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Herrscher der Eisenzeit

Herrscher der Eisenzeit

Titel: Herrscher der Eisenzeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralph Hauptmann
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starker Mann ist eine Bedrohung für den Deckmantel »Republik«, unter dem sie ihren korrupten Geschäften und Klüngeleien nahezu ungestört nachgehen können. Nicht umsonst gibt es diverse Schutzmechanismen. Man darf innerhalb von zehn Jahren nur einmal für ein Jahr Konsul sein, um nicht über einen längeren Zeitraum hinweg zu viel Macht auf sich vereinigen zu können. Die Tatsache, dass die Konsuln in Hispania ein zweites Jahr als Prokonsul dienen dürfen, ist lediglich ein Zugeständnis an die Entfernung der Region von Rom. Ansonsten ist der permanente Kontakt zu den Streitkräften, die gern eine Person verehren, eine Gefahr, vor allem, wenn diese Person ein erfolgreicher Feldherr ist.
    Doch genau das will Scipio. Seine Vorstellungen von Rom entsprechen – angesichts des korrumpierten, unbeweglichen Senats – ziemlich genau dem, was etwa 100 Jahre später Octavian in die Realität umsetzt: die Zusammenführung von auctoritas und potestas in einer Person auf permanenter Basis. In anderen Worten: die Alleinherrschaft.
    Allerdings ist nach dem Fall Karthagos die Zeit noch nicht reif, um diesen Wunsch offen anzustreben. Als Usurpator würde er zwangsläufig scheitern. Was Scipio braucht, ist nicht nur ein überragender militärischer Erfolg, die Basis für römische auctoritas . Dieser Erfolg muss zudem zu einem Zeitpunkt kommen, wo der Leidensdruck auf Rom so stark ist, dass es gar nicht anders kann, als ihm zu geben, was er verlangt. Und der einzige Ort, an dem zurzeit der notwendige Sieg errungen werden kann, ist Hispania.
    Der Einzige, der also ein höchstpersönliches Interesse an Hispania hat, ist Scipio selbst. Was er wirklich braucht, ist Krieg. Insofern hätte es auch jede andere Region in römischer Reichweite treffen können.
    Für den Leidensdruck in Rom sorgt Scipio über seine Netzwerke und Kontakte selbst. Er nimmt Einfluss auf die Auswahl der Konsuln in Hispania, bei denen anscheinend zwischen 151 und 134 v. Chr. eine ausgeprägte militärische Inkompetenz zu den Grundvoraussetzungen für diese Aufgabe gehört.
    Ein Blick in die »zweite Reihe« zeigt jedoch, dass Scipio spätestens ab 145 v. Chr. zu jedem Zeitpunkt Herr des Verfahrens ist. In diesen durchaus einflussreichen Positionen finden sich nahe und entfernte Verwandte, wie sein leiblicher und dessen Adoptivbruder, Freunde, ehemalige Kampfgefährten sowie deren Verwandte.
    Alles läuft so, wie Scipio es will, und nichts davon hat etwas mit Zufall zu tun. Doch dann erlebt 137 v. Chr. Gaius Hostilius Mancinus sein persönliches Waterloo, bei dem er das internationale Ansehen Roms ernsthaft schädigt. Das hat Scipio so nicht gewollt. Zudem ist sein eigener angeheirateter Enkel, Tiberius Gracchus, kurz davor, Scipios Pläne zu gefährden, weil er aufgrund seiner Herkunft eine große Popularität beim Volk genießt. Diese ist so groß, dass ihm das, was bei Hostilius Mancinus zur Bestrafung führt, als Heldentat ausgelegt wird. Hat er denn durch sein Verhandlungsgeschick nicht dafür gesorgt, dass 20

000 Legionäre vor dem Tode bewahrt wurden? Und sind nicht die spanischen Provinzen immer noch römische Provinzen, trotz der aufmüpfigen Numantiner?
    Jetzt muss Scipio allmählich handeln.
    Als Scipio 134 v. Chr. unter dem Druck der Öffentlichkeit und unter Umgehung geltenden römischen Rechts zum zweiten Mal innerhalb von zehn Jahren Konsul wird, unternimmt der Senat einen letzten schwachen Versuch, sich vor Scipio und damit seiner eigenen mittelfristigen Abschaffung als Institution Roms zu schützen. Er verweigert ihm sowohl Geld als auch die Erlaubnis zur Aushebung neuer Truppen, wohl wissend, dass die reguläre Dienstzeit der Legionen in Hispania in genau diesem Jahr abläuft.
    Der Bezwinger Karthagos kann darüber nur lächeln. Kraft seiner auctoritas schart er schnell eine Truppe von 4000 Freiwilligen um sich, selbst fremde Herrscher stellen ihm Krieger zur Verfügung, wie Attalos von Pergamon oder Antiochos von Syrien. Wenn sie nicht sogar selbst mitziehen, wie im Fall von Prinz Jugurtha von Numidien. Unfreiwillig leistet der Senat Scipio damit Geburtshilfe für eine Einrichtung, die später einmal eines der wichtigsten Instrumente zur Erhaltung der Alleinherrschaft sein wird. Unter Scipio nennt man sie noch cohors amicorum – die »Kohorte der Freunde«; eine persönliche Leibgarde bestehend aus den engsten Vertrauten. Diese handverlesene Eliteeinheit wird als Institution Scipio um etliche Jahrhunderte überleben. Die cohors

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