Herrin wider Willen
Berechtigung hätte, wenn man die Situation betrachtet, in die ich mich gebracht habe.«
Ein nervöses Lachen rutschte Ada heraus. »Seid nicht zu hart gegen Euch selbst. Für mich seid Ihr ein Retter in der Not.«
Wenigstens hoffte sie das.
Bis vor kurzem hatte sie als junge Witwe in Celle, bei den Großeltern ihres ersten Gatten, ein ereignisloses, aber einigermaßen zufriedenes Leben gelebt. Vor wenigen Tagen allerdings waren ihr Pate Stechinelli und Eilert, der junge Knecht ihres Vaters, aus Lüneburg gekommen, um sie abzuholen. Seitdem war sie verzweifelt gewesen.
Ihr Vater, der Kaufmann Gotthard Lobeke, wollte sie zum zweiten Mal verheiraten, und den Mann, den er ihr diesmal ausgesucht hatte, wollte sie auf keinen Fall haben. Es war sein Gehilfe Matthias Märtens, der Neffe ihres Paten. Matthias war zwei Jahre jünger als sie und entsprach so recht dem Geschmack ihres Vaters, was bereits bedeutete, dass er Ada zuwider sein musste. Sie hatte ihren Vater nie gemocht und Matthias schon als Kind nicht ausstehen können.
Da die alten von Bardelebens damit einverstanden gewesen waren, dass Ada ihr Haus verließ, hatte sie sich jedoch nicht widersetzen können. Sie besaß weder ein eigenes Vermögen, noch hatte sie dem Junker von Bardeleben einen Erben geschenkt. Der kleine Junge, den sie ein Jahr nach der Hochzeit auf die Welt gebracht hatte, war nur wenige Stunden alt geworden.
Sie wusste, dass Lorenz von der Wenthe ihre Geschichte kannte, denn Eilert hatte ihr gestanden, dass er von ihm ausgefragt worden war.
Er musterte sie mit halb geschlossenen Augen. »Vielleicht hofft Ihr nun, dass ich entgegen meinen früheren Worten selbstlos bin und mich damit zufriedengebe, Euch geholfen zu haben?«
Seine Unterstellung erboste Ada. Sie merkte, wie sie rot wurde, was sie noch mehr ärgerte. »Das erwarte ich nicht, und ich hoffe es auch nicht. Ich würde nicht lügen wollen, wenn man mich später fragt, ob diese Ehe gültig ist.«
Es sprach für ihn, dass er seinen Fehler sofort einsah und entschuldigend die Hand hob. »Verzeiht. Es ist nur …« Er ließ die Schultern sinken, neigte den Kopf leicht zur Seite, sein Blick auf sie wurde wärmer, seine Stimme schmeichelnd. »Seit wir unseren Plan besprochen haben, freue ich mich auf diese Nacht. Ihr seid ein schönes Weib. Schöner als alle, die ich bisher gesehen habe.« Er ging vor ihrem Schemel in die Knie und ergriff ihre Hände. »Ich habe mich danach gesehnt, Euch in die Arme zu nehmen.«
Ada spürte, wie er ihr einen Ring auf den Finger schob, aber für den hatte sie keinen Blick übrig. Sie fühlte sich von seinen harten, sonnengebräunten Zügen in Bann gezogen. Gefällig wirkte sein Gesicht nicht, anziehend dennoch. Er musste ein zweites Mal beim Barbier gewesen sein, seit sie die Eheschließung hinter sich hatten, denn die Konturen seines Knebelbarts waren wieder so scharf, wie sie am Morgen gewesen waren, und seine Haut war so glatt, wie Männerhaut eben sein konnte. Die langen dunkelbraunen Haare hatte er im Nacken zusammengebunden.
Jetzt war Ada sich sicher, dass sie ihn wiedererkennen würde. Seine lang bewimperten Augen waren schön. Er blickte sie an, und ihr Herz machte einen Satz. Ihr wurde ein wenig schwindlig, so raste ihr Puls. »Ich fühle mich wie in einem merkwürdigen Traum«, sagte sie.
»Das haben wir gemeinsam«, erwiderte er und hob ihre Hand an seine Lippen.
Lenz hatte es sich anders vorgestellt. Er hatte gewusst, dass das Weib ihm gefiel und es für ihn keine Überwindung sein würde, mit ihr zu liegen. Von ihr hatte er dagegen Zurückhaltung erwartet. Sie machte den Anschein einer frommen Frau aus ehrbaren Verhältnissen, kleidete sich in ein hochgeschlossenes, steifes, dunkelgrünes Kleid, ähnlich denen, welche die Spanier einst überall gebräuchlich gemacht hatten. Ihr krauser Spitzenkragen war zwar nicht so groß wie ein Mühlstein, doch groß genug, um an einen Kuss gar nicht denken zu lassen. Immer weniger Frauen machten sich die Mühe mit diesen umständlichen Dingern.
Doch während er jetzt vor ihr kniete, trug sie nur ein verführerisch luftiges Unterkleid. Lenz spürte da, wo seine Hände in ihrem Schoß lagen und ihre kühlen Finger umschlossen, durch den dünnen Stoff die Wärme ihrer Schenkel.
Er lobte ihre Schönheit und gestand ihr sein Begehren, um sie für sich einzunehmen. Ein großer Schürzenjäger war er nicht, aber das Schmeicheln hatte er doch gelernt, und schwer hatte er es bei den Weibern nie gehabt.
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