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Herrentier

Herrentier

Titel: Herrentier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Joseph
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den Namen im Hinterkopf zu haben und einmal zu gucken, was die Dame in ihrer Freizeit treibt.«
    »Ich habe nicht die leiseste Idee, was ihr Motiv sein könnte, den Bau zu verhindern«, dachte Grieshaber laut nach und klang erstmals kooperativ.
    »Ich auch nicht, vielleicht wohnt sie in der Nachbarschaft und hat keine Lust auf den Baulärm. Mir fällt auch nichts Vernünftiges ein, aber genau das macht mich stutzig. Warum stellt sie sich so an? Ich habe ein paar Kollegen gebeten, ein wenig zu recherchieren, aber fündig geworden ist noch niemand.«
    »Vielleicht ist das auch nur so eine bornierte Beamtenkuh, die auf irgendwelche Vorschriften pochend ihre Macht genießt.«
    Gregor lachte auf: »Und das aus dem Munde eines Staatsdieners.«
    »Ja klar, wir leiden doch am meisten unter unseresgleichen. Na gut, ich will sehen, was ich in Erfahrung bringen kann und lass es dich wissen. Ich melde mich, du kannst dich also wieder hinlegen!«
    »O. K., das mache ich. Danke Axel, bis später.«
    Als er das Telefon beiseite legte, hatte sich seine Stimmung komplett verändert. Er sank nicht mehr zu Boden mit dem Dolch des unglücklich Verliebten in der Brust, sondern war nun aufgewühlt. Mit seinem Unterarm schob er auf dem Esstisch im Wohnzimmer alles zur Seite, was sich dort angesammelt hatte, Briefe, Einladungen, Belege, Stifte, Spielzeug. Dann nahm er sich Charlie, setzte ihn vor sich hin und schrieb auf einen Zettel den Namen Gertrud Landgräfe, auf je einem weiteren A4-Bogen folgten Jeanette, Evelyn und Wittekindt. Seine Gedanken kreisten. Bei der Bauamtsleiterin und beim Senator kam er noch nicht weiter. Er wusste zu wenig über sie. Wie sah es mit Jeanette und Evelyn aus? Mindestens eine der beiden verschwieg etwas und das hatte sicher mit den Finanztransaktionen zu tun, die sich nun nicht mehr belegen ließen. Beide hatten sich erfolgreich bemüht, die Erpressung Evelyns zu verheimlichen. Soweit er sagen konnte, war diese auch nach Schwarcks Selbstmord niemals Gegenstand polizeilicher Ermittlungen gewesen, und er selbst hatte sich an das Jeanette gegebene Versprechen gehalten, darüber nicht zu berichten.
    Gregor notierte Schwarck auf einem weiteren Blatt und schrieb Affenmord darunter. Ihm fiel das Wettrennen mit Bernd um die nächtliche Post im Zaun und die schrecklichen Bilder ein. Wieder ein neues Blatt. Bernd. Er hatte die halbe Stadt bespitzelt. Wäre er nicht der perfekte Erpresser? Ein paar Ablenkungsmanöver unter Zeugen und schon war er aus allen Schusslinien. Gregor fand fast in seinem Beisein die Bilder, denkbar, dass das von ihm inszeniert war. Dann tauchte ein Foto von der schlafenden Frau Hammer auf. Das könnte natürlich Bernd gewesen sein. Allerdings hatte Gregor das Bild nie gesehen. Jeanette hatte ihm das nur erzählt. »Hatte sie …?« Hier wollte er nicht weiterdenken. Jeanette musste auf der guten Seite stehen.
    Roberto starb, als es im Zoo brannte. Bernd hatte die ersten Bilder davon. Vielleicht hatte er das Feuer gelegt, einfach nur deshalb, weil er spektakuläre Fotos wollte. Hatte er Henning Schwarck benutzt, ihn vielleicht manipuliert oder erpresst? Jemand, der Mailverkehr und Telefonate abfangen konnte, hätte sich leicht Schwarcks Kleidung besorgen, ihn zum Hauptverdächtigen machen, am Ende sogar in den Freitod treiben können, für einen Mord, den er nie begangen hatte. Schließlich gab es ja auch Leute, die schuldlos Mordgeständnisse ablegten. Erst kürzlich hatte Gregor von einer sonderbaren Familiengeschichte in Bayern gelesen: Eine Frau, zwei Töchter und ein Sohn hatten der Polizei gestanden, ihren Ehemann bzw. Vater planmäßig erschlagen, dann zerkleinert und später an die Schweine verfüttert zu haben. Dafür hatten sie klaglos im Gefängnis gesessen, bis schließlich – nach zehn Jahren! – ein Autowrack in einem Fluss unweit des Wohnortes der Familie geborgen worden war, mit der Leiche jenes Mannes, dessen Reste angeblich die Schweine gefressen hatten. Er war einfach betrunken von der Fahrbahn abgekommen, in den Fluss gefallen und ertrunken. Ermittelnde Polizeibeamte hatten der etwas unterbelichteten Bauernfamilie die Tat eingeredet, weil sie ihnen plausibel erschien und die solcherart Bedrängten hatten irgendwann offenbar selbst daran geglaubt und die Tat gestanden. Unfassbar, aber wahr. Das menschliche Gedächtnis spielt die erstaunlichsten Streiche.
    Auch seine Kinder hatten Madeleine schon unglaubliche Geschichten erzählt, die Gregor ihnen vorher im Spaß eingeredet

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