Bernd ihn nicht bemerken.
    Dessen VW-Jet hatte inzwischen stoppen müssen. Die nächtliche Ampelschaltung war trotz fortgeschrittener Stunde noch auf Rush Hour getrimmt, weshalb man selbst auf leerer Straße minutenlang unter Rotlicht halten musste.
    Während Bernd also Fußgänger passieren ließ, die längst in ihren Betten lagen, hatte Gregor ihn fast eingeholt. Aber dann gab der Bulli wieder Gas und nahm spielend die unangenehme Steigung Richtung Barnstorfer Wald, Rostocks grüner Lunge. Gregors Atemorgan machte dagegen keinen besonders vitalen Eindruck. Sein Brustkorb brannte, obwohl er erst seit zehn Minuten unterwegs war. Verloren, dachte er.
    Da sah er, dass Bernd oben an den Studentenklubs nach links abbog. Richtig, er musste einen großen Bogen fahren. Er selbst konnte geradeaus weiter, quer durch den Park auf einem Weg, der Radfahrern und Fußgängern vorbehalten war. Gregor gab alles. Er rauschte an ein paar Betrunkenen vorbei, die aus dem zu einer mehrstöckigen Freizeithölle aufgepumpten Studentenklub getorkelt kamen, ließ die bescheidene Johanniskirche rechts liegen, jagte zwischen Restaurant  Trotzenburg  und Zooeingang über die Straße und schlug sich gegenüber ins Unterholz. Von Bernd war weit und breit nichts zu sehen und, noch viel besser, auch nichts zu hören. Gregor schloss sicherheitshalber sein Fahrrad an einen dünnen Baum.
    Selbst an der Südseite war der Zaun um den Zoo noch mehrere hundert Meter lang. Wo sollte er anfangen? Gregor tappte aufs Geratewohl los und schritt, so gut das in dem dicht bewachsenen Areal ging, die Außengrenze des Zoos ab. Er musste nicht lange suchen. Im Zaun klaffte ein Loch, groß genug, dass eine ganze Einbrecherfamilie nebeneinander hätte hindurchgehen können. Während Gregor noch überlegte, ob er sich auf dem Zoogelände umsehen sollte, entdeckte er bereits mehrere Blätter Papier, die auf ein gefährlich in die Nacht ragendes Stück Draht des offensichtlich zerschnittenen Maschendrahts gespießt waren. Vorsichtig zog er die Bögen ab, holte sein Mobiltelefon hervor und versuchte im Licht des Displays zu erkennen, was auf ihnen zu sehen war.
    Er schreckte zusammen. Im Gebüsch vor sich, auf der anderen Seite des Zauns, hatte er eine Bewegung bemerkt. Gregor stopfte das Telefon und seinen Fund in den Rucksack und starrte angestrengt ins Dunkel. Viel mehr als den Umriss einer Person konnte er nicht erahnen. Der allerdings war beunruhigend genug. Der Mensch dort drüben war ungefähr so groß wie er selbst, nur ungleich bulliger. Er schien Gregor zu fixieren. Jetzt setzte er sich in Bewegung und kam auf ihn zu. Gregor drehte sich um und rannte los. Fern, sehr fern konnte er die Straße schimmern sehen. Er musste sie erreichen und um Hilfe schreien, zur belebten  Trotzenburg  fliehen. Da stieß er mit jemandem zusammen. Umzingelt, dachte Gregor, als der andere ihm routiniert die Arme auf den Rücken drehte und ihn in die Knie zwang. Eine Taschenlampe leuchtete ihm gleißend ins Gesicht.
    »Ganz ruhig«, sagte eine Stimme, die Gregor bekannt vorkam. Der eiserne Griff um die Handgelenke ließ nach.
    »Bernd?!«
    »Für ein Eichhörnchen bist du entschieden zu langsam, Simon. Was machst du hier?«
    »Ich habe einen Tipp bekommen, da bin ich hergefahren. Da hinten am Zaun ist jemand, wir müssen weg.«
    Bernd leuchtete in den Wald. »Da ist niemand.«
    Gregor stand auf. »Warst du mal bei der Polizei?«, fragte er und hielt sich den Arm.
    »Grenzbrigade Küste. Kampfschwimmer. Ist aber schon lange her.«
    »Den Griff beherrschst du jedenfalls noch«, sagte Gregor. Arme und Schulter schmerzten, als wäre er die letzten drei Tage ausschließlich auf Händen gegangen.
    »Hast du etwas entdeckt?«
    »Nein«, log Gregor. »War wohl falscher Alarm.«

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