Romana Exklusiv 0176
1. KAPITEL
„Einen Augenblick noch, Giovanni, ich komme gleich.“
Das kurze Klopfen an Gaby Holts Tür in der kleinen Pension war ein Erkennungszeichen, das sie mit dem höflichen, zweiundzwanzigjährigen Studenten abgemacht hatte, den sie während ihres Studiums an der Universität von Urbino kennengelernt hatte. Er arbeitete in dem Museum eines ehrwürdigen Palastes und sprach mehrere Fremdsprachen. Sie waren gute Freunde geworden und gingen abends oft spazieren, um sich über italienische Kunstgeschichte zu unterhalten und noch ein Eis in der warmen Nacht zu genießen.
Gaby hatte einfach eine Schwäche für italienische Eiscreme. Seit sie in Italien angekommen war, hatte sie einige Pfund zugenommen. Aber weil sie schon in wenigen Wochen wieder nach Las Vegas zurückkehren würde, machte sie sich deswegen keine großen Sorgen. Dort gab es schließlich weder italienische Pasta noch dieses köstliche Eis.
Giovanni aber betonte immer wieder lächelnd, dass sie hinreißend aussehe. Ein paar Kilo mehr oder weniger schienen für ihn keine Rolle zu spielen. Gaby musste unwillkürlich lachen. Sie hatte rasch erkannt, dass italienische Männer alle Frauen liebten, ob diese nun dick oder dünn, jünger oder älter waren. Giovanni aber verhielt sich nicht wie ein typischer Macho. Er hatte gute Manieren und lachte offen und herzlich. Er und Gaby waren einfach nur gute Freunde, doch gab es keinerlei erotische Anziehung zwischen ihnen.
Die einzige Sache, die sie trotzdem störte, war, dass Gaby genauso groß war wie er. Deshalb trug sie oft Schuhe mit flachen Absätzen und ließ das rote Haar offen bis auf die Hüften fallen.
Bevor sie Giovanni die Tür aufmachte, warf Gaby noch einen raschen Blick in den Spiegel. Dann zog sie sich eine leichte Sommerjacke über, die ihre weiblichen Formen verhüllte.
Giovanni begrüßte sie fröhlich: „ Ciao, Gaby.“
„ Buona sera.“ Obwohl sie die italienische Sprache sehr gern mochte, beherrschte sie nur wenige Brocken. Schade, dass ich nicht genug Geld habe, um ein Jahr länger zu bleiben und die Sprache von Grund auf zu lernen, sagte Gaby sich bedauernd. Doch schon steckte Giovanni sie mit dem herzlichen Lachen an. Als sie nach unten gingen, schaute Gaby ihn nachdenklich an. Er war bestens gekleidet und trug zu dem eleganten, hellen Anzug teure Schuhe. Dabei hatte sie immer gedacht, dass er so wie sie aus einfachen Verhältnissen stammte.
„Woher hast du die schicken Sachen?“, fragte Gaby erstaunt. Giovanni warf ihr einen Seitenblick aus den braunen, warmen Augen zu.
„Du kennst Urbino schon so gut, da habe ich gedacht, wir gehen zur Abwechslung mal woanders aus. Du wirst sehen, in dem Restaurant, das ich ausgesucht habe, gibt es das beste Essen von ganz Italien.“
Irgendwie fühlte sie sich unwohl dabei. Es war nicht richtig, dass er sie in ein teures Restaurant einlud, schließlich musste er hart für seinen Lohn arbeiten. Rasch erwiderte sie: „Das ist doch nicht nötig, Giovanni. Außerdem bin ich gar nicht richtig dafür angezogen.“
„Du siehst einfach blendend aus. Komm schon, Gaby, tu mir den Gefallen, es soll eine Überraschung sein. Mein Wagen ist gleich dort drüben geparkt.“
„Ich wusste gar nicht, dass du ein Auto hast“, bemerkte sie verblüfft.
„Das habe ich auch nur bei besonderen Gelegenheiten. Und ich denke, wir sollten woandershin fahren, hier in der Stadt ist ja unglaublich viel los.“
Und da hatte er recht. Zu dieser Jahreszeit kamen Touristen aus Europa und der ganzen Welt, um an einer Ausstellung über die Renaissance teilzunehmen. In den letzten Jahren war die kleine Stadt, die etwa zwei Autostunden nördlich von Rom lag, zu einem Mekka für Kunstfreunde aus aller Herren Länder geworden.
Gaby war hierher gekommen, um das Studium fortzusetzen, das sie in den Vereinigten Staaten begonnen hatte, doch war sie von Anfang an auch von der Landschaft begeistert gewesen. Die Vorstellung, bald wieder nach Hause zurückzukehren, wo sie nichts anderes erwartete als die eintönige Wüstenlandschaft um Las Vegas, ließ sie erschauern, doch hatte sie einfach keine andere Wahl. Bald würden ihre finanziellen Rücklagen aufgebraucht sein, und sie konnte unmöglich ihre Eltern darum bitten, ihr Geld zu leihen. Schließlich hatten die für die Erziehung von sechs Kindern zu sorgen, da musste jede Münze zwei Mal umgedreht werden.
Diesen Aufenthalt in Italien hatte Gaby sich selbst verdient. Sie hatte hart dafür gearbeitet und das nötige Geld
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