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Herrin der Dunkelheit

Herrin der Dunkelheit

Titel: Herrin der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fritz Leiber
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halten. Und dann versuche ich die künstlich hervorgerufenen Modeströmungen zu ignorieren.
    PAUL WALKER: Davon abgesehen haben Sie auch die Weltkriege, die Atombombe, die Überbevölkerung und so weiter als Quellen Ihres Pessimismus angeführt. Sie scheinen sich schon immer auf die Pessimisten-Position zurückgezogen zu haben, nicht nur in Ihrem Werk, sondern auch in Ihrem Leben. Ich frage mich, ob Sie nicht aus Prinzip jeden Morgen beim Lesen der Zeitung in finsteres Bruten geraten; ist dieser Rückzug in den Pessimismus nicht eine Art Bequemlichkeit? Ich frage mich auch oft, ob der Witz in Ihrem Werk mehr eine Reflexion Ihres Pessimismus als einer genialen Geistesgabe ist?
    FRITZ LEIBER: Ja, ich habe mich schon immer um Schwarzen Humor bemüht. Irgendwie war ich schon als Kind auch von einem naiven Glauben an die nordischen Götter befallen, aber das habe ich bereits erwähnt. Ich war ein viel alleingelassenes Einzelkind; dieses Gefühl des ›Am-Rande-des-Abgrunds-Stehens‹ war zwischen den Weltkriegen sehr verbreitet. Es war desillusionierend, dass der Wells’sche Glaube an die Wissenschaften und die Erziehung so offensichtlich nicht den Frieden bewahren konnte. Es war ein Zurückschrecken vor den extrovertierten, ›geradlinigen‹ oder selbstbezogenen Leuten, verbunden mit einem starken Gefühl für die Unglücklichen. Ich hatte den Wunsch, das Leid anderer Leute zu hören – meine erste und immer noch wichtigste Methode, einen sozialen Kontakt herzustellen. Eine naturgegebene Melancholie. Wie heißt es in Richard II.: ›Lasst uns Platz nehmen und traurige Geschichten vom Tod der Könige erzählen.‹ Ich hatte eben einen frühen Kontakt zu Hamlet, Macbeth, Othello etc. Wenn ich unvermittelt vor einer wirklichen Gefahr stehe, beginne ich manchmal zu lachen. Eine Sache wie etwa ein Krieg entwickelt sich zu etwas Irrsinnigem, so dass man nicht anders kann, als hin und wieder zu protestieren und in der Zwischenzeit irre zu kichern.
    PAUL WALKER: Jemand sagte einmal, dass eine Vorliebe für die Klassische Fantasy (H. P. Lovecraft, Lord Dunsany etc.) sich in dem Wunsch ausdruckt, die Zeit anzuhalten, also, die Gegenwart abzulehnen, der Zukunft zu entfliehen und in die Vergangenheit zurückzukehren. Warum glauben Sie, dass übersinnliche Horrorgeschichten dem Publikum gefallen?
    FRITZ LEIBER: Übernatürliche Horrorgeschichten enthalten wenn sie ordentlich geschrieben sind, genauso viele tiefe menschliche Erkenntnisse wie jede andere fantastische Literatur. – Ein Wunsch, die Zeit anzuhalten? Hm, das spielt sicher eine Rolle, aber nur eine unter vielen. Ein Wunsch zu entfliehen? Das gilt wohl für jede fantastische Literatur, ohne Ausnahmen; jede phantastische Literatur ist auch Fantasy, angefangen von Marcel Proust bis zu Edgar Rice (und auch William) Burroughs. Die Leute mögen das angenehme Gruseln gerade, wenn sie sich in Sicherheit fühlen. Es ist genau wie die Versuchung, die von Drogen oder von Sex ausgeht (ob nun aktiv oder nur voyeurhaft). Da wir gerade von ›Klassischer‹ (ein Wort, das viel zu leichtfertig gebraucht wird) Fantasy reden ich bin ein besserer Schriftsteller als H. P. Lovecraft und viel gewandter im Stil als Lord Dunsany – und es ist mir immer verdammt ernst.
    Ich sollte hier wohl einfügen, dass nur zweit- oder drittrangige Autoren SF, Horror, Schwert-und-Magie etc. als eigenständige Genres ansehen – Wortspielereien, die man in müßigen Augenblicken mit gebremster Kreativität und ebensolcher Sorgfalt anstellt Fragen Sie doch einmal Theodor Sturgeon, Robert A. Heinlein oder Philip K. Dick.
    PAUL WALKER: Wo wir schon bei den tiefen menschlichen Einsichten in den übersinnlichen Horrorgeschichten sind: Sie vermitteln in Ihrem Werk, besonders in The Hound und in The Warlock einige interessante Einblicke. In The Hound sprechen Sie von einer neuen Umgebung für den Horror: ›Alle Arten von unterdrückten Emotionen akkumulieren. Die Angst wird aufgespeichert. Die Furcht häuft sich an. Eine neue Art von Scheu vor den Geheimnissen des Universums akkumuliert. Ein psychologisches Umfeld konstituiert sich neben dem physischen …‹ Und in The Warlock stellen Sie einen Bewohner dieses neuen Umfelds vor, den ›Träger von Geisteskrankheiten‹, der andere Wesen infiziert.
    Standen Sie oder stehen Sie immer noch zu diesen Aussagen?
    FRITZ LEIBER: In meiner Teenagerzeit und in den frühen Zwanzigern faszinierten mich nicht nur die Naturwissenschaften und die Mathematik, sondern auch die

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